Bauskandal:Empörung auf offener Bühne

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Abgeordnete sind entrüstet über 25 Millionen Kostensteigerung am Gärtnerplatztheater

Von Christiane Lutz, Lisa Schnell

Wenn man das Deckblatt des neuen Spielzeitbuchs hin und her bewegt, sieht man, je nach Winkel, einen mit Plastik verhängten, dunklen - oder einen hell erleuchteten Zuschauerraum. Im Oktober 2017 soll er endlich nur noch hell erleuchtet sein, da soll das Spiel wieder beginnen im Gärtnerplatztheater. Sofern nicht doch wieder was dazwischen kommt. Denn zu der von Beginn an eher unglücklich verlaufenden Generalsanierung kam am Montag eine weitere schlechte Nachricht dazu: Die Kosten für die Sanierung werden noch einmal steigen - um 25 Millionen Euro. Die Gesamtkosten betragen dann in etwa 121,6 Millionen Euro, 50 Millionen mehr, als in der ursprünglichen Planung aus dem Jahr 2010 veranschlagt.

Diese Kostensteigerung geht aus einer Vorlage für den Finanzausschuss im Landtag hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Die Sanierung des Hauses begann 2012 und sollte ursprünglich 2015 abgeschlossen sein. Dann wurde auf 2016 verlegt, schließlich auf Herbst 2017. Dabei soll es jetzt aber bleiben.

In einer Stellungnahme des Bauministeriums, das für die Obersten Baubehörde zuständig ist, heißt es: "Einige kostensteigernden Aspekte waren Anfang 2016 noch nicht erkennbar und haben sich erst im weiteren Projektverlauf gezeigt."

Die Mehrkosten seien "im Wesentlichen auf Baupreissteigerungen sowie zusätzliche und unvorhergesehene Bauleistungen und Kosten aufgrund der verlängerten Bauzeit zurückzuführen." Konkrete Beispiele: die sehr gute Marktlage für beteiligte Handwerksbetriebe, Mehrkosten für Sicherheit und Technik im Theater, Mehraufwendungen wegen Störungen im Bauablauf, die der Bauzeitverlängerung geschuldeten Mehrkosten wie Baustelleneinrichtung und Objektüberwachung. Außerdem musste das Gärtnerplatztheater aufgrund der verschobenen Wiedereröffnung ein weiteres Jahr auf Ausweichspielstätten spielen - auch das kostet Geld. Man gehe aber davon aus, dass das Theater wie geplant im Oktober 2017 in Betrieb genommen werden könne.

Ob die Kostensteigerung aber überhaupt bewilligt wird, darüber muss der Haushaltsausschuss im Landtag an diesem Mittwoch abstimmen. Bei den Abgeordneten herrschte diesbezüglich wenig Begeisterung. Der stellvertretende Ausschussvorsitzende Harald Güller (SPD) sagt, er gehe davon aus, dass die gesamte Opposition eine Zustimmung verweigere. Es sei offenbar wieder an mehreren Stellen geschlampt worden. Immer wieder verfahre man nach der gleichen Logik, die Güller so zusammenfasst: "Die Blöden im Landtag werden es schon genehmigen. Wer lässt schon eine offene Baugrube stehen?"

Eigentlich mache eine solche Kostensteigerung nur sprachlos, sagt Alexander Muthmann von den Freien Wählern. "Da fehlt der Überblick, möglicherweise auch die Kompetenz", sagt er. Muthmann fordert Bauminister Joachim Herrmann (CSU) auf, sich zu der "ahnungslosen Prognose" zu äußern. Ohne eine Erklärung, was sich aus dieser Fehlleistung auch an personellen Konsequenzen ergebe, werde die Diskussion nicht beendet sein. Muthmann will am Mittwoch auch mit Nein oder einer Enthaltung abstimmen.

"Wir müssen neue Wege gehen", sagt auch Isabell Zacharias, kulturpolitische Sprecherin der SPD, die sich wie die Grünen vorstellen kann, Projekte auch an Private zu vergeben. Sie hatte vergangenes Jahr nachgefragt, ob es noch zu Mehrkosten bei der Sanierung des Gärtnerplatztheaters kommen werde. "Da hat man uns keinen Hinweis gegeben, dass es noch Nachforderungen gibt", sagt sie. Und jetzt seien es fast 25 Millionen Euro. "Die oberste Baubehörde ist für mich nicht mehr die Behörde, der ich vertraue, dass sie staatliche Gebäude sanieren kann." Auch Ludwig Hartmann von den Grünen fordert Konsequenzen: "Wer für das Projekt zuständig war, muss Rede und Antworte stehen und darf keine Aufträge mehr bekommen", sagt er. Ob er den Kostensteigerungen zustimmt, weiß er noch nicht.

Selbst den CSU-Abgeordneten platze die Hutschnur, wie ein Ausschussmitglied sagt. So heißt es von Ernst Weidenbusch (CSU): "Die Entwicklung der Mehrkosten kann ich nicht nachvollziehen. Einer Erhöhung des Kostenrahmens werde ich morgen nicht zustimmen."

Das künstlerische Personal des Theaters, das mit dem ganzen Baustellenbetrieb nichts zu tun hat, gibt sich derweil notgedrungen optimistisch: "Wir sind überzeugt, dass wir am 14. Oktober die große Eröffnungs-Gala machen werden", sagt Pressesprechen Gunnar Klattenhoff. Er betont aber auch: "Wir sind nur die Nutzer". Zur explosionsartigen Kostenentwicklung könne und wolle man sich nicht äußern.

Seit nunmehr fünf Jahren zieht das Ensemble von Übergangsspielstätte zu Übergangsspielstätte. Viel musste Intendant Joseph E. Köpplinger improvisieren, als klar wurde, dass ein Wiedereröffnungstermin 2015 nicht eingehalten werden konnte. Das Theater hat erstaunlich souverän über alle Hindernisse hinweg gespielt, die Auslastung und die Gesamtbesucherzahlen stimmen.

© SZ vom 05.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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