Silvia Mayerhofer sitzt auf einem Stuhl und strahlt. Vor ihr steht ihre Geburtstagstorte, der Raum ist mit Girlanden und Luftballons geschmückt und sie packt ihre Geschenke aus. Viele Freunde sind gekommen, sie singen ihr ein Ständchen. Silvia feiert ihren 50. Geburtstag.
Eine Szene aus dem Film Ich komm gut klar - mit mir!, der an diesem Samstag im Maxim-Kino Premiere feiert. Silvia ist behindert, die ganze rechte Körperhälfte spastisch gelähmt. Sie kann nicht richtig gehen, nicht richtig sprechen. Wenn sie in der Stadt unterwegs ist, dann gaffen die Leute, gucken mitleidig oder machen blöde Bemerkungen.
"Früher hat mir das weh getan. Aber jetzt macht es mir nichts mehr aus", sagt die Frau selbstbewusst, die Arme verschränkt, aber immer lächelnd. Sie sagt, wenn sie etwas nicht versteht und sie sagt, wenn ihr etwas nicht passt. "Denen kann ja auch was passieren. Die brauchen nur einen Unfall haben. Ich kann ja nichts dafür, dass ich behindert bin."
Silvia Mayerhofer lebt allein in einer Wohnung. Sie geht alleine einkaufen, kocht, geht zur Bank. Hilfe braucht sie nur, wenn sie Formulare fürs Amt ausfüllen muss oder wenn es um größere Anschaffungen, zum Beispiel Möbel, geht. Sie arbeitet in einer Firma und ist seit fünf Jahren verheiratet. Kinder mag sie aber nicht - "da hab ich keine Zeit dazu".
Denn ihre Freizeit verbringt sie im Löhe Haus der Offenen Behindertenarbeit in der Blutenburgstraße in Neuhausen. Dort tanzt sie, singt, bedient an der Bar. Und hier hat sie auch Catherina Conrad kennengelernt, eine Filmemacherin aus München. Conrad hat eine Dokumentation über Silvias Leben gedreht - zusammen mit zwei weiteren Münchner Behinderten. "Ich finde es schade, nur etwas über jemanden zu erzählen", sagt Conrad. In ihrem Film bestimmen die Hauptpersonen mit.
Mal bedrückend, mal zum Schmunzeln
Silvia Mayerhofer, Moritz Lück und Judith Pöllmacher sind geistig behindert und stellen in dem Film Ich komm gut klar - mit mir! ihr Leben dar. Was und wo sie drehen, das entscheiden sie zusammen mit Catherina Conrad. Die Kamera bedienen hauptsächlich die drei Hauptpersonen selbst, die Technik hatten sie schnell im Griff. Catherina Conrad dokumentiert mit einer zweiten Kamera die Arbeit.
So entstehen über drei Jahre hinweg authentische Bilder, bedrückende Szenen und Situationen zum Schmunzeln. Pausen dürfen sein, Mikrofone und Stative im Bild stören nicht. Einfühlsam erzählt der Film so vom Leben mit Behinderung. Wenn Judith sagt, dass sie nicht ausziehen will, weil sonst die Eltern traurig sind. Wenn Moritz die Stimme stockt, weil ihn seine Freundin verlassen hat. Wenn Silvia meint, dass sie natürlich lieber gesund wäre.
Ihren Spasmus hat Silvia Mayerhofer seit der Geburt. Mehr weiß sie nicht über ihre ersten Lebensjahre. Irgendwann geben die Eltern sie in ein Kinderheim. Warum, weiß sie nicht. Das Heim besucht Silvia Mayerhofer jetzt mit dem Filmteam nach vielen Jahren wieder und zeigt stolz das Schlösschen und den Garten. "Die waren total streng, die Nonnen, aber wohlgefühlt hab ich mich schon", erzählt sie im Blumengarten. "Hauptsache, ich bin untergekommen. Und nicht so wie früher die kleinen Kinder, die oft umgebracht wurden von den Eltern."
Silvia Mayerhofer ist eine ruhige, überlegte Frau. Aber wenn es um Fußball geht, dann wird sie leidenschaftlich. Sie verpasst kein Heimspiel des FC Bayern, und - natürlich - bei der Meisterfeier war sie dabei. Im Stadion und vor dem Fernseher fiebert sie mit, kommentiert, jubelt. Nur wenn sie sich danach mit Freunden im Löhe Haus trifft, dann zieht sie ihr Fan-Trikot wieder aus. Sie will nicht mit den Fans anderer Mannschaften streiten.
Moritz Lück ist da impulsiver. Er ärgert sich über den Flaschenautomaten. "Meiomei." Dass er seine CDs nicht mehr findet. "Meiomei." Dass ihm der Bus vor der Nase wegfährt. "Ja Meiomei." Was er für ein Mensch sei, fragt das Filmteam ihn. "Friedlich, höflich, nett", antwortet er prompt. "Und gutaussehend." Und was er braucht, damit es ihm gutgeht? "Essen."
Für Catherina Conrad sind das Szenen, die zeigen, dass diese Menschen "ein tolles Leben" führen: "Leben mit Behinderung bedeutet nicht Leiden. Und Arbeit mit Behinderten bedeutet nicht Aufopferung."
Judith Pollmächer ärgert sich manchmal, dass sie das Down-Syndrom hat. "Dass ich zu langsam bin und nicht so gut im Rechnen. Ich möchte halt auch was können, aber ich kann es nicht." Das Mädchen sitzt auf ihrem Bett, ihr kommen die Tränen. Aber gibt es denn auch Dinge, die sie besser kann als andere? Judith strahlt. "Bauchtanz zum Beispiel."
Einen Ausschnitt aus dem Film sehen Sie hier.
Der Film Ich komm gut klar - mit mir! hat am Samstag, 18. September, Premiere. Beginn ist um 17 Uhr im Maxim-Kino München, Landshuter Allee 33. Platzreservierung unter Telefon 089/12661167 oder per E-Mail an j.fuelle@oba-muenchen.de. Der Eintritt ist frei. Anschließend will Catherina Conrad den Film bei mehreren Festivals einreichen.