Amtsgericht Dachau:Im Zweifel für den Arzt

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Der Dachauer Stadt- und Kreisrat Bernhard Räpple war wegen versuchten Betrugs angeklagt: Er soll eine nicht mehr funktionstüchtige Jagdwaffe im Internet verkauft haben. Doch die Verhandlung vor dem Amtsgericht lief gut für ihn.

Wolfgang Eitler

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht, lautet eine alte Volksweisheit. Richter Lukas Neubeck am Amtsgericht Dachau hat im Prozess gegen Bernhard Räpple, Stadtrat das Bündnisses für Dachau und Kreisrat der ÖDP, eine Ausnahme von der Regel gestattet. Die Anklage warf Räpple versuchten Betrug mit einer funktionsunfähigen Jagdwaffe vor. Richter Neubeck hielt es allerdings für glaubhaft, dass Räpple gerade wegen seines Berufs als Arzt nicht fahrlässig handeln wollte. Er hätte wohl von einer Versteigerung des Gewehrs im Internet Abstand genommen, wenn er das maßgebliche Gutachten über das gefährliche Gewehr in den Einzelheiten gekannt hätte.

Das Amtsgericht Dachau stellte das Verfahren gegen den Kommunalpolitiker Bernhard Räpple ein. (Foto: dapd)

Das Gutachten war im Zuge eines zivilrechtlichen Prozesses gegen Bernhard Räpple erstellt worden. Denn der Angeklagte hatte die Waffe schon einmal im April 2009 veräußert. Der Käufer wollte den Vertrag annullieren, weil er das Gewehr für nicht gebrauchsfähig hielt. Räpple widersprach und verweigerte die Rückzahlung des Kaufbetrags. Das Gutachten stellte aber fest, dass die Waffe im Lauf verrostet und deshalb extrem dünnwandig ist. Eine Laufsprengung ist nicht auszuschließen. Im Mai 2010 erkannte Räpple auf Empfehlung seines damaligen Rechtsanwalts das Urteil des Zivilprozesses auf Rücknahme an. Im Dezember 2010 hatte Räpple die Waffe mit dem Hinweis im Internet angeboten: "Ohne Beeinträchtigung der Schießleistung".

Was wusste Räpple? Kannte er das Gutachten? Hätte er es kennen müssen? Verteidiger Matthias Noell, Experte für Jagdrecht aus München, hatte schon vor dem Prozess in einer öffentlichen Erklärung beteuert, dass sein Mandant sich mit dem Gutachten nicht ausführlich befasst habe. Vor Gericht führte er aus: "Dr. Räpple handelte nicht in Täuschungsabsicht." Er habe das Gutachten nur in einem Telefonat mit dem ehemaligen Verteidiger in dem Zivilverfahren zur Kenntnis genommen, der ihm damals die Anerkenntnis der Zivilklage empfohlen hatte. Noell bekräftigte wie schon in der Stellungnahme im Vorfeld des Prozesses, dass sein Mandant mit der Waffe noch ausführliche Schießübungen vorgenommen habe. Noell hatte Richter Neubeck in einem Telefonat vor dem Prozess empfohlen, weitere Zeugen zu laden, wie die an den Schießübungen beteiligten Jäger oder auch Räpples Rechtsanwalt aus dem Zivilverfahren.

Neubeck verzichtete im Prozess am Mittwoch auf Zeugenaussagen auch des ermittelnden Polizeibeamten. Er warf die Reputation des Angeklagten als Arzt in die Waagschale. Er vermutete, "dass es nicht zu den Schüssen gekommen wäre", hätte sich Räpple mit dem Gutachten eingehend beschäftigt. Gleichzeitig betonte Neubeck aber auch, dass die Anklage wegen "Betrugs mit einer nicht gebrauchsfähigen Waffe ein erheblicher Vorwurf ist". Er legte das Motiv des Angeklagten offen, der gegen den Strafbefehl von 100 Tagessätzen zu je 60 Euro Widerspruch eingelegt hatte. Dadurch war es erst zu dem öffentlichen Verfahren vor dem Amtsgericht gekommen. Neubeck sagte: "Ziel des Einspruchs ist es, die waffenrechtliche Erlaubnis zu behalten." Die wäre bei einer Verurteilung wegen Betrugs gefährdet gewesen.

Die selbstgefährdenden Schießübungen (Neubeck: "Bin verwundert, dass es dazu gekommen ist") und der Beruf als Arzt gaben schließlich den Ausschlag. Neubeck: "Wir müssen nicht in den Betrug einsteigen." Räpple ließ seinen Verteidiger noch mitteilen, dass die Waffe "am 14. Juli unbrauchbar gemacht wurde". Das Strafmaß blieb bei 6000 Euro. Das Verfahren wurde eingestellt.

© SZ vom 21.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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