Landgericht München:Ehepaar soll Tierarzt um fast 700 000 Euro gebracht haben

Lesezeit: 2 Min.

Das viele Geld soll teilweise an der Straße übergeben worden sein. (Foto: Complize/Imago/Shotshop)

Der Veterinär soll dem Autohändler und dessen Frau über Jahre hinweg immer wieder viel Geld gegeben haben - angeblich für Mietschulden, Notargebühren oder eine Ablöse. Vor dem Landgericht könnte es für die beiden eng werden.

Steven J. wirkt reichlich zerknirscht, als er am Montagmorgen auf der Anklagebank in Sitzungssaal B166 des Strafjustizzentrums Platz nehmen muss. Das mag daran liegen, dass der Autohändler bereits geraume Zeit in Untersuchungshaft sitzt und ihm seine Verteidiger gesagt haben, dass er mit einer durchaus langen Haftstrafe rechnen muss, sollte er für das verurteilt werden, was ihm die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage zur Last legt. Es geht um banden- und gewerbsmäßigen Betrug in einer Vielzahl von Fällen.

Bei dem mutmaßlichen Opfer handelt es sich um einen Tierarzt. Steven J. und seine Frau Vanessa, die mit auf der Anklagebank sitzt, sich aber auf freiem Fuß befindet, sollen den 59-Jährigen zwischen November 2016 und September 2021 um 669 000 Euro betrogen haben.

Ursprünglich war auch J.s Mutter mitangeklagt. Da aber die Vorwürfe gegen sie inzwischen verjährt sind, muss sie sich in dem Prozess vor der 10. Strafkammer am Landgericht München I nicht mehr verantworten. Im November 2016 sollen der 34-jährige Steven J., seine Mutter sowie seine Frau Vanessa den Entschluss gefasst haben, den Tierarzt dazu zu bringen, ihnen Geld zu übergeben.

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Nach den Angaben eines Verteidigers kannten sich Steven J. und der Tierarzt gut, da dieser bei dem 34-Jährigen seine Autos kaufte. Den Ermittlungen zufolge übergab der Veterinär Geldbeträge von bis zu 156 000 Euro an J.s Frau in der Wasserburger Landstraße. Zur Übergabe dieses Betrags soll es Anfang August 2018 gekommen sein. J.s Mutter und seine Frau Vanessa sollen dem Tierarzt erklärt haben, sie bräuchten das Geld für eine angebliche "Ablöse" für Steven J., weil er in Rumänien inhaftiert sei. Nur zwei Monate später soll der Tierarzt J.s Frau 54 500 Euro überreicht haben. Angeblich brauchte die 30-Jährige das Geld, weil ihr Mann gegen Meldeauflagen verstoßen habe. Ein andermal bezahlte der Veterinär dann angebliche Mietschulden für Steven J., Bankgebühren, Notargebühren oder Essen für die Kinder der beiden. Warum er die Bitten um Geld nicht hinterfragt hat, blieb zum Auftakt des Prozesses unklar. Der Arzt soll an einem der kommenden Verhandlungstage als Zeuge gehört werden.

Steven J. und seine Frau haben über ihre Verteidiger Hartmut Girshausen und Michael Pösl angekündigt, Geständnisse abzulegen. Da Steven J. bei einer Verurteilung unter Einbeziehung von Vorstrafen eine Haft von bis zu acht Jahren droht, will er den Schaden wiedergutmachen und 300 000 Euro zahlen. Seine Frau kündigte über ihren Verteidiger an, sie wolle 100 000 Euro Schadenswiedergutmachung leisten. Sollten die Beträge bis zum Ende der Verhandlung gezahlt werden, kann Steven J. mit einer Haftstrafe zwischen sechs Jahren, drei Monaten und sechs Jahren, vier Monaten rechnen. Seine Frau könnte womöglich mit einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt zur Bewährung, davonkommen.

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