Berg am Laim:Der Traum vom autofreien Quartier

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Für die Gestaltung des Neubau-Viertels auf dem Acker an der Truderinger Straße ist ein städtebaulicher Wettbewerb vorgesehen. In einem Workshop konnten Bürger ihre Bedenken und Wünsche vorbringen, die den Planungsbüros mitgegeben werden

Von Renate Winkler-Schlang, Berg am Laim

Der Verkehr: Größter Knackpunkt ist immer der Verkehr, wenn Nachbarn eingeladen werden, über ein anstehendes neues Baugebiet zu diskutieren. So auch im Fall des Ackers an der Truderinger Straße, auf dem 750 Wohnungen entstehen sollen. Die Büschl Unternehmensgruppe, die das Gebiet entwickelt, lobt dazu einen städtebaulichen Wettbewerb aus. Den 13 eingeladenen Planungsbüros werden die Bedenken, Wünsche und Ideen mit auf den Weg gegeben, die rund 150 Bürger in einem von Ursula Ammermann moderierten Workshop im Saal des Wohnprojekts an der Berg-am-Laim-Straße auf Karteikarten festgehalten haben.

Die Angst vor hohem Parkdruck in den umliegenden Straßen trieb die Bürger dabei genauso um wie die vor einem Verkehrskollaps auf der Truderinger Straße, wohin die neuen Tiefgaragenausfahrten münden werden. Eine Bürgerin machte den Vorschlag, hier ein autofreies Viertel zu planen. Das Chaos, so stand es auf einer der Karten, werde mit diesem Projekt sonst "sehenden Auges" in Kauf genommen. Als Eva Regensburger vom Planungsreferat erklärte, das umliegende Straßennetz werde den Zuwachs nach einem ersten Gutachten aufnehmen können, erntete sie höhnische Lacher. Doch Regensburger verwies auf die hervorragende Anbindung mit S- und U-Bahn, Tram und Bus. Der Bezirksausschuss-Vorsitzende Robert Kulzer (SPD) ergänzte, dass mit dem Projekt auch Verbesserungen kommen werden wie eine neue Bushaltestelle auf Höhe der Roßsteinstraße und der Ausbau der Truderinger Straße mit Fuß- und Radweg auf beiden Seiten.

Auf dem Acker An der Truderinger Straße sollen 750 Wohnungen entstehen. (Foto: Robert Haas)

Kontrovers diskutiert werde im Viertel derzeit, ob eine Verbreiterung der Truderinger Unterführung Staus verhindern könnte - oder ob dies nur mehr Verkehr anziehen würde. Die Bürger machten sich ihre eigenen Gedanken und forderten auf jeden Fall fürs Neubaugebiet viele Radwege und Radlständer, Carsharing und andere pfiffige Auto-Vermeidungs-Ideen. Dazu gehört auch der Ruf der Bürger nach ausreichend Infrastruktur mit Spielmöglichkeiten, Läden, einem Treff für alle Generationen und einer Gaststätte in dem Viertel - was Fahrten vermeiden helfen kann.

Klar ist, dass die neuen Bewohner zwei neue Kitas brauchen werden, dies erläuterte Marie Birnstiel aus dem Planungsreferat. Vorgesehen seien sogar drei, denn Berg am Laim sei insgesamt noch unterversorgt. Eine neue Grundschule werde ohnehin an der St.-Veit-Straße gebaut, das werde reichen, erläuterte sie. Die Frage nach einem Senioren- oder Pflegeheim, die der Bezirksausschuss zuletzt aufgeworfen hatte, beantwortete die Investoren-Seite mit einem Kopfschütteln: Die Stadt scheine dies an dieser Stelle nicht zu wollen.

Bauen auf dem Acker: Bürger wie Matteo Bergamo wollen wissen, was gebaut wird, und äußern dazu ihre Wünsche. (Foto: Robert Haas)

Diskutiert wurde auch intensiv über Dichte und Höhe der neuen Häuser. "Kein zweites Baumkirchen Mitte": Mit dieser Karteikarte prangerte ein Bürger das benachbarte Neubaugebiet als zu dicht bebautes Negativ-Beispiel an. Sein Ziel sei es, sehr nachhaltigen und anspruchsvollen Wohnungsbau zu realisieren, erklärte Ralf Büschl, Vorsitzender der Geschäftsführung der Unternehmensgruppe. Die Familie Rothenfußer, in deren Besitz der Acker seit mehr als 150 Jahren gewesen sei, habe die Hälfte der Fläche behalten und werde auch die Hälfte der Wohnungen behalten, erklärte Walter Rothenfußer den Bürgern: "Unser Vorbild ist die Borstei", sagte er zur Freude der Bürger. Er werde im Preisgericht des Wettbewerbs dafür eintreten, "dass es ein schönes Viertel wird", versicherte Rothenfußer.

Dazu gehört maßgeblich der Hachinger Bach, dessen begleitendes Grün mehr als 13 000 Quadratmeter des 8,3 Hektar großen Gebiets einnehmen soll. Der Bach unterquert Berg am Laim zwischen Ostpark und Hüllgraben derzeit in Rohren, soll aber seit Jahrzehnten schon an die Oberfläche geholt werden. Im Neubaugebiet ist dafür laut dem Planfeststellungsverfahren von 2012 ein Grünzug vorgesehen am südlichen und östlichen Rand des Feldes, inklusive Kneipp-Anlage.

13 eingeladenen Planungsbüros werden die Bedenken, Wünsche und Ideen mit auf den Weg gegeben, die rund 150 Bürger in einem von Ursula Ammermann moderierten Workshop im Saal des Wohnprojekts an der Berg-am-Laim-Straße auf Karteikarten festgehalten haben. (Foto: Robert Haas)

Auf die Fragen der Bürger, ob sie die Offenlegung des Baches denn wirklich noch erleben werden, äußerte sich Horst Burger, Grünplaner im Planungsreferat, "optimistisch". Zwar seien auch noch zwei andere Bach-Abschnitte im Privatbesitz, doch mit der einen Eigentümerin, der Kirche, werde vielversprechend verhandelt. Mit der anderen, der Eisenbahnergenossenschaft, seien die Verhandlungen gescheitert, doch das Baureferat tüftle an einer Ausweichroute fürs Gewässer entlang der Straße und über ein Firmengelände - wofür es bereits positive Signale gebe.

Zur Frage nach dem Zeitplan erklärte Eva Regensburger, dass frühestens 2020 Baurecht bestehen könne, dann werde sukzessive bebaut, die ersten Wohnungen könnten also im besten Fall im Jahr 2022 bezogen werden.

© SZ vom 20.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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