Amtsgericht Dachau:Tanz auf dem Streifenwagen

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Ein bierseliger Fußballfan erklimmt halbnackt ein Polizeiauto und hat nun mächtig Ärger am Hals.

Anna Schultes

Während der Fußballweltmeisterschaft im vergangenen Sommer kamen unzählige Fans an öffentlichen Plätzen zusammen, um gemeinsam zu feiern. Das taten auch die Dachauer. Manche übertrieben es jedoch: Ein 25-Jähriger muss nun für vier Monate in Haft, sein 19-jähriger Mitangeklagter kommt mit sechs Tagen Sozialdienst davon.

Gehört nicht mehr zur Fanmeile: die Kühlerhaube eines Streifenwagens. (Foto: Toni Heigl/DAH)

Nach einem Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft wurde es einigen Anwohnern mit der Party zu bunt. Mehrere Beschwerden gingen bei der Polizei ein. Es sei laut und die Fußballfans ließen ihren Müll auf der Straße liegen. Zwei Beamte der Dachauer Polizei kamen, um die Feierlichkeiten zu beenden. Sie parkten ihr Einsatzfahrzeug am Straßenrand und gingen zu einem Auto, aus dessen Kofferraum laute Musik tönte. Als sich einer der Polizeibeamten umdrehte, erblickte er zwei Personen, die auf der Motorhaube des zurückgelassenen Dienstfahrzeugs tanzten.

Jetzt müssen sich die 19- und 25-jährigen Männer wegen Sachbeschädigung vor dem Dachauer Amtsgericht verantworten. Sie hinterließen mehrere Dellen auf der Motorhaube, ein Gutachter schätzt den Schaden am Fahrzeug auf knapp 1900 Euro. Wer das bezahlt, müssen die beiden Männer untereinander klären. Während der Verhandlung zeigen sich die Angeklagten einsichtig. "Ich hatte Alkohol intus. Das war eine kurze Sache, keiner hat nachgedacht", erklärt der Jüngere der Vorsitzenden Richterin Petra Nolte. Auch der 25-Jährige war betrunken. Um das Auto seien etwa 20 Leute gestanden. "Ich saß als erster drauf", räumt er ein. "Das hat man nicht alle Tage", sagt die Polizeibeamtin bei der Befragung. Die Begründung des älteren Angeklagten für sein Verhalten kann sie nicht nachvollziehen. "Er hat uns erklärt, dass er sich fotografieren lassen wollte. Es war so viel los, deshalb wollte er weiter nach oben." Warum er sich dafür ein Auto ausgesucht hat, weiß er selbst nicht.

Als die Polizisten zurück zum Wagen kamen, verschwand der damals 18-Jährige in der Menge, konnte aber später gefasst werden. Der 25-jährige Angeklagte ist bei der Polizei kein Unbekannter. "Wir haben ihn sofort erkannt", erklärt die Beamtin. "Er stand mit nacktem Oberkörper auf dem Auto." Seine Tat hat für ihn nun ernsthafte Konsequenzen. Sein Vorstrafenregister ist lang: unerlaubter Besitz von Betäubungsmitteln, einer verbotenen Waffe und mehrere Körperverletzungen. "Man muss ihm ein letztes Mal klarmachen, dass er mit diesem Verhalten nicht weiterkommt", sagt die Staatsanwältin.

Zu 18 Monaten Gefängnis war er in der Vergangenheit verurteilt worden, unter diversen Auflagen aber nach neun Monaten wieder entlassen worden. Er versprach, sich eine Arbeitsstelle zu suchen und einen festen Wohnsitz zu organisieren. Er wollte drogenfrei leben, eine Therapie machen und regelmäßig zum Drogentest erscheinen. Das meiste hat er nicht eingehalten. Mittlerweile lebt er in einer Notunterkunft, für kurze Zeit fand er einen Job. Die ambulante Therapie brach er nach zehn Sitzungen ab. Richterin Nolte hakt mehrmals nach, warum er sich nicht an die Absprachen halte. "Ich würde nicht hier sitzen, wenn ich alles so gut hinkriegen würde", meint er dazu. Seit Jahresbeginn kümmere er sich aber um eine stationäre Therapie.

Das reicht Richterin Nolte nicht. Das beschädigte Polizeiauto ist die zweite Straftat, die der 25-Jährige innerhalb seiner Bewährungszeit beging. Im vergangenen Jahr wurde er verurteilt, weil er auf dem Dachauer Volksfest einen Polizeibeamten beleidigt hatte. "Beide Taten zeigen, dass Sie keinen Respekt vor staatlichen Behörden haben", erklärt die Vorsitzende Richterin.

© SZ vom 29.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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