Dachau:Anklage wegen Fälschung von EC-Karten

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Vor dem Landgericht München II muss sich ein Mann verantworten, der im Landkreis mehr als 5000 Euro von Konten abgeräumt haben soll.

Von Andreas Salch, Dachau

Dass er sich in die Fänge eines Kredithais begibt, wusste Dimo B. Der Mann, der ihm aus einer finanziellen Misere helfen sollte, schoss ihm 10 000 kanadische Dollar vor. Die Sache hatte nur einen Haken: Der Zinssatz betrug 30 Prozent. Dimo B. konnte aber nicht einmal einen Teil des Darlehens zurückzahlen, sondern gar nichts. Dann geriet der 32-Jährige auf die schiefe Bahn. Seit diesem Dienstag muss er sich vor der 2. Strafkammer am Landgericht München II wegen banden- und gewerbsmäßiger Fälschung von EC-Karten verantworten.

Die Schuld dafür, dass er auf Abwege geraten ist, gibt Dimo B. einem anderen: Nartzis I, dem Mann, der einen Kredit gewährt hatte. Bei Nartzis I. soll es sich um den Kopf einer international agierenden EC-Kartenfälscher-Bande handeln. I. und die anderen Mitglieder der Bande sind noch auf der Flucht. Bislang ist den Ermittlern erst ein Täter ins Netz gegangen. Er wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Damit kann Dimo B. im Fall einer Verurteilung wohl nicht rechnen. Das machte der Vertreter der Anklage, Staatsanwalt Florian Schweyer, gleich zu Beginn der Verhandlung klar. Die Vorstellung des Verteidigers von Dimo B., eine Freiheitsstrafe von "maximal zwei Jahren auf Bewährung" zu verhängen, nannte Schweyer "schwer nachvollziehbar". Und das obwohl Dimo B. den entstandenen Schaden inzwischen wiedergutgemacht hat. Genauer genommen seine Eltern, die in Kanada leben.

Der Angeklagte wollte seinen Eltern helfen

Als das Land vor knapp zehn Jahren eine Rezession durchmachte, habe sein Vater seinen Job als Taxifahrer verloren, berichtet der Angeklagte. In der Folge seien seine Eltern mit der Tilgung der Kredite für ihr Haus in Rückstand geraten. Schließlich habe die Bank sogar damit gedroht, das Haus zu beschlagnahmen, so Dimo B. In dieser Situation habe er den Entschluss gefasst, etwas zu tun und seinen Eltern zu helfen. Da er von Bekannten wusste, dass Nartzis I., bei dem es sich um einen windigen Finanzier handeln soll, jedem aus der Klemme hilft, der Geldprobleme hat, habe er sich also an ihn gewandt.

Eigentlich hätte Dimo B. den Kredit über 10 000 Dollar nach drei Monaten zurückzahlen sollen. Wegen des abstrus hohen Zinssatzes, den Nartzis I. verlangte, stand er bei ihm bereits mit 13 000 Dollar in der Kreide. Wenn er nicht zahle, werde er ihm "Probleme machen", habe I. ihm gedroht, behauptete der Angeklagte bei seiner Vernehmung durch den Vorsitzenden Richter Oliver Ottmann.

Dimo B. ist in Kanada wegen Fälschung von Kreditkarten bereits einschlägig vorbestraft. Im August 2011 hatte er das Land verlassen und reiste in seine frühere Heimat, Bulgarien. Dort habe ihn Nartzis I. Ende 2011 aufgespürt und gesagt, er solle nach München kommen. Er habe Arbeit für ihn. "So hat alles angefangen", erklärte Dimo B.

Bei einem Mittagessen in München soll Nartzis I. dann auf den Punkt gekommen sein und offenbart haben, was es mit der "Arbeit", die er anzubieten habe, auf sich hat. "Ich habe ein paar Objekte gefunden", soll I. gesagt haben. Dabei handelte es sich um Banken im Landkreis Dachau. Seine Aufgabe, so Dimo B., sei es gewesen, "Ablesesoftware" an Geldautomaten anzubringen.

Vier Konten abgeräumt

Den Ermittlungen zufolge soll der 32-Jährige und seine Komplizen im Dezember 2011 sowie im Januar 2012 in Banken in Haimhausen und Dachau die Daten von EC-Karten ausspioniert haben. Opfer sind vier Frauen. Von ihren Konten räumten die Täter laut Anklage rund 5350 Euro ab.

Die Masche, die der Angeklagte und seine Komplizen angewandt haben sollen, ist denkbar einfach: Am Karteneinzugsschacht eines Geldautomaten wird ein sogenanntes "Aufsatzlesegerät" angebracht. Damit gelangen die Täter an die Daten der Kreditkarten ihrer Opfer. Die PIN-Nummer spähen sie mit Hilfe einer kleinen Videokamera aus, die sich an einer Leiste befindet, die oberhalb des Tastenfeldes angebracht wird. Mit diesen Daten werden zuletzt gefälschte EC-Karten hergestellt. Das Geld hoben B.s mutmaßliche Komplizen später unter anderem an Bankautomaten auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán ab. Der Prozess dauert an.

© SZ vom 13.01.2016 / sal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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