Bogenhausen:Wastl Fanderl via Whatsapp

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An der Münchner Schule für Bairische Musik in Bogenhausen schließen sich Traditionspflege und moderner Unterrichtsstil nicht aus. Ziach und Hackbrett sind bei den Jüngeren wieder beliebt

Von Franziska Koohestani, Bogenhausen

"Noch schnell ein Faust-Check!", sagt Benedikt Landenhammer und streckt Sylvester, der ihm gegenüber sitzt, seine geballte Faust entgegen. Der Zehnjährige kichert und boxt mit der eigenen, die kaum halb so groß ist, gegen die seines Lehrers. Dann machen die beiden einen Zeitsprung: Sie spielen die "Sternpolka", ein Volksmusik-Stück, jeder auf seiner Ziach, dem diatonischen Akkordeon. Vor drei Jahren hat Sylvester mit dem Unterricht in der Münchner Schule für Bairische Musik an der Mauerkircherstraße 52 angefangen. Wie kommt ein Zehnjähriger dazu, so ein traditionsreiches Instrument zu erlernen?

"Ich kenne niemanden, der es auch spielt. Das ist toll!", sagt er grinsend. Sylvester geht es weniger um die Bewahrung einer Tradition, für ihn zählt etwas anderes: "Am besten gefällt mir, dass sie so schön aussieht, viel besser als so ein schwarzes Schifferklavier!" Bunt verziert mit Blumen und Ornamenten passt die in Holz gefasste Ziach außerdem perfekt zu der dunkelgrünen Tracht, die Sylvester an diesem Tag trägt.

Zu Benedikt Landenhammer, seinem Lehrer, hat er ein freundschaftliches Verhältnis. "Bei komplizierten Stellen schließen wir immer eine Wette ab", erzählt Landenhammer. "Ich wette zum Beispiel, dass er es nicht schafft, die Stelle zehnmal hintereinander richtig zu spielen. Meistens klappt es dann", fügt er hinzu. Im Unterricht geht es also locker zu - ganz anders, als man es erwarten würde. Gelernt wird nach Gehör. Damit Sylvester auch zu Hause optimal üben kann, nimmt sein Lehrer die Stücke mit dem Smartphone auf und schickt sie via Whatsapp an Sylvesters Mutter. "Volksmusik bedient sich modernster Mittel", erklärt Landenhammer.

Begleitet von ihrer Lehrerin Sissy Mayhofer, übt die elfjährige Clara auf dem Hackbrett. (Foto: Lukas Barth)

Die Musikschule besteht seit 1971 und sieht sich in der Tradition ihres Namensgebers, des Volksmusik-Bewahrers Wastl Fanderl (1915-1991). Unterricht für traditionelle Instrumente wie Flügelhorn, Hackbrett oder Zither wird dort, in einer ungewöhnlichen Umgebung, angeboten. Denn die Schule ist mitten in einem Bogenhausener Wohngebiet, in einem herrschaftlichen Haus aus den zwanziger Jahren untergebracht. Hohe Decken und verwinkelte Zimmer schaffen eine heimelige Atmosphäre. Der Anteil der älteren Schüler hält sich mittlerweile die Waage mit dem der jüngeren.

Genauso sieht es auch das Konzept der Musikschule vor: Jeder Schüler, ob jung oder älter, soll Freude und Begeisterung für traditionelle Instrumente entwickeln. Laut Moritz Demer, Leiter der Schule, ist dafür ein breites Angebot entscheidend: Neben dem Einzelunterricht veranstaltet die Schule zahlreiche gemeinschaftliche Treffen, beispielsweise Kammermusik-Abende und Chöre für Senioren genauso wie für Kinder. "Wir bieten neben dem Unterricht auch ein Podium zum Vorspielen", sagt Demer. 40 bis 50 Projekte organisiert die Schule jährlich, um die Volksmusikkultur nicht nur intern zu verbreiten, sondern auch nach außen zu tragen. "Unsere Schüler sollen Musik nicht nur erlernen, sondern auch erfahren."

Seit drei Jahren spielt der zehnjährige Sylvester die Ziach. (Foto: Lukas Barth)

Seit viereinhalb Jahren nimmt die elfjährige Clara Hackbrett-Unterricht in einem der kleinen Musikzimmer im ersten Stock. In Claras Familie hat das Instrument eine gewisse Tradition, bereits ihre Mutter hat es gespielt. "Als ich klein war, habe ich auf ihrem alten Hackbrett rumgeklimpert" , erzählt die Elfjährige. Mittlerweile beherrscht sie es und hat sichtlich Spaß dabei. Ähnlich wie Benedikt Landenhammer und Sylvester scheinen auch sie und ihre Lehrerin Sissy Mayhofer eine eingespieltes Team zu sein. Mit einem beständigen Lächeln auf den Lippen spielen sie gemeinsam das "Mondlied", ihr Lieblingsstück. Sissy Mayhofer sagt: "Wir freuen uns immer wieder aufs Neue, wenn wir uns sehen!"

Clara ist begeistert von ihrem Instrument, auch wenn es hohe Konzentration voraussetzt. "Nur der Name Hackbrett passt nicht", findet sie. "Da denkt man sofort an Metzgereibedarf", ergänzt ihre Lehrerin lachend.

Jeden zweiten und vierten Montag im Monat können Anfänger sowie Fortgeschrittene an Volkstanz-Übungsabenden im Pfarrsaal "Heilig Blut", Scheinerstraße 12, teilnehmen. Ein Singkreis für Erwachsene trifft sich in der Schule immer donnerstags um 19.30 Uhr zur "Bairischen Singstunde". Nähere Infos unter www.schule-bairische-musik.de

© SZ vom 29.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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