Berg am Laim:Gerangel um jede Spur

Lesezeit: 2 min

Trambahn, Busse, Autos, Fußgänger und Radler: Auf der Berg-am-Laim-Straße (hier an der Kreuzung Ampfingstraße) ist fast immer viel los. Und wenn es besonders eng wird, stehen alle im Stau. Nun wird nach Rezepten gesucht, um die Situation zu verbessern. (Foto: Privat)

Die CSU im Münchner Osten geißelt den Vorstoß von SPD und Grünen, die Hälfte der Berg-am-Laim-Straße für Radler und Fußgänger zu reservieren. Außerdem fordern die Christsozialen ein umfassendes Verkehrsgutachten

Von Ulrike Steinbacher, Berg am Laim

Die CSU im Münchner Osten hält an ihrer Forderung nach einem umfassenden Verkehrsgutachten fest, das nicht nur den gesamten östlichen Stadtraum, sondern auch die angrenzenden Kommunen im Landkreis München einbezieht. "Das müssen wir nochmal angehen", sagte der Landtagsabgeordnete und CSU-Kreisvorsitzende Robert Brannekämper bei einer Veranstaltung des Ortsverbands Berg am Laim zum Thema Verkehr. Eine großräumige Studie sei notwendig, um realistische Zahlen zu bekommen. Verkehrsuntersuchungen zu einzelnen Bauprojekten, wie die Stadtverwaltung sie liefert, bilden nach Brannekämpers Meinung die Realität nicht ab.

In Auftrag geben und bezahlen würden die Lokalpolitiker eine solche Studie selbst - aus den Budgets der Bezirksausschüsse (BA). Aber dazu sagt das Planungsreferat "Nein". Im März lehnte die Behörde einen entsprechenden Antrag aus Berg am Laim ab, im Mai einen aus Bogenhausen. In der Antwort auf einen gemeinsamen Vorstoß der Gremien Berg am Laim, Trudering-Riem und Bogenhausen vom Frühjahr wird darauf verwiesen, dass das Referat "projektbezogene Verkehrsgutachten" verwendet mit Zahlen von 2015 bis 2018 und Prognosen für 2030. Aus den seitenlangen Begründungen der negativen Stellungnahmen lässt sich herauslesen, dass das Planungsreferat eine solch umfassende Verkehrsstudie schlicht für unnötig hält. Sie würde auf denselben Daten beruhen wie bisherige Untersuchungen und daher ähnliche Ergebnisse liefern. Die 300 000 Euro, die das mindestens kosten würde, wären daher hinausgeworfenes Geld, argumentiert die Behörde sinngemäß.

Sie führt aber auch einen formalen Aspekt an: Ein Bezirksausschuss könne nicht einfach machen, was er will und sich irgendwo ein Gutachten besorgen. Vielmehr müsse er es bei der zuständigen Fachstelle bestellen, die dann erst einmal die Notwendigkeit prüfe. Diese Fachstelle aber ist das Planungsreferat selbst, und dort wird die Notwendigkeit verneint.

An diesem Punkt der Behörden-Argumentation will Brannekämper ansetzen, um die erwünschte Studie doch noch durchzudrücken. "Notfalls müssen wir ein Rechtsgutachten machen, ob es für die Stadt zulässig ist, Gutachten zu untersagen", sagte er in Berg am Laim. "Bis Jahresende" solle die Frage geklärt sein. Der Ortsvorsitzende Fabian Ewald hält es auch für denkbar, dass eine Bürgergruppierung oder -initiative als Auftraggeber einer solchen Untersuchung fungiert und dafür aus dem BA-Budget einen Zuschuss erhält.

Im Mittelpunkt der CSU-Veranstaltung stand aber eine ganz konkrete Verkehrsachse: die vierspurige Berg-am-Laim-Straße, auf der sich gerade im Berufsverkehr lange Staus bilden. Da im März 2020 Kommunalwahlen stattfinden, könnten die Lösungsvorschläge, die Lokalpolitiker unterschiedlicher Couleur für dieses Problem entwickeln, gerade gegensätzlicher nicht sein. SPD und Grüne in Berg am Laim fordern, dem Autoverkehr zwei der vier Spuren wegzunehmen und sie Radlern und Fußgängern zur Verfügung zu stellen. Der Autoverkehr solle zurückgedrängt, die Stadt den Menschen zurückgegeben werden, argumentieren sie und setzten ihren Antrag Ende Juni mit einer Stimme Mehrheit durch. CSU und ÖDP scheiterten im Juli mit ihrem Gegenentwurf: Sie forderten, die Berg-am-Laim- und die Kreillerstraße, wie diese Abschnitte der Bundesstraße 304 im Münchner Osten heißen, in einen Tunnel zu verlegen.

Die Tunnel-Idee spielte dann diese Woche beim Gesprächsabend der CSU keine Rolle mehr. Er war dennoch vom Kommunalwahlkampf geprägt, alle Redner geißelten vor gut 30 Zuhörern den "Schaufensterantrag" der SPD. Würden zwei Fahrspuren gestrichen, fielen etwa 440 Parkplätze weg, der Stau verlängere sich räumlich und zeitlich, der Parksuchverkehr dränge in die angrenzenden Wohngebiete.

Mit starken Einbußen für Geschäftsleute und Handwerker sei zu rechnen, von den Problemen für Senioren, Behinderte und Rettungsdienste ganz zu schweigen. Alexander Mihatsch, Ortsverbandschef der Jungen Union, beklagte einen "ideologischen Feldzug gegen das Automobil". Ein Ausbau von Nahverkehr und Radinfrastruktur sei zu befürworten, sagte Fabian Ewald. Dies dürfe aber nicht auf Kosten des Autoverkehrs geschehen: "Mobilität ist ein Grundbedürfnis."

© SZ vom 09.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: