Sämtlichen Einwänden und Sorgen zum Trotz bleibt die Verlegung des kinderärztlichen Notdienstes von Dachau nach München beschlossene Sache. Zuletzt hatte die Überparteiliche Bürgergemeinschaft Dachau (ÜB) sich in einem offenen Brief an Landrat Stefan Löwl (CSU) gewandt und ihn gebeten, die Interessen des Landkreises geltend zu machen - also sich für den Erhalt des kinderärztlichen Notdienstes vor Ort einzusetzen. Löwl antwortete nun, dass auch er diese Entscheidung nicht beeinflussen könne.
Ende September war bekannt geworden, dass der kinderärztliche Notdienst in Dachau mit Oktober eingestellt wird. Stattdessen sollten Eltern mit ihren Kindern im Notfall nun auf Bereitschaftspraxen in München ausweichen. Grund für diese Umstrukturierung sei unter anderem der Personalmangel - denn der Notdienst in Dachau wurde von nur noch sieben Kinderärzten aufrecht erhalten, zwei davon wären aus Altersgründen nicht mehr dazu verpflichtet gewesen. Außerdem hieß es von Seiten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB), dass die Einrichtung von Bereitschaftspraxen direkt in den Kliniken fokussiert werde. Da das Helios Amper-Klinikum in Dachau aber über keine Kinderstation verfüge, könne dort auch kein kinderärztlicher Notdienst eingerichtet werden.
Die Hoffnung auf ein Umdenken der KVB scheint geplatzt
Über eine Kinderstation am Dachauer Krankenhaus hatte sich auch die ÜB erkundigt. Für die Errichtung einer solchen benötige man zwar entsprechende Fachkräfte, was sich wiederum aufs Budget auswirke, aber "aus unserer Sicht gilt es jenseits der Berücksichtigung von kaufmännischen Aspekten insbesondere für eine vollumfängliche Versorgung der wachsenden Bevölkerung zu sorgen", so die ÜB in dem offenen Brief. Auch der Kreisverband Die Linke reagierte jetzt auf die Abschaffung des kinderärztlichen Notdiensts und beklagte in einer Pressemitteilung vor allem die Privatisierung von Krankenhäusern und die damit verbundene Gewinnorientierung. Wie die ÜB fordert die Linke deshalb, die Bedürfnisse der Bürger in den Vordergrund zu stellen. Doch auch diesbezüglich verwies Löwl in seiner Antwort darauf, dass er nur geringen Einfluss auf die Entscheidungen habe. Zuständig sei das Gesundheitsministerium. Dieses habe Überlegungen zur Errichtung einer Kinderstation in Dachau in der Vergangenheit aber stets abgelehnt, da im nahen München genügend Ressourcen vorhanden seien. Kreistag und Klinik selbst seien jedoch eigentlich schon sehr lange an einer eigenen pädiatrischen Station interessiert.
Die Hoffnung auf ein Umstimmen der KVB, die wohl auch Dachaus Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) hegte - er hatte direkt die KVB gebeten, die Entscheidung nochmals zu überdenken - scheint jedenfalls geplatzt zu sein. Denn Löwl stellt im Brief an die ÜB unmissverständlich klar: "Die gesetzlichen Regelungen sowie die konkreten Entscheidungen der Kassenärztlichen Vereinigung als Selbstverwaltungsorgan, das nur der Rechtsaufsicht, nicht aber der Fachaufsicht des Gesundheitsministeriums untersteht, kann die lokale Politik nicht direkt beeinflussen."
Wohl aber gebe es "Spielraum für die Kommunen", wie es der Landrat formuliert. So könnten die Gemeinden der KVB örtliche Probleme aufzeigen oder Initiativen unterstützen, die sich für "die Neufestlegungen der räumlichen Grenzen beziehungsweise die Steuerung der Arztsitze und die Bedingungen zur Erteilung einer entsprechenden Arztsitzzuweisung" einsetzen. Denn laut den Berechnungen der KVB gilt der Landkreis als ärztlich überversorgt, wodurch es für neue Ärzte schwieriger ist, sich hier niederzulassen. Die Gemeinden könnten aber die Rahmenbedingen verbessern, um Ärzte anzulocken, etwa Ärztehäuser schaffen.
Im aktuellen Fall wird das aber vorerst vermutlich nicht weiterhelfen. Eltern müssen somit im Notfall mit ihren Kindern eine der Bereitschaftspraxen in München aufsuchen. Grundsätzlich gebe es eine lebensrettenden Notfallbehandlung aber auch im Helios Amper-Klinikum in Dachau für Kinder, versichert Löwl. Generell werde für die Versorgung von Kindern aber ein entsprechender Facharzt benötigt, weshalb Kinder nach einer Notfallbehandlung möglicherweise in eine Münchner Klinik verlegt werden müssten.
Löwl zeigt sich von der KVB-Entscheidung enttäuscht - als Mandatsträger und als Vater. In einer Mandatsträgerkonferenz der Gesundheitsregion Plus soll demnächst weiter über die Herausforderungen der gesundheitlichen Versorgung im Landkreis diskutiert werden. Vom Tisch scheint das Thema nicht zu sein - die Lage wird sich aber vermutlich in naher Zukunft nicht verändern.