Dachau:Abbruch einer Institution

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Das Feuer hat alles vernichtet: Bowlingclub und Squashspieler trauern um ihren Treffpunkt - und sorgen sich um die Zukunft ihres Sports.

Viktoria Großmann

Die Ruinen von Squashhalle, Bowlingbahn und Fitnesscenter in der Robert-Bosch-Straße werden abgerissen. Die Halle war bei einem Großbrand am 3. Januar vollständig zerstört worden. "Drinnen bricht alles ein", berichtet Pächter Stephan Wallotek. Ständig stürzten Deckenteile herab. Es besteht die Gefahr, dass das ganze Gebäude in sich zusammenfällt, deshalb soll es vorsichtshalber ab Montag kommender Woche abgebrochen werden.

Fußgänger werden durch einen Zaun von der einsturzgefährdeten Ruine des Sportcenters ferngehalten. (Foto: npj)

Dem Squashverein und dem Bowlingclub geht das an die Existenz. "Viele haben ihr zweites Wohnzimmer verloren", sagt Stefan Simm, Sportwart des Squash-Clubs, "Die Squashinsel war eine Institution." Jetzt, wo ungeklärt ist, wo der Verein in Zukunft trainieren und Turniere austragen soll, befürchtet Simm, dass einige der 60 Mitglieder den Verein verlassen werden. Dann gingen Mitgliedsbeiträge verloren. Die Herrenmannschaft ist derzeit auf Platz zwei der Landesliga. Die Saison immerhin, sagt Simm erleichtert, die ist "gerettet"; sie geht noch bis April. Die geplanten Heimspiele werden bei befreundeten Vereinen in Germering und Allershausen stattfinden. "Im April sehen wir dann weiter", sagt Simm und fügt, noch immer fassungslos hinzu: "Das war eine Familie da unten."

Das Wort "Familie" benutzt auch Sandra Bertl, wenn sie von der Bowlinghalle spricht. Bertl spielt Liga-Bowling im Verein BB e.V., der drei Mannschaften hat. Die Saison geht noch bis Mai; die weiteren Turnierspiele finden allerdings ohnehin in anderen Hallen statt. Wo sie zukünftig trainieren wollen, haben die Mannschaften noch nicht entschieden. Die nächstgelegenen Bowlingbahnen gibt es in Bergkirchen, Olching oder Pfaffenhofen - alles nicht so bequem "vor der Haustür" wie die Heimbahn des Vereins. In der Bowlingbahn an der Bosch-Straße sei es "familiär" zugegangen. "Etwas Gleichwertiges zu finden, wird schwer". Für Bertl und ihren Mann, der ebenfalls im Verein spielt, ist der Abriss der Halle auch ein persönlicher Verlust. Von Anfang an waren sie dabei, haben dem Besitzer, mit dem sie bekannt sind, beim Aufbau geholfen. Mindestens zweimal in der Woche trafen sich die Mannschaften zum Bowling-Training im Sportcenter. "Uns wäre es am liebsten, die Halle würde wieder aufgebaut", sagt Sandra Bertl.

Stefan Eder, der Betreiber der Bowlingbahn, hat das verloren, wofür er in den vergangen zehn Jahren jede Minute gearbeitet hat. "Für mich ist das ein Verlust, wie wenn eine Person gestorben ist - das war ein Familienbetrieb", sagt Eder. Jeden Tag steht er vor der Ruine seines Betriebs, den er im Januar 2009 eröffnet hat. "Es ist mein größter Wunsch, dass die Ermittler herausfinden, wie das passieren konnte", sagt Eder.

Nach dem, wie die Polizei es nennt, "kontrollierten Abriss" nächste Woche, werden die Brandfahnder der Kriminalpolizei aus Fürstenfeldbruck den Ort des Brandes begehen und versuchen, den Brandherd ausfindig zu machen; das Landeskriminalamt wird einen Gutachter schicken. Das sei allerdings "nicht die übliche Vorgehensweise", sagt Günther Beck vom Polizeipräsidium in Ingolstadt. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass sie am Ort noch Spuren finden werden, sagt die Polizei. Die Brandursache festzustellen, sei "extrem schwierig". Noch immer vermute man, dass das Feuer im Bereich der Bowlingbahn ausgebrochen ist; weiterhin gehen die Ermittler davon aus, dass der finanzielle Schaden mindestens zehn Millionen Euro beträgt. Als die Feuerwehr am vergangenen Dienstag an der brennenden Halle eingetroffen war, hatte das Feuer schon auf das Dach übergegriffen. Der Brand sei offenbar längere Zeit unbemerkt geblieben. Dass die Dachfenster platzten, sei eigentlich ein Glück gewesen, erklärt Feuerwehrmann Wolfgang Reichelt. Denn dadurch sei in der Halle kein Überdruck entstanden, der schließlich zu einem unkontrollierten Einsturz oder gar einer Explosion hätte führen können.

Der Eigner des Gebäudes, Robert Eiter, hatte vergangene Woche schon angekündigt, zusammen mit seinen Pächtern nach einer Lösung zu suchen. Ein Wiederaufbau sei eine Option, sagte er nun. "Bis zu einer Entscheidung darüber werden noch Monate vergehen", sagt allerdings Stephan Wallotek von der Squash-Insel.

© SZ vom 11.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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