Bogenhausen:Funzel statt Leuchtturm

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Vorbild: Auch die GWG-Häuser in Sendling sind aus Holz gebaut. (Foto: Stephan Rumpf)

Fernwärme lässt in den Augen der Grünen die ökologische Mustersiedlung zu einem Flop werden

Von ulrike Steinbacher, Bogenhausen

Als Leuchtturmprojekt des ökologischen Bauens haben die Grünen die ökologische Mustersiedlung im Prinz-Eugen-Park einst gefeiert, inzwischen sind sie nur noch enttäuscht. Der Stadtrat strich Ende Oktober - die Stimmen der SPD machten es möglich - den ursprünglich vorgesehenen Plus-Energiestandard. Jetzt werden die 450 Wohnungen an die Fernwärmeversorgung angeschlossen, was aus Sicht der Grünen völlig unökologisch ist, weil damit Steinkohle zum Einsatz kommt. An Musterhaftem ist von der Mustersiedlung damit nur die Holzbauweise übrig, in der die bis zu siebenstöckigen Häuser in dem neuen Quartier an der Cosimastraße im südlichen Oberföhring errichtet werden sollen - was den Grünen zu wenig ist.

Doch im Bezirksausschuss Bogenhausen verpuffte jüngst ihr Versuch, wenigstens auf Stadtbezirksebene schnell zu reagieren und mit einer kritischen Stellungnahme zu fordern, dass der Stadtrat seine Entscheidung zurücknimmt. "Ich habe mich in den letzten 20 Jahren noch nie so über einen Stadtratsbeschluss geärgert", sagte die Bogenhauser Bezirksausschussvorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne), als sie den Antrag vorstellte, den neben den Grünen auch Nicola Holtmann (ÖDP) und Xaver Finkenzeller (CSU) unterschrieben hatten. In den vergangenen Jahren habe es neun Veranstaltungen gegeben, um die Bürger über dieses Projekt zu informieren und sie daran zu beteiligen, zählte Pilz-Strasser auf. Inhaltlich habe sich in dieser Zeit nichts geändert. Sie verstehe also nicht, "warum der Stadtrat jetzt sagt: ,Pustekuchen'". Dies untergrabe auch "die Verlässlichkeit unserer Aussagen". Der Antrag forderte daher, zur ursprünglichen Bauform zurückzukehren und damit zum Plus-Energiestandard.

Nicola Holtmann schlug dann aber vor, den letzten Satz der Antragsbegründung in den Antragstext selbst zu übernehmen. Er lautet: "Sollte der Stadtrat seine Entscheidung nicht revidieren, hat das Projekt seinen Namen ,ökologische Mustersiedlung' nicht verdient und muss in ,Holzbausiedlung' umbenannt werden."

Das wiederum wollte die CSU nicht mittragen. Er könne die Verärgerung nachvollziehen, sagte Robert Brannekämper (CSU). Man könne über die Form streiten und den Mangel an Kommunikation kritisieren, inhaltlich aber sei die Stadtratsentscheidung schon nachvollziehbar. Auch ohne den Plus-Energiestandard werde die Mustersiedlung einen hohen Qualitätsstandard erfüllen. Andererseits werde dadurch Geld frei, um mehr Wohnungen zu bauen. Die Stadträte "können jeden Euro nur einmal ausgeben", sagte Brannekämper und fügte hinzu, "in einer Stadt mit brutaler Wohnungsnot" sei das Geld so besser investiert.

Holger Machatschek (Grüne) sprach dagegen von einem "historischen Rückschritt". Die Sozialdemokraten schlugen vor, das Thema zu vertagen, was mit den Stimmen von CSU und SPD dann auch prompt geschah. Anders als Pilz-Strasser sah Wolfgang Helbig (SPD) keinen Zeitdruck, der Beschluss im Stadtrat sei ja schon gefallen. Im Unterausschuss könne man noch einmal darüber diskutieren. Bei aller Kritik "hat es schon was für sich, dass man beim Geldausgeben ein bisschen nachdenken muss", merkte Helbig noch an.

© SZ vom 05.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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