Bogenschießen:Hut couture

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Silber in Rio, Gold in Moosach? Die Olympia-Zweite Lisa Unruh ist die prominenteste Teilnehmerin bei der deutschen Meisterschaft der Bogenschützen. (Foto: Srdjan Suki/dpa)

Bei der deutschen Meisterschaft der Bogenschützen ist auch Lisa Unruh am Start, die in Rio Silber gewann. Der Ausrichter PSV München erwartet rund 1000 Zuschauer - und steht für den Boom dieses Sports in der Region

Von Fabian Swidrak, München

Gleich zwei Dinge haben Lisa Unruh und ihrem Sport zuletzt ungeahnte Aufmerksamkeit beschert: die Silbermedaille, die sie als erste deutsche Bogenschützin überhaupt in einem olympischen Einzelwettkampf gewann, und der sandfarbene Anglerhut, den sie dabei trug. Sie wisse schon, dass ihre Kopfbedeckung nicht sonderlich schön sei, erwiderte Unruh, als sie mehrfach danach gefragt worden war. Der Hut sei schlicht praktisch. Sie trägt ihn, um nicht von der Sonne geblendet zu werden. Ein Hut mit festem Schirm oder eine Basecap kämen nicht in Frage, erklärte Unruh. Da wäre der Schirm beim Spannen des Bogens der Sehne im Weg.

Am Wochenende bestreiten der nun berühmte Hut und seine Trägerin ihren ersten Wettkampf nach den Olympischen Spielen in Rio. Unruh tritt bei der deutschen Meisterschaft an, die der Post-Sportverein München von Freitag bis Sonntag auf seiner Anlage in Moosach ausrichtet. Der Klub hat eine der größten Bogensportabteilungen der Stadt. "Für uns ist es natürlich ein Glücksfall, dass die Veranstaltung mit diesem olympischen Erfolg zusammenfällt", sagt Christian Waldeck vom Organisationsteam des PSV. Er hofft, dass der sich in der Region ohnehin im Aufwind befindende Bogensport von der medialen Präsenz der vergangenen Tage profitiert.

Sollten sich die besten Schützen der Republik ursprünglich im jährlichen Wechsel in Nord- und Süddeutschland treffen, findet der nationale Titelkampf nun bereits zum zweiten Mal nacheinander in Oberbayern statt. Gastgeber im vergangenen Jahr war die Bogensportgemeinschaft Raubling (Kreis Rosenheim). Berlin, wo auch die Athleten des Nationalkaders trainieren, ist zwar klar die Hauptstadt des deutschen Bogensports, die Region München gewinnt jedoch mehr und mehr an Bedeutung. 16 Vereine gäbe es aktuell allein im Stadtgebiet, sagt Waldeck, drumherum noch zahlreiche mehr. Auch der Gastgeber der Meisterschaft 2017 steht bereits fest: die Schützengesellschaft Edelweiß Hallbergmoos.

Mehr als 650 Bogenschützen kämpfen in diesem Jahr auf der Anlage des PSV München in 19 Klassen um Titel. In Sebastian Viol (Compoundbogen) und Tobias Edlböck (Recurvebogen) gehören auch zwei Lokalmatadore zu den Anwärtern auf die vorderen Plätze. Die Konkurrenz aber ist groß, das Teilnehmerfeld äußerst stark besetzt. Neben Silbermedaillengewinnerin Unruh gehen auch Florian Floto, der es in Rio immerhin bis ins Achtelfinale schaffte und dort nur knapp dem späteren Olympiasieger Ku Bonchan (Südkorea) unterlag, sowie die Paralympics-Teilnehmer Maik Szarszewski, Uwe Herter und Lucia Kupczyk, die überraschend anstelle von Vanessa Bui (Bogensport Fürstenfeldbruck) für Rio nominiert wurde, an den Start.

In der Vorrunde stehen jedem Schützen zunächst 72 Pfeile zur Verfügung. Ein einzelner Schuss bringt bis zu zehn Punkte, so ergibt sich die maximal erreichbare Zahl von 720 Ringen. Die besten Schützen ziehen dann in die Entscheidungsrunde ein, die im direkten Duell ausgetragen wird. Um die Spannung für die Zuschauer zu erhöhen, haben sich die Verantwortlichen des PSV München etwas einfallen lassen: Erstmals wird es bei deutschen Meisterschaften eine Finalarena geben, in der die Zuschauer im Halbkreis mit gerade einmal drei Metern Abstand um die Schützen herumsitzen. "Wir wollen den Sport so präsentieren, dass man ihn erleben kann", sagt Waldeck. "Ich bin gespannt, wie das ankommt." Mehr als 20 Helfer sind seit einigen Tagen mit dem Aufbau der Anlage beschäftigt. Der Klub putzt sich heraus, hat eigens neue Zielscheiben angeschafft. Die allerdings werden nach dem Wettkampf weiterverkauft, um Kosten zu sparen.

Überhaupt muss der PSV trotz aller Euphorie zusehen, nicht auf den Kosten der Veranstaltung sitzen zu bleiben. Auf rund 20 000 Euro schätzt Waldeck die Ausgaben. Der Deutsche Schützenbund stelle nur rund 30 Prozent des benötigten Geldes zur Verfügung. Der Klub ist daher auf zahlreiche Zuschauer angewiesen, Waldeck kalkuliert mit 300 pro Wettkampftag. Es sei zwar Urlaubszeit, aber von Olympia erhoffe er sich einen ordentlichen Schub. Auch die Wetterprognose stimmt Waldeck zuversichtlich: Temperaturen wie im Hochsommer und Sonnenschein satt. Zumindest Lisa Unruh ist dafür mit ihrem sandfarbenen Anglerhut bestens gerüstet.

Die DM der Bogenschützen findet von Freitag bis Sonntag auf dem Gelände des PSV München in der Franz-Mader-Straße statt. Die Wettkämpfe beginnen täglich um 9 Uhr, die Finals starten jeweils gegen 13.30 Uhr, der Eintritt ist frei.

© SZ vom 26.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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