Konzert:Musik aus der Gießkanne

Lesezeit: 3 min

Die Band "Bongbongs" aus Landshut spielte beim Berg Acoustic Festival im Ludwig-Thoma-Haus erstmals in neuer Besetzung: Dabei traten die Schwestern Anja (Gesang) und Evi (Gitarre) mit Freund Domi als Bassist auf. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Vier Bands begeistern beim Berg Acoustic Festival des Vereins Schere Stein Papier mit fröhlichem Sound, deutschen Texten, Akrobatikeinlagen und "Weltmusik" im besten Sinne.

Von Renate Zauscher, Dachau

Ob Rock, Rap oder Flamenco, ob Reggae, deutscher Pop oder auch mal die Cover-Version eines Beatles-Songs: Beim "Berg Acoustic Festival" am Freitag im Thoma-Haus in Dachau war für jeden Musikgeschmack etwas mit dabei. Veranstaltet wurde der Abend mit vier Bands vom Dachauer Verein Schere Stein Papier in Kooperation mit der Band DeeDots. Als Gäste hatte Michael Höppner von den DeeDots das Duo "Sleepwalker's Station" sowie die "Bongbongs" und "Gebrüder Mühlleitner mit Super-Band" eingeladen.

Den Anfang machten die DeeDots selber, ein Singer-Songwriter-Projekt aus Oberbayern, mit entspanntem, ruhigem Akustik-Pop. Höppner alias Dust Dee (Gitarre und Gesang), seine Frau Dot Dee (Gesang) sowie die Bandmitglieder Panos am Schlagzeug und Viktor am Bass sorgten gleich zum Auftakt für eine Stimmung im Saal, die die großen Zuhörer sanft im Rhythmus der Musik mitswingen ließ und das ein oder andere kleine Mädchen zu einer eigenen Tanzeinlage vor der Bühne inspirierte. Genauso soll es sein, sagt Höppner: Auch zu früheren Konzerten am Gelände der Schleißheimer Ruderregatta seien Zuhörer aller Altersgruppen gekommen: Ihre Musik, das sei immer schon "so ein Familiending" gewesen, und auch der Dialog zwischen Publikum und den Künstlern stelle ein nach wie vor wichtiges Anliegen der Band dar.

Mal fließt US-amerikanischer Folk mit ein, dann plötzlich Flamenco

Ebenso locker wie die DeeDots präsentierten sich auch die "Bongbongs" aus Landshut. Dabei traten die Schwestern Anja (Gesang) und Evi (Gitarre) erstmals in neuer Besetzung mit Freund Domi als Bassist auf. Sie schreiben, so wie die DeeDots, den Großteil ihrer Stücke mit deutschen Texten selber und setzen sich dabei - oft ironisch - mit sich selbst, ihrer Umwelt und der Gesellschaft auseinander. Wichtig sei ihnen dabei vor allem, "bunt und fröhlich" zu sein und die Dinge mit Humor zu sehen, sagen sie.

Die unterschiedlichsten musikalischen Einflüsse verbinden sich in dem, was das Duo "Sleepwalker's Station" mit nach Dachau brachte. Lena Widmayer und Daniel del Valle begeisterten ihr Publikum zum einen mit zweistimmigem Gesang ihrer wunderbar mit einander harmonisierenden, kraftvollen Stimmen und zum anderen mit ihrem mitreißenden musikalischen Temperament. Daniel, mit italienisch-spanischem Hintergrund und teilweise in der Au in München aufgewachsen, ist so etwas wie ein Weltreisender in Sachen Musik: Er tritt nicht nur in Europa sondern auch mal im Rahmen einer großen Tournee in den USA oder in Australien auf, hat musikalische Partner oder Partnerinnen etwa in Bologna, Sevilla oder in Berlin, und spricht nicht nur ein schönes Bairisch sondern ein ebenso authentisch klingendes Englisch, Spanisch oder Französisch. Mal fließt in die Musik US-amerikanischer Folk mit ein, die er zusammen mit Lena an der Gitarlele - einer Mischung aus Gitarre und Ukulele - vorträgt und selbst mit Gitarre und Bluesharp macht. Dann mutiert der Mann zum leidenschaftlichen Flamenco-Tänzer und -Sänger, ehe er mit schönen Texten übers Biertrinken, Radlfahren oder Brotzeitmachen in München in diesen Teil seiner verschiedenen Heimaten zurückkehrt. "Weltmusik" im besten Sinne also: Das Dachauer Publikum, von so viel Spielfreude und mitreißender Musikalität angesteckt, war begeistert.

Geige trifft auf Tuba, danach erklingt die metallene Gießkanne

Genauso begeistert wie auch von der Gruppe "Gebrüder Mühlleitner" mit ihrer "Super-Band". Rock und Rap, Hip-Hop, Zirkusmusik und Reggae sind unter den Zutaten, aus denen sie heiße Musik ganz eigenen Zuschnitts mixen. Die Brüder Daniel (Gitarre und Gesang) und Percussionist Philipp hatten zum Abend in Dachau den "Stepper-Buam" mitgebracht, der mit seiner Tuba auch in jedem Bierzelt Furore machen könnte, und Vroni, die im sonst eher rustikalen Instrumental-Spektrum der Band mit schönen Geigenklängen und souliger Stimme kontrapunktisch Akzente setzt. Selbst einer Gießkanne aus Metall kann sie überzeugend harmonische Klänge entlocken.

So schräg wie die Musik der Brüder samt ihrer Band sind auch die Texte: Lustvoll steigern sich die beiden Mühlleitners in die Rolle nächtlich agierender "Helden" hinein, die in der Stadt für Ordnung sorgen, oder stellen sich vor, als welches Tier sie denn am liebsten unterwegs wären. Zum mitreißend temperamentvollen Musizieren kommt das komödiantische Talent von Philipp Mühlleitner hinzu: Er untermalt das musikalische Geschehen mit akrobatischen Höchstleistungen auf oder vor der Bühne und bezieht immer wieder auch das Publikum mit ein, das sich mitreißen lässt von diesem Feuerwerk aus Spielfreude und witzigen Comedy-Einfällen. Keiner, der da nicht mittanzt, mitklatscht, mitlacht und sich anstecken lässt vom Spaß, den die Brüder aus der Oberpfalz und ihre "Super-Band" ganz offensichtlich selber bei ihrem Auftritt haben.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusNationalsozialismus
:Idylle neben Horror

Im oscarprämierten Film "The Zone of Interest" genießt die Familie des Auschwitz-Kommandanten ihr Leben neben dem Lager. Auch im KZ Dachau prallten SS-Alltag und Gefangenen-Elend unmittelbar aufeinander. Ein historischer Faktencheck.

Von Jessica Schober

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: