Dachau:Faustschläge gegen Fahrgäste

Lesezeit: 3 min

Zwei Taxifahrer prügeln auf zwei junge Karlsfelder ein. Das Amtsgericht verurteilt sie wegen gefährlicher Körperverletzung zu Haftstrafen.

Von Gregor Schiegl, Dachau

Der brutale Überfall auf die Dachauer Taxifahrerin Gabriele Sanktjohanser hat viele Leute entsetzt. Die 52-Jährige wurde vor kurzem von einem Fahrgast schwer misshandelt, ihr Auto geraubt. Erst vor sechs Jahren war die Frau von einem Kunden fast erwürgt worden. Am Dienstag wurde am Amtsgericht über ein Gewaltdelikt verhandelt, in das Taxifahrer involviert waren. Diesmal waren sie die Angeklagten. Gegen einen 35-Jährigen und seinen zehn Jahre älteren Schwager verhängte Amtsrichter Christian Calame Haftstrafen wegen gefährlicher Körperverletzung: einmal elf Monate ohne, einmal acht Monate mit Bewährung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

"Es war wirklich brutal", schildert der Lastwagenfahrer, der den Notruf an die Polizei absetzte, das Geschehen. Er habe die verzweifelten Hilferufe eines jungen Mannes vor einer Karlsfelder Bank gehört: "Hör bitte auf! Hör bitte auf!" Obwohl er wegen der Dunkelheit keine Einzelheiten erkennen konnte und nicht sah, wer wen schlug, stand für ihn außer Frage: "Die Aggression ging von den Taxifahrern aus. Die jungen Leute waren die Opfer."

Die Verletzungen sprechen für sich

Dafür sprechen ihre massiven Verletzungen. Einer verbrachte die Nacht im Krankenhaus und hätte dort noch länger bleiben müssen, hätte er sich nicht selbst vorzeitig entlassen. Diagnostiziert wurden unter anderem eine Schädelprellung, Hämatome und Hautabschürfungen, ein stark geschwollenes Auge sowie eine stark blutende Platzwunde unterm Jochbein, des weiteren eine Einblutung im Auge. Die Taxifahrer behaupten, selbst angegriffen worden zu sein. Sichtbare Verletzungen gab es bei ihnen allerdings keine.

Im Mai vergangenen Jahres besuchten zwei Karlsfelder, der eine 22, der andere 24, das Hallenfest in Pellheim. Gegen vier Uhr morgens riefen sie ein Taxi. Für die Fahrt nach Karlsfeld hatten sie nicht mehr genug Bargeld dabei, das sagten sie dem 35-jährigen Fahrer vor dem Einsteigen auch; nach einem Zwischenstopp an einer Karlsfelder Tankstelle wollten sie zum Geldautomaten fahren und das Geld abheben. Der Fahrer war damit einverstanden.

Aggression "aus heiterem Himmel"

Kurz nach Dachau gab es die ersten Spannungen. Der Taxifahrer bezichtigte seine tuschelnden Fahrgäste, sie wollten gar nicht zahlen, sondern sich an der Tankstelle aus dem Staub machen. Dort angekommen, knallte der 24-Jährige die Beifahrertür zu. Der Taxifahrer war darüber sehr erbost und erklärte dem Fahrgast, dass er mit dem Auto sein Geld verdiene. Der 35-Jährige ist Familienvater, Taxifahrer nur sein Zweitjob am Wochenende. Bei der Bank muss er hohe Kredite abstottern. Der 24-Jährige entschuldigte sich, beide gaben sich die Hand. So weit decken sich die Angaben. Auch die Überwachsungskamera der Tankstelle hat die Szenen aufgenommen.

Die Verkäuferin schilderte, der Taxifahrer sei dort sehr aggressiv aufgetreten, habe den 24-Jährigen als "Dreckswichser" angeschrien. Sein Freund sei kreidebleich gewesen und habe gar nicht mehr einsteigen wollen. "Der Junge hatte einfach nur panische Angst." Weil es von der Tankstelle bis zum Bankautomaten nur noch 500 Meter waren, ließ er sich von seinem Kumpel überreden, die Fahrt zu Ende zu bringen - trotz der vorangegangen Beschimpfungen, die angeblich "aus heiterem Himmel" erfolgten. Nach Schilderung des Taxifahrers waren es die alkoholisierten jungen Leute, die ihn in einer Tour beleidigten, ihm angeblich auch noch drohten, sich über ihn zu beschweren. "Irgendwann bin ich explodiert." Den Fahrgästen habe er jeweils einen Schlag versetzt. Die schweren Gesichtsverletzungen des Älteren rührten von einem Sturz her, behauptete er.

"Die hätten sogar einen Mord gestanden"

Tatsächlich gaben die Partygäste den alarmierten Streifenbeamten zunächst an, der 24-Jährige wäre an der Bank gegen einen Briefkasten gefallen. Erst später erklärten sie der Polizei, sie seien mit einem Dutzend Faustschlägen traktiert worden - von beiden Angeklagten. Der Schwager, ebenfalls Taxifahrer, war zufällig vorbeigekommen, hatte gehalten und sich in den Streit eingemischt. Angeblich nur, um zu schlichten. "Ich bin unschuldig", versichert er. Der Richter schenkte ihm keinen Glauben. Beide Männer sind einschlägig vorbestraft, der 35-Jährige steht unter offener Bewährung. Aus den Polizeiakten geht hervor, dass er die jungen Leute unter Druck setzte, die Polizei rauszuhalten. Im Gegensatz zum Verteidiger, der die Schilderungen der jungen Männer als nicht nachvollziehbar zurückwies, wunderte sich der Lastwagenfahrer nicht über deren Falschaussage. "Die hätten sogar einen Mord gestanden, um in Ruhe gelassen zu werden."

© SZ vom 25.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: