Bergkirchen:Zweite Traglufthalle im Landkreis wird bezogen

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Zur Einweihung der Traglufthalle mit christlichem Segen im Gewerbegebiet von Bergkirchen kamen mehr als 300 Besucher. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Bürgermeister und Freiwillige sind zuversichtlich angesichts des gut organisierten Helferkreises, sie äußern aber auch Sorgen.

Von Viktoria Großmann, Bergkirchen

Die Traglufthalle im Bergkirchener Gewerbegebiet Gada sieht etwas anders aus als die in Karlsfeld. Es wurde ein anderer Bodenbelag ausgewählt, einer, der den Schall besser dämpft. Die Container, in denen sich Duschen und Toiletten befinden, wurden an anderer Stelle aufgebaut, damit sich weniger Bewohner durch unangenehmen Geruch belästigt fühlen. Dadurch wird auch die Gemeinschaftsfläche etwas größer. Es sind kleine Veränderungen, aber immerhin, Verbesserungen. Das Wesentliche bleibt unverändert: Es ist eine Halle ohne Fenster, in der 300 Menschen schlafen, duschen, essen können. Aufgeteilt werden sie auf Sechser-Schlaf-Kabinen ohne Decken und mit einem Vorhang statt einer Tür. Tageslicht dringt nur stark gefiltert durch die Zelthülle ins Innere. Betreten werden muss die Halle durch doppelte Schleusentüren, es herrscht ständig ein leichter Überdruck, damit das Zeltdach nicht zusammenfällt. Um die Halle herum ist im Moment nichts als Schlamm.

In dieser Woche sollen hier zunächst die etwa 170 Menschen einziehen, die jetzt in der Tennishalle Indersdorf untergebracht sind. In jeder Woche erreichen derzeit 66 Asylbewerber den Landkreis, diese werden ebenfalls die Traglufthalle beziehen. Das Landratsamt bemüht sich, keine Familien in der Halle unterzubringen. Geplant ist, nur alleinstehende Männer einziehen zu lassen. Bergkirchen erwartet die neuen Bewohner mit einem gut organisierten Helferkreis, aber auch mit Sorge. Bereits mehrmals hat es in der Traglufthalle Karlsfeld wie auch in anderen Massenunterkünften im Landkreis Streitereien und tätliche Auseinandersetzungen zwischen Bewohnern gegeben. Kaum war die Bergkirchener Halle am Nachmittag vor Dreikönige eingeweiht, gab es Verletzte und Festnahmen am Standort in Karlsfeld.

Auch Schwabhausener und Olchinger kommen zur Einweihung

"Besorgt", sagt Bürgermeister Simon Landmann (CSU), schaue er deshalb auf die Eröffnung der Halle. Er hat im ganzen Ort geworben, sich die Halle anzuschauen - auch, um Vorurteilen zu begegnen. "Damit keiner sich vorstellt, die Flüchtlinge würden im Luxus leben." Es kamen dann nicht nur Bergkirchener, sondern auch Schwabhausener und Olchinger.

"Es wird sicher nicht einfach", sagt Anita Zacherl vom Asylhelferkreis. Mit einer bis vor kurzem recht kleinen Gruppe kümmert sie sich bereits seit zwei Jahren um die derzeit 56 Flüchtlinge, die in der Unterkunft in Gröbenried leben. Dazu die Betreuung der Neuankömmlinge in der Traglufthalle zu übernehmen, wird sie voraussichtlich nicht schaffen. Angesehen hat sie sich die Halle trotzdem. "Eigentlich kann man da drinnen nicht leben", sagt sie. Es sei ganz normal, sagt sie, dass es unter solchen Umständen zu Tumulten komme. Im Landratsamt macht man unterdessen weniger die Wohnsituation als eine kleine Gruppe Unruhestifter für die Auseinandersetzungen in Karlsfeld verantwortlich. Das könne in Bergkirchen ganz anders sein, so die Hoffnung. Zacherl versucht, das Positive zu sehen. Der Eingangsbereich zum Beispiel soll geteert werden, das hat die Gemeinde versprochen, und mit dem Eisolzrieder See sei wenigstens ein schöner Ort in Laufweite der unwirtlichen Unterkunft. Auch die Busverbindung zu den S-Bahnstationen in Dachau und Olching sei gut.

Helferkreis sucht Männerkleidung

Auch den Bürgermeister stimmt der gut organisierte Asylhelferkreis zuversichtlich. 75 Helfer gibt es nun insgesamt, "Studenten, Berufstätige, Rentner", sagt Landmann. Sogar jemand, der Arabisch spreche, sei darunter. Die Freiwilligen haben sich in fünf Arbeitsgruppen eingeteilt. Eine will Deutsch unterrichten, eine bei der Suche nach Arbeit helfen, die dritte begleitet bei Behördengängen oder Fahrten zu Ärzten, die vierte kümmert sich um Sport- und Freizeitangebot und die fünfte betreut die Kleiderkammer. Die Gemeinde hat dafür zwei Räume im Anbau neben dem Rathaus zur Verfügung gestellt, darin hängt bereits einige gut geordnete Kleidung.

Anita Zacherl hat jedoch vom Helferkreis Indersdorf erfahren, dass die Bewohner der Tennishalle kaum taugliche Winterkleidung haben. "Wir brauchen noch Schuhe und Männerkleidung in allen Größen, außer XL und XXL." Die Gemeinde Bergkirchen unterstützt die Helfer nicht nur mit den Räumen für die Kleiderkammer. Die Koordination der Helfergruppe für die Traglufthalle hat die Rathausmitarbeiterin Annette Hartl übernommen. Auch für den Deutschunterricht stellt die Gemeinde Räume zur Verfügung. "Wir brauchen die Helfer", sagt Landmann, "ohne sie geht es nicht."

Kleiderspenden werden am Samstag, 16. Januar, zwischen 9 und 13 Uhr im Nebengebäude des Rathauses angenommen. Weitere Informationen unter helferkreis-bergkirchen.de.

© SZ vom 12.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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