Bogenhausen:Lösung mit Pferdefuß

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Fünf Jahre muss der Altbau (rechts) für die Schüler des Hausenstein auf jeden Fall noch ausreichen. Der Neubau (links) bringt nur wenig Entlastung. (Foto: Robert Haas)

Drei Standorte für einen Neubau des Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums, das unter extremer Platznot leidet, sind gefunden. Die Schule favorisiert den Salzsenderweg, dort würde jedoch die Grünschneise angetastet

Von Ulrike Steinbacher, Bogenhausen

Liefe die Geschichte von der Renovierung des Bogenhauser Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums (WHG) im Kino, es würde sich um einen französischen Problemfilm handeln: Alle reden, nichts passiert. Mit der jüngsten Wendung aber sieht es so aus, als könnten die Drehbuchschreiber von der Stadtverwaltung der Handlung doch noch ein Happy End verpassen: Statt der vielfach verschobenen Sanierung favorisieren sie jetzt einen Neubau. Drei mögliche Standorte sind dafür gefunden, die Schule selbst hat sich schon einen Favoriten ausgesucht, auch wenn der Bezirksausschuss (BA) noch mit dessen Nachteilen hadert. Würde die Lösung umgesetzt, könnte Bogenhausen später sogar ein zweites Gymnasium am heutigen WHG-Standort bekommen. Der größte Haken an der Sache: Bis entschieden, geplant und gebaut ist, dauert es noch einmal fünf Jahre.

Das Hausenstein wurde in den Siebzigerjahren für 900 Kinder errichtet und ist in Münchens drittgrößtem Stadtbezirk mit 80 000 Einwohnern das einzige Gymnasium, das Buben und Mädchen offen steht. Seit Jahren liegt die Schülerzahl deutlich über 1200, Direktor Wolfgang Hansjakob musste 2015 sieben Eingangsklassen bilden. Acht wären es geworden, wenn er nicht Schüler abgewiesen hätte.

Es ist also eng an der Schule, extrem eng sogar - trotz des Erweiterungsbaus mit sieben Klassenzimmern, der 2013 in Betrieb ging, und der Container-Anlage auf dem Hof für vier Klassen. Den maroden Altbau zu renovieren und zu erweitern wird seit 2007 diskutiert. Erst war eine schlichte Sanierung geplant, aber dann schwenkte das Referat für Bildung und Sport (RBS) auf eine große Lösung um. Diese Generalsanierung entpuppte sich als zu teuer, die abgespeckte Version wiederum brächte der Schule keinen Platzgewinn.

Inzwischen sind außerdem wegen der Nachfrage die Preise für Containerbauten explodiert. Was es kosten würde, das komplette Hausenstein für die Sanierung in eine Pavillonanlage auszulagern, wollte Salome Benz vom Baureferat bei einer Sondersitzung der Bogenhauser BA-Mitglieder nicht sagen. "Im mehrstelligen Millionenbereich" liege die Zahl. "Und nicht im unteren Segment" ergänzte die BA-Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne).

Jedenfalls will die Stadtverwaltung das viele Geld nicht in Container stecken. Und so entstand die Idee, auf die Sanierung zu verzichten und das Hausenstein gleich neu zu bauen. Drei städtische Grundstücke kommen aus Sicht von RBS, Bau- und Planungsreferat dafür in Frage. Zum einen das Schulgelände an der Elektrastraße selbst: Der Neubau könnte im Norden des Areals auf den Sportflächen entstehen, für die es nach Abriss des Altbaus im Süden Ersatz gäbe. Allerdings ist es eng: Der Neubau würde zusammengedrängt, das Erweiterungsgebäude von 2013 wäre abgehängt, und der neue Sportplatz bräuchte massiven Lärmschutz.

Möglichkeit zwei ist ein Areal an der Brodersenstraße neben der Rudolf-Steiner-Schule. Dort wäre zwar grundsätzlich genug Platz für das Hausenstein, doch die Steiner-Schule nutzt einen Teil des Grundstücks für ihre Sportflächen, und der Pachtvertrag läuft bis 2029. Es wären also Verhandlungen notwendig, womöglich langwierige.

Standort Nummer drei ist die Freifläche am Salzsenderweg, auf der die Stadt in Zusammenarbeit mit den Anwohnern seit einigen Jahren einen Klimapark entwickelt. Damit ist auch gleich der Pferdefuß benannt: Der Schulbau mit seinen 20 000 Quadratmetern würde im Süden des 140 000 Quadratmeter großen Grünzugs stehen und die Frischluftschneise einengen. Außerdem müsste das Trainingsgelände des Radsportvereins Tret-Lager eingeebnet werden. Und schließlich wäre ein Bebauungsplanverfahren notwendig, das Zeit kostet.

Um den Grünzug zu schonen, könnte man aber mit einer versenkten Turnhalle und begrünten Dächern arbeiten, sagte Benz. Ihre Kollegen, die im Baureferat für den Klimapark zuständig sind, seien über den Standort "schon ein bisschen geschockt gewesen", hielten ihn aber "für vertretbar". Pilz-Strasser sagte, der BA werde einen Wettbewerb für eine gute Lösung fordern. Die Stadtviertel-Vertreter wollen bis zur Sitzung am 12. April eine Stellungnahme formulieren.

Die Entscheidung ist schwierig, denn die Standorte Brodersenstraße und vor allem Salzsenderweg haben trotz aller Probleme einen grundsätzlichen Vorteil für die Infrastruktur: Würde das sechszügige Hausenstein dorthin verlagert, könnte das alte Gelände an der Elektrastraße später für eine zweite weiterführende Schule in Bogenhausen genutzt werden, kündigte Hans-Jürgen Stein vom RBS an. Langfristig ist sogar ein drittes Gymnasium denkbar: Matthias Gillmann vom Planungsreferat erinnerte daran, dass das Gelände an der Brodersenstraße ohnehin als Schulstandort vorgesehen ist, wenn die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) umgesetzt und östlich der S-Bahn ein neues Quartier für mindestens 10 000 Menschen errichtet wird.

Schuldirektor Hansjakob sagte, die Schulfamilie habe ihre Wahl schon getroffen: Sie wolle an den Salzsenderweg ziehen. "Was besseres als ein Standort im Grünen kann einer Schule nicht passieren." Dass man darauf weitere fünf Jahre warten muss, nimmt Hansjakob in Kauf. "Wir sind eine sehr geduldige Schule."

© SZ vom 19.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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