Amtsgericht Dachau:30 Monate Gefängnis für Drogenhändler

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Bei fünf Kilo Marihuana führt an einer Haftstrafe kein Weg mehr vorbei.

Von Benjamin Emonts, Dachau

Am Anfang steht ein marginaler Drogenfund von zwölf Gramm Marihuana. Der Besitzer, ein junger Mann aus Dachau, nennt auf dem Polizeirevier den Namen der Dealerin. Als die Beamten im August 2014 deren Wohnung durchsuchen, finden sie 3600 Euro Bargeld und mehr als zwei Kilo Cannabis. Dazu eine Feinwaage, jede Menge Verpackungsmaterial, drei LSD-Trips und acht Gramm Amphetamin.

Am Dienstag muss sich die Dealerin, eine 22-jährige Frau aus Dachau, mit einem gleichaltrigen Freund vor dem Schöffengericht verantworten. Zur Anklage steht das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Bereits kurz nach der Hausdurchsuchung legte die Angeklagte bei der Polizei ein umfassendes, ja sogar überschießendes Geständnis ab. Demnach habe ein Freund das Marihuana für 6000 Euro erworben und anschließend bei ihr gebunkert. Sie selbst habe für sich 200 Gramm genommen, wovon sie einen Teil verkauft habe, um ihren Eigenkonsum zu finanzieren. Schließlich räumte die Frau ein, dass der Freund einen Monat zuvor schon einmal 2,5 Kilo Cannabis bei ihr gelagert habe. Dieses Mal habe sie den Freund mit ihrem Auto zu der Übergabe gefahren und wiederum 100 Gramm der Droge auf Kommission für sich behalten. Sie bezahlte später 800 Euro, so sagte sie aus.

Der von ihr beschuldigte 22-jährige Dachauer ist deshalb nun mit ihr angeklagt. Noch mehr als die junge Frau, ist der Dachauer sichtlich mitgenommen. Die meiste Zeit starrt er, den Kopf nach unten gesenkt, auf die Anklagebank. Bei einer Menge von fünf Kilo Marihuana ist eine Gefängnisstrafe unausweichlich. Sein Anwalt Joachim Schwarzenau regt darum zunächst ein Rechtsgespräch an. Das Ergebnis: Im Falle eines vollumfänglichen Geständnisses erhält sein Mandant eine Freiheitsstrafe von höchstens drei Jahren beziehungsweise mindestens zwei Jahren und sechs Monaten. Der Dachauer gibt dann auch zu, insgesamt fünf Kilogramm Marihuana erworben und mit einem Teil davon Handel betrieben zu haben. Über den Hintermann seiner Geschäfte schweigt er. Laut Anklageschrift, die im Wesentlichen auf der polizeilichen Aussage der Angeklagten beruht, holte der 22-Jährige sein Cannabis immer wieder in Tranchen bei seiner Freundin ab, um es anschließend zu einem Mindestpreis von zehn Euro pro Gramm zu veräußern. Seine Geschäfte soll der Dachauer auch in der Wohnung der Angeklagten abgewickelt haben. Die wiederum sagt aus, eine Mischung aus Eigeninteresse und Freundschaftsdienst habe sie zu der Mittäterschaft bewogen. "Ich wollte damit auch meinen Eigenkonsum finanzieren."

Der Angeklagte kifft seit seinem 14. Lebensjahr täglich

Die Untersuchung von Haarproben hat ergeben, dass beide Angeklagten in erheblichem Maße Marihuana konsumierten. Beim 22-Jährigen wurden zudem Spuren von Amphetamin, Kokain und Ecstasy nachgewiesen. Der Mann gibt an, seit seinem 14. Lebensjahr täglich gekifft und an Wochenenden regelmäßig zu härteren Drogen gegriffen zu haben. Beide legen dem Gericht Drogenscreenings vor, wonach sie seit mehreren Monaten clean sind.

Das Dachauer Schöffengericht verurteilt die 22-Jährige zu zwei Jahren Freiheitsstrafe, die zur dreijährigen Bewährung ausgesetzt sind. Außerdem muss sie 120 Sozialstunden leisten und ihre begonnene, ambulante Therapie ein halbes Jahr fortführen. Amtsrichter Christian Calame sagt zur Angeklagten: "Das war ein absolut blaues Auge für Sie. Bei der kleinsten Geschichte, die noch passiert, wird's zuschlagen." Im Fall der ersten Graslieferung kommt bei der Frau Paragraf 31 des Strafgesetzbuchs zum Tragen, auch Verräterparagraf genannt. Dieser sieht eine Strafmilderung vor, wenn der Angeklagte durch freiwilliges Offenbaren seines Wissens wesentlich dazu beigetragen hat, dass eine Straftat, die mit seiner Tat im Zusammenhang steht, aufgedeckt werden konnte. Ohne die Aussage der 22-Jährigen hätte die Polizei von den ersten 2,5 Kilo Marihuana vermutlich nie erfahren. Der 22-Jährige, den das Gericht als Haupttäter erachtet, wird zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Er war wegen Drogenbesitzes bereits vierfach vorbestraft.

© SZ vom 30.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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