Leserbrief:Verschwendung von Steuergeldern

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Die Baustelle des neuen Dachauer Hallenbades steht seit einiger Zeit still. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Das Fiasko um den Neubau des Dachauer Hallenbades beschäftigt die SZ-Leser weiterhin.

Zum Artikel "So eine Baustelle kann uns immer wieder passieren" vom 26. Juli:

Der Titel des Artikels zeigt leider den Kern der Problematik: Die Verantwortlichen in der Stadt, dem Stadtrat und den Stadtwerken weisen sämtliche Kritik von sich, sie behaupten alles sei korrekt gelaufen, derartiges kann wieder passieren und lediglich der Architekt ist der einzige Schuldige des Hallenbad-Desasters.

Derartige Pannen, Fehleinschätzungen und Baukostenexplosionen, die an den Berliner Flughafen, die Elbphilharmonie in Hamburg oder die zweite Stammstrecke in München erinnern, dürfen nicht wieder passieren - das ist Verschwendung von Steuergeldern. Üblicherweise beginnen diese Pannenbaustellen mit einem Architekturwettbewerb, bei dem Architekturbüros in kürzester Zeit, mit einem unzureichenden Budget ihre Entwürfe vorstellen, um für das Gebäude beauftragt zu werden. Den Entscheidungsgremien fehlt in der Regel die Fachkompetenz, die Entwürfe zu bewerten. Man muss sich bewusst sein: Ein Schwimmbad ist nicht nur ein schönes Gebäude, es ist vollgestopft mit Haustechnik für Heizung, Lüftung, Wasseraufbereitung und soll energiesparend sein. Zudem soll das Tragwerk große Spannweiten überbrücken und muss mit dem hohen Grundwasserstand zurechtkommen, nebenbei ist die thermische Bauphysik und die Akustik nicht zu vergessen. Diese Komplexität überfordert nicht nur den Architekten, der am Wettbewerb teilnimmt, sondern auch die Jury.

Vieles zeigte sich erst während der Planung als problematisch und kostenintensiv. Die viel diskutierten gebogenen Brettschicht-Holzbinder für das Haupttragwerk wären sofort aufgefallen, hätte die Jury nur einen Holzbauingenieur gefragt. Ein maßgeblicher Fehler ist also schon entstanden, als das Projekt begonnen wurde und hierfür sind die Zuständigen in der Stadtverwaltung und in den Stadtwerken zu suchen. Wie kann es in Zukunft besser laufen? Bei derart komplexen Projekten müssen vom ersten Moment an die Planer aller Disziplinen zusammenarbeiten. Hierzu zählen der Architekt, die Planer der Gewerke - der Haustechnik, der Bauphysik, des Brandschutzes, des Tragwerks - und viele mehr. Ein Architekturwettbewerb ist der falsche Weg, ein derartiges Hallenbad zu beginnen. Besser wäre es, einen interdisziplinären Wettbewerb auszuloben. Natürlich benötigen diese Planungsteams auch Budgets, um gute Arbeit zu leisten. Die Jury sollte ebenfalls über entsprechende Kompetenzen verfügen, sonst wird die Entscheidung lediglich auf Grundlage schöner Bilder gefällt und technische Randbedingungen vergessen.

Ein weiteres Problem ist die Abgabe von Aufgaben des Bauherrn an Projektsteuerungsbüros. Auf diese Weise fehlt der Bauherr im Planungsteam, der in der Verantwortung gegenüber den Bürgern steht. Natürlich fehlt in den Verwaltungen und bei den Stadtwerken entsprechendes Personal. Die Erfahrung zeigt aber, dass es gut ist, einen engagierten Bauherrenvertreter im Planungsteam zu haben, der in Kontakt mit allen Beteiligten steht und bei Konflikten während der Planung und Ausführung intervenieren kann.

Die Vergabeverfahren - im Regelfall wird der billigste Bieter beauftragt - führen dazu, dass nicht der Beste den Auftrag bekommt. Dies gilt für die Planungsleistungen genauso wie für die ausführenden Firmen. Referenzen und Kompetenzen erscheinen oft weniger wert zu sein als der niedrigste Preis. Der billigste Bieter erhält den Auftrag und organisiert sich seinen Gewinn durch geschicktes und hemmungsloses Nachtragsmanagement. Die Art und Weise der Vergabe ist somit ein Kernproblem. Die Verantwortlichen bei der Stadt und den Stadtwerken müssen die Vergabeverfahren derart gestalten, dass der beste Bieter den Auftrag bekommt und nicht der vermeintlich billigste.

Tobias Linse, Beratender Ingenieur, Dachau

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