Vorlesetag in Altomünster:"Lesen legt den Grundstein für Zukunftschancen"

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Ebenfalls am Dienstag tritt der Poetry-Slammer Jaromir Konecny im Zelt auf. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Zum bundesweiten Vorlesetag sind acht Kinderbuchautoren in der Grund- und Mittelschule Altomünster zu Gast, darunter Jaromir Konecny. Er weiß, wie man Kinder für Bücher begeistert.

Von Carlotta Böttcher, Altomünster

"Babbel-Bot? Ähhh, Brabbel-Brot? Nein, nicht Brot, sondern Brabbelbot - ganz einfach: Brabbeln, wie viel reden, Bot wie Roboter", erklärt Jaromir Konecny. Brabbelbot, das ist also ein gesprächiger Roboter. Er trägt einen Schulranzen auf seinem Rücken und verkündet: "Ich mache alles für die Kinder, sogar ihre Hausaufgaben." Daraufhin fangen besagte Kinder an zu kichern, innerlich sehnen sie sich wahrscheinlich alle nach einem Brabbelbot als Sitznachbar. Doch vorerst bleibt der wundersame Roboter in seiner Fantasiewelt - er existiert leider nur in Konecnys Buch "Datendetektive".

Der tschechisch-deutsche Kinderbuchautor war am Freitag bei den Zweitklässlern der Grundschule Altomünster zu Besuch. Anlass dazu gab ihm der bundesweit stattfindende Vorlesetag. Der Aktionstag wurde bereits 2004 ins Leben gerufen, heuer findet er zum 19. Mal statt, mit fast 790 000 angemeldeten Leseaktionen. "Deutschland feiert das Vorlesen!", schreiben die Initiatoren, zu denen die Stiftung Lesen, die Wochenzeitung Die Zeit und die Deutsche Bahn Stiftung gehören. Das diesjährige Motto lautet: "Gemeinsam einzigartig". Die Vielfalt der Gesellschaft und das solidarische Miteinander sollen betont werden, aber auch andere Themen werden aufgegriffen. Hauptsache, es wird vorgelesen.

"Lesen ist eine der wichtigsten Kompetenzen für Schüler"

In den vergangenen Jahren übernahmen Eltern, Großeltern und ehemalige Lehrerinnen und Lehrer das Vorlesen an der Schule in Altomünster. Dieses Jahr überlegte sich Lehrer Philip Vogel, dass es spannender sei, wenn die Autorinnen und Autoren selbst aus ihren Büchern vorlesen. So folgten neben Jaromir Konecny noch acht weitere Schriftstellerinnen und Schriftsteller seiner Einladung, darunter Anke Dörrzapf und Nikolaus Nützel.

Der 27-jährige Vogel unterrichtet erst seit Beginn des Schuljahrs eine 6. Klasse in Altomünster. Als leidenschaftlicher Leser wurde er sogleich zum Lesebeauftragten der Schule ernannt und kümmert sich seitdem um die Schulbibliothek. "Im Referendariat habe ich gemerkt, dass Lesen eine der wichtigsten Kompetenzen für Schüler ist", erzählt er. Zahlreiche Studien belegen, dass regelmäßiges Lesen den Wortschatz erweitert, die Konzentration fördert, das Empathievermögen steigert und die Fantasie anregt. Jörg Maas, Geschäftsführer der Stiftung Lesen, sagt: "Vorlesen legt wie keine andere Aktivität den Grundstein für Bildung und Zukunftschancen."

Seine Lesung unterbricht Jaromir Konecny immer wieder, etwa um zu jonglieren. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Konecny weiß, dass man Kindern nicht einfach nur vorlesen sollte, dann langweilen sie sich: "Man muss die Kinder unterhalten", sagt er und zeigt, wie das geht: Ab und an legt er sein Buch beiseite, stellt Fragen in die Runde, plaudert ein wenig, übt dann Jonglieren mit den Kindern: "Wir lernen jetzt Jonglieren, damit ihr versteht, warum Roboter so lange brauchen, um das zu lernen", erklärt er, in Gedanken noch bei Brabbelbot, während die bunten Bälle in verschiedenen Formationen durch die Luft fliegen.

"Zuhören ist schön, aber wenn man die Geschichte mitentwickelt, ist es noch besser"

Auch bei Lehrer Vogel heißt Lesen vor allem aktiv zu werden. Am liebsten liest er mit seiner Klasse sogenannte "Du-entscheidest-selbst-Bücher", dabei wird der Leser immer wieder vor Entscheidungen gestellt und hat die Wahl, auf welcher Seite er weiterlesen möchte: "Nur Zuhören ist natürlich schön, aber wenn man die Geschichte selbst noch ein bisschen weiterspinnen kann, sie quasi mitentwickelt, dann ist das noch viel besser", sagt der Lehrer. So entwerfen seine Schülerinnen und Schüler Buchcover oder schreiben Briefe an die Hauptpersonen - es gäbe viele Möglichkeiten, sich mit Büchern auseinanderzusetzen, so Vogel.

Zum Ende seiner Lesung fragt Konecny in die Runde: "Wer von euch liest denn gerne?" Seine Stimme ist schon heiser, am Wochenende war er auf einer Marathonlesung, am Vorlesetag stehen noch drei weitere Veranstaltungen an. Die Hände der Kinder schnellen nach oben. "Ich les' am liebsten Harry Potter", kommt es aus einer Ecke. Eine andere Schülerin bevorzugt Pferdegeschichten, ein anderer im rot-weiß-blauen Trainingsanzug liest gerne Fußballgeschichten. Am Ende ist es egal, ob es um Roboter oder Vampire geht, um Grusel- oder Liebesgeschichten: Das Schöne am Lesen ist doch, dass man ab und an die reale Welt hinter sich lässt und in die unbegrenzten Weiten der Fantasie entschwindet.

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