CSU-Neujahrsempfang:Besinnlich und besorgt

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Der frühere Bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein spricht beim Neujahrsempfang der Karlsfelder CSU über christliche Werte, die Zukunft des Parteiensystems und die Rolle der Kirche einst und jetzt

Von Christiane Bracht, Karlsfeld

Draußen hat der Schnee alles in eine sanfte weiße Märchenlandschaft getaucht. Selbst die Münchner Straße in Karlsfeld scheint an diesem Dreikönigstag wie verwandelt: Ruhig wie man sie kaum kennt. Drinnen, im Bürgerhaus, ist es dagegen anfangs eher hektisch. Fernsehteams laufen mit riesigen Kameras, langen Kabeln und Mikros von links nach rechts und wieder zurück. Etwa 200 CSU-Parteifreunde, deren Familien und Bekannte begrüßen sich. Man kommt ins Gespräch, wünscht sich ein gutes neues Jahr. Dann spielt das Karlsfelder Symphonieorchester. Es wird ruhig, ja feierlich. Auch der Ehrengast der Karlsfelder CSU, Günther Beckstein, schlägt an diesem friedlichen Sonntag besinnliche Töne an, keine kämpferischen.

Wer "gute Ratschläge" vom früheren Ministerpräsidenten an seinen aktuellen Nachfolger Markus Söder erwartet hatte oder gar heftige Kritik, der wurde enttäuscht. Gleich zu Beginn sagte Beckstein, von ihm habe Söder "keine Querschläge zu befürchten". Der Franke präsentierte sich eher christlich und auch etwas sorgenvoll. Und so begann er seine Rede mit einem Gebet aus dem 16. Jahrhundert und er endete auch mit einem Gebet. Natürlich Gebete, die wohl eher zum Schmunzeln anregen, aber die Botschaft ist klar: Durch die Blume mahnt Beckstein die Besinnung auf die christlichen Wurzeln und Werte an. Früher seien Kirche und CSU eng miteinander verbunden gewesen. "Die katholische Jugend trat geschlossen in die Junge Union ein", erinnert sich der 75-Jährige. Auch er sei vom CVJM gekommen. Heute wisse die Jugend nicht mal mehr, dass es eine katholische Jugend gäbe. Die Gläubigkeit ist verloren gegangen, nicht zuletzt aufgrund der Missbrauchsskandale. Zwischen CSU und Kirche seien nun erhebliche Spannungen, etwa beim Thema Abschiebungen. "Ich sehe das mit Sorge", sagt er. Auch dass der Einfluss der Kirche, der in den vergangenen Jahrzehnten geholfen habe, nun mehr und mehr schwinde. "Ich hoffe, dass er wieder stärker wird", wünscht Beckstein.

Die Rede des früheren Ministerpräsidenten Günther Beckstein wollten sich die Karlsfelder nicht entgehen lassen. (Foto: Toni Heigl)

Auf dem Neujahrsempfang hält er die Werte der Gesellschaft noch einmal hoch, weist auf die Verfassung hin, die "als Provisorium gedacht und sich als sensationelle Leistung herausgestellt hat". An aller erster Stelle stehe die Würde des Menschen, die Rechte des Einzelnen und seine Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber. Dies gelte es in Zukunft so zu erhalten. Sorge bereite ihm, dass das Parteiensystem in Gefahr sei, seit die SPD in Bayern nicht mal mehr zehn Prozent erreiche. Es dürfe nicht dazu kommen, dass die AfD oder die Linke mehr als 50 Prozent der Stimmen bekommen, sagt der Politiker. Man müsse die Themen ernst nehmen, die diese Parteien aufwerfen, sie diskutieren und lösen. So wie die Politik es in den 1990er Jahren mit den Republikanern gemacht habe.

Sorge bereitet Beckstein auch der Brexit, der in diesem Jahr wohl vollzogen wird. "Ich hoffe, dass es dazu kommt, dass beide Seiten ein Stück nachgeben", sagt er. Sonst würde Europa geschwächt. Großbritannien sei die zweitgrößte Wirtschaftsmacht. Unbehagen bereitet dem früheren Ministerpräsidenten auch die Rolle Rumäniens. Dort werde Korruption gefördert, statt eingedämmt und nun soll das Land die EU führen, "kann das gut sein?", fragt Beckstein.

Die Reihen im Bürgerhaus haben sich schnell gefüllt. (Foto: Toni Heigl)

Der Franke fürchtet, dass die Automobilindustrie schon bald in die Krise schlittern wird, wegen Dieselaffäre und Grenzwerten. Bayern würde dies existenziell treffen, prophezeit er. Außerdem mahnt er die CSU an, das Thema Umwelt wieder zu spielen. "Wir haben es uns abnehmen lassen", sagt er. Insgesamt müsse mehr und respektvoll miteinander diskutiert werden, dann kämen auch zweckmäßige Lösungen heraus. "Die Demokratie lebt von der Auseinandersetzung."

© SZ vom 07.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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