Bayerische Staatsoper:Gift und andere Konservierungsstoffe

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Geht leer aus: Cordelia (Hanna-Elisabeth Müller) bekommt nichts vom Königreich ihres Vaters Lear. (Foto: W.C. Hösl)

Die Bayerische Staatsoper zeigt eine Neuinszenierung von Aribert Reimanns "Lear" - als Präsenz-Vorführung.

Von Rita Argauer

Brutal geht es meistens zu, wenn Shakespeare politische Machtspiele im royalen Umfeld darstellt. Auch im "King Lear". Dass solche Stoffe auch für Komponisten immer wieder interessant waren, zeigt die Operngeschichte. Als bekanntestes Beispiel dient Verdis "Macbeth". Als faszinierenderes vielleicht aber sogar Aribert Reimanns "Lear".

Allein schon, dass eine moderne, musikalisch doch sperrige Oper so ein Erfolg wurde, ist außergewöhnlich. Beinahe jedes große Opernhaus hat eine Inszenierung des 1978 in München uraufgeführten Werks. Düster und gewaltig ist dessen Musiksprache. Und ungewöhnlich. Statt mit musikalisch erzählender und bekannter Dur-Moll-Harmonik, arbeitet Reimann mit 12-Tonreihen, Vierteltonabständen und Clustern. Allerlei Zeug, was selbst für an die Moderne gewohnte Ohren immer noch ein wenig fremd, verschoben oder mystisch klingt.

Die Idee zu der Oper, in der der Machthunger und das Machterhalten zur Macht über fast alle wird, hatte der Sänger Dietrich Fischer-Dieskau. Er trat an den Komponisten heran, der sich dann seit Ende der Sechzigerjahre damit beschäftigte und die Musik im Auftrag der Bayerischen Staatsoper Mitte der Siebziger fertigstellte. Die Uraufführung mit Fischer-Dieskau in der Titelrolle war ein voller Erfolg, das Münchner Publikum liebte die gewaltige Oper.

Für die Neuinszenierung der Staatsoper übernimmt Christian Gerhaher den Part, an seiner Seite Hanna-Elisabeth Müller als Tochter Cordelia, am Pult Jukka-Pekka Saraste. In seiner Neuinszenierung rückt Christoph Marthaler nun ein wenig vom royalen Aspekt des Ganzen ab und verlegt das Spiel in einen dem naturhistorischen Museum Basel nachempfundenen Bühnenraum: Konservierung, Nicht-Loslassen-Können, Mord, Schlacht und Vergiftung im musealen Spiegel.

Lear , Premiere: Sonntag, 23. Mai, 19 Uhr, Nationaltheater, Max-Joseph-Platz 2, Telefon 21851920, Übertragung auf staatsoper.tv am Sonntag, 30. Mai, 18 Uhr

© SZ vom 20.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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