Amtsgericht Dachau:Aggressiver Autohändler

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Ein impulsiver Angeklagter, ein Anwalt mit Gedächtnislücken und ein Richter, der immer wieder für Ruhe sorgen muss.

Wolfgang Eitler

Wer wäre nicht wütend, wenn er 18 000 Euro statt 3000 Euro zahlen müsste, weil sich der eigene Rechtsanwalt nicht um Zahlungsfristen kümmert? Wer möchte in einem solchen Fall nicht einmal richtig Tacheles reden? Allerdings war ein 46-jähriger Autohändler im November vergangenen Jahres weit übers Ziel hinausgeschossen und musste sich nun wegen des Vorwurfs des Hausfriedensbruchs vor dem Amtsgericht Dachau verantworten. Er wurde zu einer Geldbuße von 750 Euro verurteilt, weil Richter Lars Hohlstein wegen der Hintergründe der Straftat am unteren Ende der Bemessungsgrenze blieb.

Am 23. November 2012 war in einer Rechtsanwaltskanzlei im Landkreis Dachau Folgendes geschehen. Der 46-jährige Mann traf um neun Uhr morgens termingerecht ein, um zu erörtern, wie es dazu kommen konnte, dass er eine Zahlungsfrist habe versäumen können. Dabei habe er doch mit seinem Rechtsanwalt die Zahlung und auch die Bitte um einen kleinen Aufschub wegen eines Todesfalls eindeutig geklärt. Aber die Aussprache mündete schnell in einen heftigen lautstarken Streit, in dessen Verlauf der Rechtsanwalt sich bedroht fühlte und die Polizei rief.

Das Gericht zweifelte zwar nicht an dessen Zeugenaussage. Aber seltsam war es schon, dass der Rechtsanwalt alle weiteren Fragen des Verteidigers, die den Grund des Hausfriedensbruchs betrafen, wegen angeblicher Erinnerungslücken nicht beantwortete ("Da müsste ich in meinen Unterlagen nachschauen"). Gleichzeitig vergegenwärtigte der Angeklagte vor Gericht, wie wenig er sich im Griff hat, indem er des öfteren die Ausführungen von Richter Hohlstein oder des eigenen Verteidigers unterbrach und sich direkt an den Zeugen wandte: "Wir waren doch wie Vater und Sohn." Oder er rief: "Wenn Du ein Mann bist, redest Du gerade."

Unfreiwillig bestärkte er dadurch Staatsanwaltschaft und Richter in deren Eindruck, dass der Angeklagte zu heftigen Reaktionen neigt. So begründete Richter Hohlstein sein Urteil auch damit, dass die augenscheinliche "Impulsivität und Emotionalität" des Angeklagten "ein gewisses Bedrohungspotenzial" und "eine erhebliche Aggression" enthielten.

© SZ vom 20.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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