Berg am Laim:Verkehr, Verkehr, Verkehr

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Zweispurig Stau auf der Berg-am-Laim-Straße. Kritiker eines Rückbaus fürchten, dass die Blechlawine dann einfach nur noch länger wäre. (Foto: Florian Peljak)

Der Stadtbezirk im Osten wächst und damit auch die Blechlawinen und die Staus. Kein Wunder also, dass das Thema die Bürgerversammlung dominierte. Diese vermisst ein umfassendes Mobilitätskonzept

Von Renate Winkler-Schlang, Berg am Laim

Mehr als 200 Bürger in der Turnhalle des Michaeligymnasiums, mehr als 20 Redner mit teilweise fünf Anträgen: Die Berg am Laimer zeigten bei der Bürgerversammlung am Donnerstagabend, dass sie die Entwicklung und die Probleme ihres Viertels ernst nehmen. Die Versammlungsleiterin, Bürgermeisterin Christine Strobl, und der Bezirksausschuss-Vorsitzende Robert Kulzer (beide SPD) ernteten in ihren knappen, informativen Berichten auch höhnische Lacher: Bei den Dauerbrenner-Themen Griechische Schule und Offenlegung des Hachinger Bachs fehlt den Bürgern offenbar inzwischen der Glaube an gute Lösungen. Die Versammlung forderte, den Bach schnell zu realisieren und in der Causa Griechische Schule die Bürger über alle bisherigen Kosten zu informieren.

Die meisten Probleme aber resultieren aus dem Wachstum des Viertels, dessen Bevölkerungszahl in zehn Jahren bis auf 60 000 steigen soll. Kulzer beobachtet, dass es für vieles, was die Gemeinschaft braucht, keine Flächen mehr gibt, für Künstler und Musiker etwa oder für eine neue Montessorischule. Kürzlich hatte die GWG einen Laden zu vermieten - es bewarben sich laut Kulzer 15 soziale Einrichtungen oder Vereine, 14 suchen also immer noch nach einem Domizil. Dazu passten Anträge wie der von Walburga Hopf, dass die Stadtwerke bei der Bebauung des früheren Busbahnhofs Michaelibad lieber Senioren oder Azubis berücksichtigen solle als Büros zu schaffen. Zudem solle die Bebauung fünf Stockwerke nicht überschreiten. Sie erntete Applaus. Immerhin: Für das Kulturbürgerhaus am Michaelianger soll, so Kulzer, noch in diesem Jahr der Stadtratsbeschluss gefasst werden, danach werde es wohl fünf Jahre bis zur Realisierung dauern. Und es kommen zwei neue Grundschulen: Die im Werksviertel ist begonnen, die an der St.-Veit-Straße beschlossen - ebenso wie der Campus Ost mit neuer Ludwig-Thoma-Realschule.

Das alles dominierende Thema aber war wieder einmal der Verkehr: Dass der BA jüngst mit knapper Mehrheit die Verschmälerung der Hauptverkehrsachse Berg-am-Laim-Straße als Prüfantrag an die Stadt herangetragen hatte, entpuppte sich als das Aufreger-Thema des Abends. Mehrere Redner wie Bernd Chitka, Stefan Abat oder Stefan Hofmeir verlangen, diesen Vorstoß zu stornieren oder zumindest zurückzustellen, bis es ein umfassendes Verkehrskonzept für den ganzen Münchner Osten gebe. Berg am Laim solle "erreichbar bleiben". Kulzer warb jedoch für die Chance, die dieser Antrag darstellen könnte: "Wir wollen kein Chaos", versprach er. Der Rückbau werde sicher nicht sofort umgesetzt - der Antrag könne aber einen notwendigen Denkprozess in Gang setzen. Dies bestätigte sinngemäß auch eine Vertreterin des Planungsreferats.

Kulzer erklärte, für eine Verschmälerung habe die Magistrale derzeit mit 24 000 Autos in 24 Stunden nur rund zehn Prozent zu viel - dies lasse sich doch sicher einsparen, wenn, etwa durch die Parklizenzierung, ein Teil der Pendler abgeschreckt werde. Die Abstimmung der Anträge ging ähnlich knapp aus wie im Bezirksausschuss: Die Mehrheit der Bürger aber steht offenbar auf Seiten derer, die sich eine Reduzierung des Autoverkehrs wünschen. Sie lehnte die Anträge ab.

Trotzdem fordern die Berg am Laimer aussagekräftige, umfassende und aktuelle Verkehrsgutachten. Sie wollen überhaupt besser informiert werden und mitreden bei großen Projekten - wie der Bebauung des Ackers an der Truderinger Straße mit bis zu 820 Wohnungen. Ein Bürger, der es im Übrigen "unverschämt" fand, dass kein einziger Stadtrat der Sitzung beiwohnte, forderte eine "Bürgerbeteiligungssatzung": Dann könnten die Bürger mit beurteilen, wo die Stadträte "Abwägungsfehler" begingen, und sei es, weil die Verwaltung sie unzureichend informiere. Thomas Richter sprach von "Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe" und verlangte dafür eine städtische Koordinierungsstelle. Die Versammlung stimmte ihnen zu.

Ebenso befürworteten die Bürger den Antrag Richters, die Frischluftversorgung der Stadt angesichts des Klimawandels ernst zu nehmen und "keine klimarelevanten Frischluftflächen" zu bebauen, darunter etwa frei werdende Bahnflächen.

Bunt war der Rest der Themen. So forderte Constanze Kobell eine öffentliche Ernteaktion der Streuobst-Apfelbäume im Michaelianger. "Ja" sagten die Bürger auch zum Ruf nach einem Halt der Flughafen-Express-S-Bahn und zu beschleunigtem Glasfaserausbau. Ein Dorn im Auge sind ihnen auch parkende Reisebusse an der Neumarkter Straße. Für die Polizei erklärte Bettina Bartl - und dies sehr ausführlich - , dass Berg am Laim "ein sicheres Pflaster" sei.

© SZ vom 13.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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