Bericht des Wirtschaftsreferenten:Reiches München, teures München

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Der Immobilienmarkt in der gesamten Region boomt, die Münchner Stadtkasse und viele Privatkonten sind gut gefüllt. (Foto: dpa)

Für Dieter Reiter ist es die Münchner Wirtschaftsnachricht des Jahres: Nirgends findet man so leicht einen Job wie hier. Das hebt die Kaufkraft - und treibt die Mieten in die Höhe. Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick.

Von Katja Riedel

Für Dieter Reiter ist es die Münchner Wirtschaftsnachricht des Jahres, der Wirtschaftsreferent nennt sie einen "sensationellen Wert": 2012 ist die Anzahl sozialversicherungspflichtig Beschäftigter um 3,4 Prozent gestiegen - so stark wie seit zwölf Jahren nicht mehr. 24.400 neue Stellen wurden in den 93.500 Münchner Unternehmen geschaffen, innerhalb von vier Jahren sind es damit nahezu 50.000, die überwiegende Mehrheit im Dienstleistungssektor. In Zeiten von Leiharbeit und Werkverträgen sei dies ein gutes Zeichen. Die wichtigsten Entwicklungen des Wirtschaftsraums München im Überblick.

Arbeit und Ausbildung

Auch die Arbeitslosenquote ist auf ein Zehnjahres-Tief gesunken, auf 4,6 Prozent. Die Münchner Arbeitsagentur geht davon aus, dass die Chancen, einen Arbeitsplatz zu finden, bundesweit in München am höchsten sind. Gestiegen ist auch die Beschäftigungsquote von Frauen: und zwar von 62 Prozent 2001 auf 71 Prozent 2011. Probleme gibt es beim Nachwuchs: Für 1800 Ausbildungsplätze finden die Münchner Unternehmen derzeit keine geeigneten Bewerber, das sind noch einmal 450 mehr als im Vorjahr - ein Phänomen, das es früher in München nicht gegeben habe, sagte Reiter. Und das er sich mit den hohen Lebenshaltungskosten in der Landeshauptstadt nur teilweise erklären kann. Schließlich gibt es zugleich 110 000 Studierende, die diese Kosten auch tragen müssen. München ist insgesamt ein dynamischer Wirtschaftsraum: 17,5 Prozent aller bayerischen Gewerbe werden in München angemeldet. 23 140 waren es 2012, etwa sieben Prozent weniger als im Vorjahr. 17 Prozent der Münchner Beschäftigten waren im produzierenden Gewerbe tätig, mehr als in anderen Großstädten; allerdings sind nur etwas mehr als 1000 Stellen in diesem Bereich entstanden, das produzierende Gewerbe wächst also unterdurchschnittlich.

Kaufkraft

Die Münchner haben so viel Geld im Portemonnaie wie in keiner anderen deutschen Großstadt - zumindest durchschnittlich. Zudem ist die Landeshauptstadt umgeben von drei der kaufkraftstärksten Landkreise: Starnberg, München und Ebersberg. Jeder Münchner, vom Säugling bis zum Greis, bekommt durchschnittlich 26 000 Euro netto im Jahr - ein Wert, der zwar weit über dem Bundesdurchschnitt liegt, aber trotzdem wenig aussagt. Denn laut Dieter Reiter zeigt der Wert nur, dass es in München besonders viele Menschen gibt, die besonders viel verdienen und den Wert so nach oben treiben.

Kommunalfinanzen

Relativ reich sind nicht nur die Einwohner und prosperierend die Unternehmen - auch die Stadtkasse profitiert von diesem Reichtum. 5,2 Milliarden Euro flossen 2012 in den städtischen Haushalt. Der Löwenanteil kam dabei aus Steuereinnahmen. Sowohl Gewerbe- als auch Einkommensteuer entwickelten sich positiv: mit 1,7 Milliarden sowie 823 Millionen Euro. Bei beiden rechne die Kämmerei 2013 mit Zuwächsen, sagte Wirtschaftsreferent Reiter am Donnerstag. Die Landeshauptstadt konnte so 2012 281 Millionen Euro Schulden tilgen und hat so den niedrigsten Schuldenstand seit 1987. Auf die Münchner umgelegt, steht jeder Einwohner mit 946 Euro städtischer Schulden in der Kreide. Deshalb gibt die Stadt auch kräftig Geld aus, um die soziale Infrastruktur für die beständig wachsende Stadt sicherzustellen: Im Mehrjahresinvestitionsprogramm sind für die Jahre 2012 bis 2016 mehr als 3,3 Milliarden Euro fest verplant. Damit sollen unter anderem Schulen und Verkehrswege ausgebaut werden. Auch dies ist laut Wirtschaftsreferat in Deutschland ein Spitzenwert.

Immobilienmarkt

Der Leerstand bei den Gewerbeimmobilien wird kleiner - weil die Branche erkannt hat, dass es sinnvoller ist, Wohnungen zu bauen und sich so inzwischen einst leere Büroflure füllen. Immer noch stehen aber knapp sieben Prozent der Büroflächen leer - 1,37 Millionen Quadratmeter. Dem Wohnungsmarkt nützt das bisher wenig: Eine Untersuchung von elf Büroimmobilien habe Reiter zufolge ergeben, dass nur zwei in Wohnungen umgebaut werden könnten. Bei allen anderen sei dies entweder zu teuer oder es gebe andere Hindernisse, etwa beim Lärmschutz. 715 000 Quadratmeter Bürofläche wurde 2012 umgesetzt, also nicht gebaut, sondern neu genutzt. Wohnungs- und Gewerbebau zusammengenommen, sind laut Gutachterausschuss für Grundstückswerte noch nie so viele Immobilienwerte umgesetzt worden wie im vergangenen Jahr: 9,9 Milliarden Euro. Der Boom auf dem Immobilienmarkt sowie die steigenden Mieten und alle damit einhergehenden Probleme seien auch der wirtschaftlichen Lage der Landeshauptstadt geschuldet, betonte Reiter. Bei allem Drang, nach geeigneten Flächen für neue Wohnungen zu suchen, macht sich Reiters Referat weiter dafür stark, die Mischung aus Gewerbe und Wohnen in der Stadt nicht zu vernachlässigen.

© SZ vom 05.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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