Amtsgericht :Rosenkrieg mit Folgen

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Ein 44-Jähriger soll sich als Staatsanwältin ausgegeben haben, um seine Ex-Frau zu täuschen. Er bestreitet die Tat

Von Jacqueline Lang, Dachau

Wären die Umstände nicht so tragisch, wäre es eigentlich eine lustige Geschichte: Ein Mann soll sich in einem Ehestreit als Frau, genauer als Staatsanwältin, ausgegeben haben. Mittels einer fiktiven E-Mail-Adresse hat eine erfundene Anwältin namens Judith Waldhäuser dem Anwalt der damals Noch-Ehefrau des Mannes Mails geschrieben. Konkret ging es um eine Zahlung von 170 Euro, die der Mann nach einem Kostenfeststellungsbeschluss noch an seine Ex-Frau hätten zahlen müssen. Der Inhalt der E-Mail sollte suggerieren, dass diese Zahlungen bereits getätigt worden sei. Weil die Mails allerdings vor Rechtschreibfehlern strotzten, wurde der Anwalt hellhörig und fand heraus, dass eine solche Staatsanwältin gar nicht gibt. Jemand hatte sich demnach eines falschen Amtstitels bemächtigt.

Jetzt wird dieser Fall vor dem Dachauer Amtsgericht verhandelt. Der 44-jährige Angeklagte bestreitet die Tat. "Ich habe die Mail nicht verfasst." Amtsrichter Tobias Bauer will wissen, ob er sich da sicher sei, denn in einer Mail, die er, der Angeklagte, ihm geschrieben habe, hätten sich die gleichen Fehler wie in der Mail von der vermeintlichen Staatsanwältin wiedergefunden. Auch die "Art und Weise, wie formuliert worden ist" sei sehr ähnlich.

Trotzdem bleibt der Mann aus dem Landkreis bei seiner Antwort und erzählt stattdessen von der schwierigen Zeit, die er hat durchmachen müssen. Von den insgesamt sieben Kindern, die er mit seiner Ex-Frau habe, seien die vier Minderjährigen im Heim, weil man ihm das Sorgerecht weggenommen habe und seine Frau die Kinder nicht wolle. "Ich kämpfe immer noch um meine Kinder", sagt er. Er ist den Tränen nahe. Der Streit mit seiner Frau, das sei ein "schlimmer Rosenkrieg". Einige seiner älteren Söhne seien auch gegen ihn und auf der Seite ihrer Mutter. Amtsrichter Bauer sagt, er habe Verständnis für die schwierige Lage, aber trotzdem sei es nun einmal so, dass bei der E-Mail-Adresse alle Angaben bis auf die Handynummer falsch gewesen seien - und diese Nummer sei nun einmal die des Angeklagten. Der Angeklagte sagt, er könne sich das nur so erklären, dass vielleicht eines Kinder ihm hätte helfen wollen. Weil die Simkarte die gleiche sei, wie jene im Router und alle Kinder Zugang zur Wohnung hätten sei es also durchaus möglich, dass nicht er, sondern einer von ihnen die Mail geschrieben habe. Der Angeklagte will außerdem eine Zeit lang gar keine Briefe mehr geöffnet haben, weil es ihn so fertig gemacht habe. "Ich habe nur noch geheult." Er ist auch im Gericht den Tränen nahe. Bauer will ohne ein Gespräch mit den volljährigen Kindern, die eventuell in Frage kommen, jedenfalls niemanden voreilig beschuldigen, die Tat begangen zu haben. "Die Ermittlung muss ausgedehnt werden auf die Kinder", hält Bauer fürs Protokoll fest. Denn eins zumindest steht für ihn schon jetzt fest: Wenn es nicht der 44-Jährige war, war es zumindest jemand aus seinem unmittelbaren Umfeld. Bis auf Weiteres wird das Verfahren ausgesetzt und die Kinder werden zu dem Sachverhalt befragt.

© SZ vom 12.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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