Ballett:Wo "Fortuna" mit Lebkuchenkindern tanzt

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Die schon erfahreneren Schülerinnen beeindrucken nicht nur mit ihrem Können, sondern auch mit prächtigen Kostümen. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Die Dachauer Ballettschule Marie Taglioni erhält für ihre Tanzrevue im Bürgerhaus Karlsfeld viel Applaus. Auf der Bühne stehen alle Altersklassen - in teils prächtigen Kostümen.

Von Renate Zauscher, Karlsfeld

Zuletzt sind sie alle gemeinsam auf die Bühne des Karlsfelder Bürgerhauses gekommen: die kleinen Feen und Elfen in ihren Tutus, die Lebkuchenkinder und Fliegenpilze, und auch die größeren Kinder und die erwachsenen Tänzerinnen. Tosender Applaus am Ende eines beeindruckenden Ballettabends zeigte Carlos Reyes: Dachau weiß, was es ihm und seiner Ballettschule zu verdanken hat.

Wie gut es Reyes und seinem Team der Ballettschule Marie Taglioni immer wieder gelingt, Kinder für das Tanzen zu begeistern, bewies der Abend in Karlsfeld. In der an die Oper von Engelbert Humperdinck angelehnten Ballett-Fassung des Märchens "Hänsel und Gretel" glänzten nicht nur Henry Heinicke und Maxime Hatnancik in den Hauptrollen, sondern fast vier Dutzend weitere Kinder in verschiedensten Szenen als Lebkuchenkinder, Fliegenpilze und Blaubeeren oder als Engelchen, Elfen, Feen oder Hexen. Neben tänzerischem Können gerade auch der etwas Älteren war dabei auch schauspielerisches Talent gefragt. So mussten Hänsel und Gretel die Geschichte ihres Verlorenseins im Wald und der Überlistung der bösen Hexe mit viel Gestik und Mimik ausdrücken.

Die "Großen" brillieren im zweiten Teil

Im zweiten Teil des Abends präsentierten sich dann die bereits erfahreneren Schülerinnen und Schüler, die bei Carlos Reyes und seiner Tochter Esther Hollung die Kunst des Balletttanzes erlernen oder sich hier weiter fortbilden. Auch sie wirbelten in wechselnden Bildern und Gruppierungen über die Bühne. Carlos Reyes hatte für diesen Teil der Aufführung Musik aus den "Carmina Burana" von Carl Orff gewählt. Beeindruckend war hier nicht nur das Können der Mitwirkenden in den einzelnen Szenen, sondern auch deren großartige Kostüme.

Im Mittelpunkt gleich der ersten Szene stand Felicia Kordes als "Fortuna" - gekleidet in ein atemberaubendes, in prächtigen Farben schillerndes Gewand, das sich im Tanz wie federleichte Schmetterlingsflügel entfaltete. Den einzelnen Themen der "Carmina Burana" entsprechend erinnerten die wechselnden Kostüme auch der anderen Mitwirkenden an Vorbilder antiken Tanztheaters, an die Pracht orientalischer Höfe oder auch an mittelalterliche Reigentänze. Die Kostüme, erklärte Carlos Reyes, stammten alle aus dem Fundus seiner Schule, viele seien aus exquisiten, aus Paris importierten Stoffen geschneidert worden, die man dort in früheren Jahren noch vergleichsweise günstig erwerben konnte.

Im zweiten Teil des Abends tanzten die Fortgeschrittenen zu Musik aus den "Carmina Burana". (Foto: Niels P. Jørgensen)

Vor allem im zweiten Teil des Abends wurde das choreografische Können von Carlos Reyes deutlich. Immer wieder führte er die Mitwirkenden zu überraschend neuen Bildern und Szenen zusammen.

Reyes hat die Ballettschule 1988 in Dachau gegründet und nach einem Star des Balletttanzes im 19. Jahrhundert benannt, Marie Taglioni. Und Carlos Reyes leitet sie bis heute, mittlerweile zusammen mit seiner Tochter Esther Hollung. Auch sie ist ausgebildete Tänzerin und Tanzpädagogin, die in einer Reihe deutscher Theater erfolgreich auf der Bühne stand. Reyes selbst kann auf eine große Karriere als Tänzer zurückblicken: Er ist an vielen bekannten Opernhäusern, etwa an der Deutschen Oper in Berlin oder auch, zusammen mit dem berühmtesten Tänzer des 20. Jahrhunderts, Rudolf Nurejew, an der Metropolitan Opera in New York aufgetreten. In Paris und in Moskau wurde Reyes zum Tanzpädagogen ausgebildet.

Reyes will sein Können weitergeben

Im Laufe seines bisherigen Lebens als Tänzer ging es Carlos Reyes nicht nur um die eigene, im heimatlichen Peru begonnene Karriere - er wollte sein Können auch an die nächste Generation, zu der mittlerweile auch die eigenen Enkel zählen, weitergeben. Dabei geht es ihm gar nicht in erster Linie darum, professionelle Tänzerinnen und Tänzer auszubilden: Jedes Kind, sagt er, das am Ballettunterricht teilnehme, lerne dabei viel - auch dann, wenn es trotz vielleicht großer Begabung am Ende, den elterlichen Erwartungen entsprechend, einen "bürgerlichen" Beruf statt den einer Tänzerin oder eines Tänzers anstrebt.

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