Blick von außen:"Die Größe der Biergläser ist enorm!"

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Laure, Raphael, Valentin und Roman erleben zum ersten Mal, wie es auf einem bayerischen Volksfest zugeht. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bei ihrem ersten Besuch am Dachauer Volksfest lernen vier junge französische Musiker einiges über bayerisches Brauchtum

Interview Von Gregor Schiegl

Vier Tage war das französische Partnerorchester der Knabenkapelle, Band'a Léo aus Léognan, in Dachau zu Gast. Für Laure (20), Raphael (18), Valentin (18), Roman (18) war es der erste Besuch in Deutschland. Kurz vor ihrer Abreise hat die SZ Dachau sie am Volksfest zu einem Interview getroffen, in dem es um Bierkrüge und Feierkultur geht - und natürlich um Blasmusik, sowohl die bayerische wie die französische.

SZ: Grüß Gott zusammen! Wie gefällt Ihnen das Dachauer Volksfest?

Raphael: Außerordentlich gut. Vor allem das große Zelt ist toll, wo alle zusammen trinken, auf den Tischen tanzen und zusammen Spaß haben. Das ist eine schöne, lockere Atmosphäre.

Valentin: Uns hat nur überrascht, dass hier alle Trachten tragen.

Gibt es das nicht in Frankreich?

Alle: Nur sehr wenig.

Laure: In Frankreich kommt es eigentlich nur bei regionalen Festen vor, wo die Tracht eine Rolle spielt, aber da haben dann auch nicht so viele Leute Tracht an wie hier.

Band'a Léo macht ja auch Blasmusik. Was ist der Hauptunterschied zur Musik der Knabenkapelle?

Laure: Wir spielen eher Lieder aus dem französischen und spanischen Raum, die Knabenkapelle spielt eher die deutschen Stücke. Aber es gibt auch Gemeinsamkeiten. Bei einem Paso Doble spielen bei uns zuerst die Klarinetten und Flöten das Thema, danach spielen die Bässe. Das ist bei den Stücken in der deutschen Blasmusik ähnlich. Aufbau und Struktur unterscheiden sich da nicht groß.

Raphael: Ich finde, die deutsche Musik eignet sich eher zum Marschieren. Auf uns wirkt sie steifer als das, was wir machen. Die französische Musik ist eher zum Feiern gemacht und motiviert die Leute, mit zu tanzen.

Das heißt, Ihre Banda macht die bessere Musik für Feten?

Valentin: Naja, das hängt davon ab, wo man spielt. In Frankreich würden die Leute eher zu unserer Musik tanzen, in Deutschland eher zu der von der Knabenkapelle, das ist ja klar.

Blasmusik soll bei jungen Franzosen sehr beliebt sein, stimmt das?

Valentin: Man muss differenzieren zwischen konzertanter Blasmusik und der Banda-Musik. Wir spielen beides. Es gibt fast in jedem Ort in Frankreich ein Blasorchester, und gerade die Banda-Musik ist deshalb beliebt, weil es Lieder sind, die jeder mitsingen kann. Jeder kennt die Texte.

Was genau ist eine Banda eigentlich?

Valentin: Das ist eine besondere Art des Blasorchesters, ein Zusammenschluss von Freunden, die gerne zusammen Musik machen, da ist es nicht so wichtig, ob jeder Ton sitzt und man immer ganz exakt zusammenspielt. Es geht vor allem darum, die Leute zum Mitmachen zu bewegen und zusammen auf der Straße zu feiern. Wir verstehen uns als beides: als klassisches Blasorchester und als Banda.

Laure: Wir haben einige Paso Dobles im Repertoire. Wir passen uns aber auch ans Publikum an. Wenn wir sehen, dass ein Stück beim Publikum gut ankommt, spielen wir wieder was in dieser Richtung.

Sie treten auf internationalen Festivals auf, spielen auch mit der Knabenkapelle zusammen. Färbt das ab, nimmt man da neue Impulse auf?

Valentin: Wir haben schon einige deutsche Stücke von der Knabenkapelle gehört, die uns gefallen haben, und die wir auch spielen, wenn es ins Repertoire passt.

Welche denn zum Beispiel?

Valentin: Das eine heißt "Schöne Urlaubszeit" und das andere "Freundschaftsklänge". Die anderen müsste ich in unserem Liederheft nachschlagen, die Titel weiß ich jetzt nicht auswendig.

Nach vier Tagen in Dachau: Was hat Sie bei Ihrem Aufenthalt hier am meisten beeindruckt oder erstaunt?

Valentin: Die Größe der Biergläser, die ist enorm, die hat uns echt überrascht. Und auch, wie günstig das Bier hier ist.

Roman: Und dass die Leute zwar auf den Putz hauen, aber trotzdem respektvoll miteinander umgehen und nicht dauernd Schlägereien angezettelt werden.

Laure: Es ist auch viel sauberer als es bei so einem Fest in Frankreich wäre. Anderseits hören die Leute bei uns mehr auf die Musik und ihre Qualität. Hier geht es doch eher darum, sich zu amüsieren. Die Musik wird oft gar nicht so beachtet wie bei uns. Das ist ein anderer Umgang.

Valentin: Ich würde sagen, das sind kulturelle Unterschiede. Die Lieder, die wir in Frankreich spielen, kennt dort jeder, aber ich glaube nicht, dass das Publikum hier jeden Marsch oder jede Polka kennt, die gespielt wird. Hier ist das Verhältnis zum Publikum auch ein bisschen distanzierter als in Frankreich, wo die Banda direkt auf der Straße spielt, nicht wie hier auf der Bühne.

Wann gibt es ein Wiedersehen von Knabenkapelle und Band'a Leo?

Stéphane (der Vorsitzender Banda, schaltet sich ein): Wir hoffen, dass wir nächstes Jahr wieder in Dachau sein können. Wir sind hier so herzlich aufgenommen worden, dafür möchten wir uns sehr bei allen Beteiligten bedanken.

© SZ vom 18.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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