Asylsuchende im Dialog:Gelebte Integration

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Bürgermeister Peter Felbermeier freut sich: Im Grunde läuft alles rund in seiner Gemeinde Haimhausen. (Foto: Toni Heigl)

Haimhausen pflegt eine aufgeschlossene Politik, deshalb nehmen an der Bürgerversammlung unter großem Zuspruch auch Flüchtlinge teil.

Von Rudi Kanamüller, Haimhausen

Die Gemeinde Haimhausen ist eben anders als andere Kommunen. Ein lebendiges Beispiel dafür lieferte die Bürgerversammlung in der Aula der Grund- und Mittelschule. Die Besucher wurden nicht nur musikalisch von zehn Flüchtlingen mit Sambaklängen begrüßt, sie konnten sich anschließend auch an Infoständen des örtlichen Helferkreises mit den Asylsuchenden unterhalten. Und das Angebot kam an, mindestens so gut wie der Rechenschaftsbericht von Bürgermeister Peter Felbermeier (CSU), der vor allem über die finanzielle Situation der Gemeinde sprach. Ferner berichtete Felbermeier über die Gründung des Kommunalunternehmens Liegenschaften und über den Stand des Verkaufs von gemeindlichen Grundstücken im Baugebiet "Schrammergweg" einschließlich des neuen Haimhauser Baulandmodells, für das die Bewerbungsfrist noch bis zum 23. Juni läuft.

Ein erhöhtes Informationsbedürfnis bestand bei den Bürgern in Sachen Klubhaus des SV Haimhausen. Der ehemalige Gemeinderat Josef Westermaier wollte wissen, warum die Gemeinde das SVH-Klubhaus erwerben wolle. Felbermeier erläuterte, dass dieser Erwerb "pro forma" erfolge, um dem Sportverein die notwendigen finanziellen Eigenmittel zu beschaffen. Die benötige der Club, um als Bauherr des dritten Teils der Sporthalle (bei der Grund- und Hauptschule) auftreten zu können. Der Bayerische Landessportverband (BLSV) stellte für den Hallenbau bereits doppelt so hohe Zuschüsse in Aussicht, als die Gemeinde für das Klubheim bezahlen werde, sagte der Bürgermeister. Alfons Haaf hakte nach und wollte wissen, ob es sich die Gemeinde gerade zum jetzigen Zeitpunkt leisten könne, das Klubhaus des SV Haimhausen zu erwerben, wenn doch das "operative Geschäft" (Verwaltungshaushalt 2017 der Gemeinde) im laufenden Jahr ein Defizit von etwa 400 000 Euro aufweise? Felbermeier sagte, dass dieses Geschäft dem Vermögenshaushalt zuzuordnen sei und die Gemeinde sehr wohl über entsprechende Einnahmen beziehungsweise Rücklagen verfüge, um den Sportheim-Erwerb zu finanzieren und damit den Weg zum Bau des dritten Hallenteils freizumachen.

Bezüglich des angesprochenen Defizits im Verwaltungshaushalt verwies der Bürgermeister als wesentliche Ursache auf die vielfältigen freiwilligen Leistungen der Gemeinde. Besonders defizitär sei der laufende Betrieb der Kindertagesstätten. Das vom Freistaat Bayern angedachte Finanzierungsmodell gehe nicht auf. Vielmehr hätten alle Kommunen hier ein ständig steigendes Defizit, wenn sie die Elternbeiträge in sozial angemessener Höhe halten wollten. Felbermeier wies außerdem darauf hin, dass auch der Verwaltungshaushalt 2016 bei seiner Verabschiedung ein Defizit beziehungsweise eine Zuführung aus dem Vermögenshaushalt beinhaltet hatte. Wie die Jahresrechnung 2016 jedoch ergeben habe, schloss dieser letztendlich mit einem Überschuss ab; er gehe davon aus, dass die Finanzentwicklung 2017 vergleichbar verlaufe.

Kindern die Natur näher bringen

Breiteren Raum nahm das Projekt des Bayerischen Roten Kreuzes ein (BRK), das im September einen "Waldkindergarten" einrichten möchte. Der Waldkindergarten ist organisatorisch ein Teil des BRK-Kindergartens "Tatü-Tata". Die Fachberaterin für Kindertagesstätten beim BRK, Ulrike Singer-Parzefall, und Anette Stiehler, Leiterin des BRK-Kindergartens Haimhausen, stellten das Projekt vor. Die Ausstattungskosten des dafür benötigten Bauwagens belaufen sich auf 50 000 Euro. Weil durch die neue Naturgruppe auch ein erhöhter Personalbedarf entstehe, würden sich für dieses Projekt auch die Gebühren um etwa 40 Euro monatlich erhöhen. Hier fragte Peter Wacker nach, ob nicht vielleicht abwechselnd alle Kinder, die den BRK-Kindergarten besuchen, in den Genuss des Naturgruppen-Betriebs kommen könnten. Die besondere Förderung, insbesondere das Naturverständnis, würde sicher allen Kindern gut tun.

Felbermeier verwies darauf, dass die Umsetzung der Naturgruppen-Konzeption dem BRK als Träger obliege. Das Angebot stehe erst vor seiner Erprobungsphase. Er sei zuversichtlich, dass es angenommen werde, aber die Erfahrung zeige auch, dass "Waldkindergärten" nicht überall akzeptiert würden.

Helfer aus allen Schichten der Bevölkerung

Über die Arbeit des Haimhauser Helferkreises informierte dessen Sprecher Detlev Wiese, der auch grundsätzlich über die Thematik sowie die Einzelschicksale der Asylsuchenden informierte. Aktuell gebe es in Haimhausen rund 50 ehrenamtliche Helfer, die sich um die etwa 100 Flüchtlinge in den vielfältigen Lebenslagen bemühten. Die Helfer kämen aus allen Schichten der Gemeindebevölkerung und gehörten den unterschiedlichsten politischen Richtungen sowie Religionen an.

Wiese beschrieb die von ihm beziehungsweise von vielen Helfern in den vergangenen Monaten durchlebten "Phasen" bei der Flüchtlingshilfe, zu denen neben gutem Willen auch Frust, Erschöpfung und Enttäuschung zählten. Er informierte, dass sich die Ehrenamtlichen zusehends mehr überregional organisieren würden, um in der Gesellschaft und der Politik ein stärkeres Gehör zu finden. Wiese bedauerte, wie er sagte, die fehlende Professionalität deutscher Behörden - speziell im Umgang mit Asylsuchenden und deren Anträgen, insbesondere durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Das hätten er und die anderen Helfer vorher so nicht für möglich gehalten. Dem Landratsamt Dachau sowie der Gemeindeverwaltung bestätigte er dagegen "gute, pragmatische Arbeit" und bedankte sich dafür.

© SZ vom 30.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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