Dachau:Die Suche nach der Nadel im Heuhaufen

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(Foto: N/A)

Etwa 150 Dachauer informieren sich bei der Auftaktveranstaltung zur gemeinsamen Suche nach Gewerbeflächen über die Möglichkeiten einer Beteiligung. Es zeigt sich: Die Aufgabe ist extrem schwierig

Von Andreas Förster, Dachau

Die Bürger im gut besuchten Erchana-Saal des Ludwig-Thoma-Hauses wollen wissen: Wozu braucht es ein Gewerbeflächenentwicklungskonzept? Und wie können sie sich bei der Entwicklung dieses Konzepts einbringen? Denn dazu hat die Stadt alle Dachauer aufgerufen. Sie hören anfangs vor allem einen Satz: "Wir haben ein strukturelles Problem."

Zunächst formuliert ihn Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD). In seiner Begrüßung spricht er von der Ebbe im Haushalt und der Flut an Ausgaben. Die Liste der unvermeidbaren Investitionen sei lang, dazu gehöre der Ausbau des Rathauses, der Feuerwehr, der Schulen und der Kinderbetreuung. "Wir haben ein strukturelles Problem." Ohne Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer sei das nicht zu beseitigen. Stadtkämmerer Thomas Ernst knüpft daran an: Bis 2019 müsse man Kredite von etwa 40 Millionen Euro aufnehmen. Die Einkommensteuer decke zwar die laufenden Kosten, nicht aber die Investitionen. Die Einnahmen aus Gewerbesteuer seien nicht nur zu gering für eine stark wachsende Stadt wie Dachau, sondern auch "zu labil. Da bricht schon mal etwas weg." Strukturell gesehen sei man bei der Art des Gewerbes nicht breit genug aufgestellt. Es gebe nur wenige Großbetriebe und zu viel Einzelhandel. Das seien Fehler aus der Vergangenheit.

Dachaus Wirtschaftsförderer Stefan Wolf pflichtet bei: Man brauche mehr Mittelstand, etwa Biotech-Firmen. Interesse gäbe es genug. In diesem Jahr habe er elf konkrete Anfragen von Unternehmen erhalten, die an einer Ansiedlung interessiert waren. "Jedes Mal musste ich sagen: Wir sind ausverkauft." Ein 7000 Quadratmeter großes Gebiet südlich der Siemensstraße ist das letzte verbliebene Grundstück im Besitz der Stadt. Wolf sucht schon lange nach einem Unternehmen, "das die gesamte Fläche nutzen möchte und vor allem nicht nur zehn Arbeitsplätze schafft." Bisher ohne Erfolg. Bauamtsleiter Michael Simon schließlich lässt die Zuhörer an den strukturellen Problemen aus seiner Sicht teilhaben: Bei der Ausweisung neuer Gewerbegebiete sei viel zu beachten, dazu zählten regionale Grünzüge, sogenannte landwirtschaftliche Vorbehaltungsgebiete, Biotope, Überschwemmungsgebiete, Bannwald, die Topografie. Simon legt mehrere Karten vor. Sie zeigen die Einschränkungen bildhaft. Da bleibt nicht viel übrig. Schließlich brauche es auch eine vernünftige Verkehrsanbindung. Folgt man Simons Ausführungen, dann sucht die Stadt die Nadel im Heuhaufen.

Dabei sollen die Dachauer nun helfen. In einer Arbeitsgruppe, an zwei Terminen und unter Mitwirkung des Planungsverbands München sowie Experten der Stadt. Gemeinsam sollen sie Bewertungskriterien entwickeln und am Ende dem Stadtrat Empfehlungen vorlegen. Aufgrund dieser Empfehlungen soll der Stadtrat entscheiden und entsprechende Maßnahmen ergreifen.

Die Kritiker sind nach der Flut an Informationen weitgehend ruhig gestellt. Dennoch gibt es Fragen. Die erste kommt von einer Bürgerin aus Dachau-Süd: "Kann man nicht noch mehr sparen, wenn die Einnahmen nicht reichen?" Dazu Wirtschaftsreferent Florian Schiller (CSU): "Unsere Sparmöglichkeiten sind ausgereizt." Auch die Sorge wegen eines möglichen Verlusts des Grünzugs zwischen Dachau und Karlsfeld wird laut. Hartmann nickt. Deshalb will er ja möglichst alle an einem Tisch haben: Naturschützer, Planer, ganz normale Bürger, Unternehmer. Einer will wissen, wie man potenzielle Grundstücksbesitzer dazu bringen wolle zu verkaufen. Simon: "Zum Beispiel, in dem wir ihr Land als Bauland ausweisen und damit wertvoller machen." Hartmann und Thomas Ernst versprechen: "An den Erschließungskosten wird der Steuerzahler nicht beteiligt." Die meisten Fragen kommen von Peter Heller vom Bund Naturschutz Dachau: Könne man nicht auch noch in die Höhe bauen, anstatt in die Breite? Wirtschaftsförderer Stefan Wolf winkt ab: "Wir bekommen hier null Anfragen. Die meisten brauchen mehr ebenerdigen Platz für Lieferungen und Logistik."

Wie viel Potenzial das Seeber-Gelände in Augustefeld habe? Michael Simon: "Das sind potenziell fünf Hektar. Aber es sieht nicht so aus, als würden die Verhandlungen mit dem Besitzer bald zu einem Abschluss kommen." Wenn, dann würde er einen Luftsprung vor Freude machen, ergänzt Florian Hartmann. Schließlich kommt die unvermeidliche Frage nach dem MD-Gelände: Warum man hier ein Gewerbegebiet kategorisch ausschließe. CSU-Stadtrat Schiller rechtfertigt die von seiner Fraktion mit getragenen Entscheidung: "Wir werden Startups ansiedeln und qualifizierte Arbeitsplätze schaffen. Aber ein Unternehmen mit 5000 bis 10 000 Quadratmetern Fläche, das passt da nicht hinein." Das Interesse an einer Mitarbeit ist am Ende groß. Viele füllen die Kärtchen aus, die zur Teilnahme an den Arbeitskreissitzungen am 2. Dezember und im März nächsten Jahres berechtigen. Bis 10. November kann man sich noch per E-Mail anmelden unter: stadtplanung@dachau.de. Alle Informationen sind auf der Homepage der Stadt Dachau unter "Bürgerbeteiligung" einsehbar.

© SZ vom 28.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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