Corona-Krise:Chaos im Schulalltag

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Seit der Schließung der Schule Mitte März und der langsamen Wiedereröffnung in der vergangenen Woche versucht die Mittelschule Altomünster, die ständig neuen Herausforderungen zu bewältigen. Rektorin Ute Weiß zieht Bilanz

Von Horst Kramer, Altomünster

Es war ein beeindruckender Auftritt, den Ute Weiß, die Rektorin der Grund- und Mittelschule Altomünster, auf der konstituierenden Sitzung des Schulverbands absolvierte. Sehr ruhig, fast schon zurückhaltend berichtete die erfahrene Pädagogin von den Geschehnissen seit dem Freitag, 13. März, als Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Schließung aller Schulen ab dem folgenden Montag verkündete bis hin zur Begrüßung der Erst- und Fünftklässler zu Beginn der vergangenen Woche.

Ihr Fazit: Dem Schulteam, vielen Eltern sowie einer großen Zahl Schülerinnen und Schülern ist es durch ein immense Anstrengung gelungen, das Chaos, das nach dem Shutdown herrschte, in ein geordnetes Miteinander zu überführen - zumindest vorläufig. Eines wurde bei dem Bericht der Rektorin allerdings klar: Das Kultusministerium spielte bei der Bewältigung der vielen Aufgaben nur eine Nebenrolle.

"Jeder packte auf die Schnelle alles zusammen, Hefte, Bücher, Material", erinnerte sich die Schulleiterin an den ominösen 13. März. Erst in der Folgewoche traf in der Einrichtung ein Schreiben des Kultusministeriums ein. Zu diesem Zeitpunkt war schon folgende Meldung auf Schulhomepage zu lesen: "Damit die SchülerInnen nicht zu viel Unterrichtsstoff versäumen, lässt jede Lehrkraft den Schülern und Eltern in geeigneter Form Lernmaterial zukommen, welches die Schülerinnen und Schüler zuhause bearbeiten müssen." Es folgten Homeschooling-Wochen, die von Versuch und Irrtum geprägt waren. Manche Lehrerinnen und Lehrer suchten laut Weiß Kontakt via Whatsapp und Skype zu ihren Schützlingen. Die Online-Plattform "Mebis" des freistaatlichen Landesmedienzentrums wäre schnell an seine technischen Grenzen gekommen. Einige Pädagoginnen und Pädagogen begannen, Lehrvideos selber zu drehen. Manche scheiterten. "Lehrer sind dafür nicht ausgebildet", kommentiert die Schulleiterin. Andere setzten auf Videokonferenztools wie Zoom oder Jitsi.

Die Rektorin wies auf ein weiteres unerwartetes Problem hin: "Es gibt eine ganze Anzahl von Schülern und Eltern, die digital nicht erreichbar sind." Weil ihnen Computer, Drucker oder sogar ein Internetzugang fehlt. Einige Lehrerinnen und Lehrer wären daher persönlich zu den Haushalten gefahren, um Arbeitsblätter und Materialien an den Wohnungstüren abzulegen. Altomünsters Amtsleiter Christian Richter intervenierte und brachte den Sozialfond der Marktgemeinde ins Spiel: Der könne in Notfällen angezapft werden, so Richter - auch für die Beschaffung von Hardware. "Betroffene Eltern können sich direkt an mich wenden", betonte der Rathausbeamte.

Schon während der Osterferien begann Weiß mit ihrem Team an den Wiedereröffnungsszenarien zu arbeiten. "Wir haben stundenlang über Einlassregelungen, Abstandsmarkierungen, Laufwegen und über unser Hygienekonzept gebrütet", erinnerte sich Rektorin. Das Ergebnis ist ein ausgeklügeltes Markierungssystem für einen Einbahnstraßenverkehr im Schulgebäude, personalisierte Tische, Stühle und Arbeitsmittel sowie ein detailliertes Hygienekonzept - alles wurde vorab auf der Schul-Homepage veröffentlicht. "Das war sehr hilfreich", lobte die Vize-Elternbeiratschefin Steffi Schmied, "so wussten die Kinder, was auf sie zukommt."

Der Elternbeirat hatte Ende April einen Fragebogen an die Elternsprecher der einzelnen Klassen verschickt, mit Fragen zu ihren Erfahrungen in den ersten Lockdown-Wochen. "Der Rücklauf war hoch", resümierte der Elternbeiratsvorsitzende Christian Ofer. Aus 17 von 22 Klassen beider Schultypen wäre ein Feedback eingegangen. Die Kommunikation zwischen Lehrern, Schülern und Eltern wurde größtenteils positiv bewertet, manche Lehrkräfte schienen indes überfordert. Zahlreiche Eltern beklagten eine "Arbeitsblätterflut" und beschwerten sich über ihre Funktion als "Hilfslehrkraft". "Natürlich haben wir allergrößtes Verständnis für die schwierige Situation der Eltern", bekannte Weiß und fügte hinzu, dass die Fragebogenaktion im Lehrerkollegium nicht sonderlich gut angekommen sei. Ofer wollte sie hingegen als "Hilfestellung" gewertet wissen. "Es ging uns nicht um Kritik", fügte Schmied hinzu. Sie zitierte einen Zeitungsartikel, der sich mit einer ähnlichen Befragung Münchner Eltern beschäftigt hatte: "Dort ist im Prinzip genau dasselbe herausgekommen wie bei uns."

In der vergangenen Woche kehrten die ersten und fünften Klassen in die Schule zurück. Sehr zur Freude der Kinder und Jugendlichen, ihrer Eltern und auch der Lehrkräfte, wie Weiß, Ofer und Schmied einmütig betonten. Gegenwärtig werden die Klassen in zwei Gruppen geteilt, die wochenweise zwischen Präsenzunterricht in der Schule und Lernen zu Hause wechseln

Die Schulleiterin zeigt sich verhalten optimistisch, dass die bisherigen Maßnahmen ausreichen, wenn nach den Pfingstferien auch die restlichen Klassen in die Grund- und Mittelschule zurückkehren. Eines ist ihr klar: "Unser Schulalltag wird für lange Zeit vom Coronavirus geprägt bleiben."

© SZ vom 27.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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