Baustellenbesichtigung:Dachau wehrt sich gegen FKK-Wellness-Club

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Der Eigentümer des Bordells an der Ohmstraße und die Stadt Dachau führen seit Jahren Rechtsstreitigkeiten. (Foto: Toni Heigl)

"Im Grunde genommen ist es nichts anderes als die Therme Erding", beschreibt der neue Besitzer seine Pläne für das ehemalige Bordell. Die Gegner überzeugt das nicht.

Von Gregor Schiegl, Dachau

Die Stadt hat einen Teilerfolg bei der Eindämmung der Prostitution im Gewerbegebiet errungen. Weil sie der Erweiterung der Nutzfläche für einen bordellähnlichen Betrieb in der Ohmstraße die Genehmigung verweigert, hatte der Investor gegen die Stadt geklagt. Bei einem Augenscheintermin des Verwaltungsgerichts am Donnerstag erklärte Richter Johann Oswald, dass er geneigt sei, die Klage abzuweisen. Das offizielle Urteil soll an diesem Freitag erfolgen.

Der Rechtsvertreter des Klägers wies den vorläufigen Richterspruch als "nicht nachvollziehbar" zurück. Bei dem Rechtsstreit geht es um ein Gebäude, das bis vor fünf Jahren als Bordell genutzt wurde. Der neue Besitzer plant, darin einen FKK-Wellness-Club einzurichten. "Im Grunde genommen ist es nichts anderes als die Therme Erding", erklärte er der SZ. Einen wichtigen Unterschied gibt es aber doch. Die Besucher können sexuelle Dienstleistungen freiberuflicher Prostituierter in Anspruch nehmen. Fünf Zimmer auf 112 Quadratmetern sind dafür eingeplant; die Stadt hat diese Nutzung genehmigt.

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Nun gab es aber eine Änderung. Weil der Besitzer keine Verwendung für die bestehende 84 Quadratmeter große Betriebsleiterwohnung hat, will er sie nutzen, um den Essbereich zu erweitern; sein Konzept sieht nämlich ein kostenloses Büffet für die Gäste vor. Statt kleiner Stehtische hätte der Betreiber dann die Möglichkeit, vier Tische aufzustellen. Das aber betrachtet die Stadt als Erweiterung des bordellähnlichen Betriebes, die auch mehr Stellplätze erforderlich machen würde - statt 14 wären es 28. Der Kläger sieht das nicht ein. "Warum soll ich doppelt so viele Parkplätze anbieten, nur weil die Kunden nicht mehr im Stehen essen müssen, sondern sitzen?" Von der Stadt fühlt sich der Unternehmer schikaniert. "Da wird alles ausgenutzt, um unser Vorhaben zu verhindern."

Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht. Der Stadt sind die Sexclubs, Bordelle und Massagesalons schon lange ein Dorn im Auge. 2012 versuchte sie per Klage die Schließung des Bordells Kleopatra zu erzwingen, das 1974 als erstes Freudenhaus in Dachau eröffnet worden war. Das Verwaltungsgericht entschied, dass der Betrieb bleiben darf. Aus Sicht der Stadt ist die wachsende Zahl an Erotikdienstleistern im Gewerbegebiet - dort gibt es mindestens fünf - schädlich für den Standort. Das Bauamt befürchtet, dass das Schmuddelimage der Puffs einen Niedergang des Gewerbegebiets einleiten könnte, der sogenannte Trading-Down-Effekt: Qualitativ hochwertiges Gewerbe würde sich aus der Nachbarschaft verabschieden. Dafür käme anspruchsloses Billiggewerbe und irgendwann Leerstände.

Nicht zum ersten Mal muss Verwaltungsrichter Johann Oswald zwischen dem Betreiber des Bordells und der Stadt schlichten. (Foto: Toni Heigl)

Bei dem Ortstermin besichtigte das Verwaltungsgericht deshalb auch fünf Etablissements in der näheren Nachbarschaft. Nicht immer war sofort ersichtlich, wie das Gebäude genutzt wird. Sowohl das Bordell Kleopatra in der Karl-Benz-Straße als auch der Massagesalon an der Otto-Hahn-Straße sehen auf den ersten Blick aus wie ganz gewöhnliche Wohnhäuser. In manchen Gebäude wie am Spielecenter "Paradiso", ebenfalls Otto-Hahn-Straße, gibt es mehrere Nutzungen in einem Komplex, darunter offenbar auch Wohnungsprostitution. Richter Johann Oswald fand zumindest am Klingelschild starke Indizien. Ein Knopf war beschriftet mit "süsse Engel", der andere mit "Dahmen". Nicht auszuschließen, dass damit keine Person, sondern gewisse Damen gemeint sind.

In seiner vorläufigen Urteilsbegründung erklärte Richter Johann Oswald, dass Bordelle in Gewebegebieten von Städten mit mehr als 30 000 Einwohnern grundsätzlich erlaubt seien. Allerdings habe die Stadt die Möglichkeit, weitere Etablissements nicht zu genehmigen, wenn ein Trading-Down-Effekt zu befürchten sei. Im vorliegenden Fall dürfte eine Erweiterung des Bordellbetriebs daher nicht zulässig sein. Es spiele keine Rolle, dass die Zahl der Arbeitsplätze für Prostituierte durch die geplanten Umbaumaßnahmen nicht erhöht würde. "Die Nutzung wird insgesamt intensiviert", sagte der Richter. Derzeit ist das Haus nicht viel mehr als ein verputzter Rohbau mit eingesetzten Fenstern. Daher gebe es auch keinen Bestandsschutz für einen laufenden Bordellbetrieb.

Der Kläger beantragte, dass der Bescheid der Stadt aufgehoben und gemäß Verwaltungsgerichtsurteil neu erteilt wird. Die Vertreter der Stadt wiederum erklärten, die Stadt bleibe bei ihrer Position.

© SZ vom 04.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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