Band der Woche:Sellout Boys

Lesezeit: 2 min

Alles nur Masche: Die vier Musiker spielen Punkrock, geben sich bewusst untalentiert und zeigen dann doch ihr musikalisches Können

Von Viktor Schacherl

Punkrock und Popmusik, das passt einfach nicht zusammen. Punker rebellieren traditionell gegen das Establishment, gegen den Status Quo und vor allem gegen den Mainstream. Gegebene Normen müssen da hinterfragt werden - sei es die immer noch existierende Monarchie in Großbritannien, die die Sex Pistols mit "God Save The Queen" kritisierten, oder die sozialen Missstände in der Gesellschaft, wie sie von The Clash in "White Riot" beschrieben wurden. Eine politische, sozial-kritische Message haben irgendwie alle Punkrocker. Die Infragestellung des Kapitalismus und der damit verbundenen Konsumgesellschaft gehört dabei fest zu den Grundzügen des Genres - aber auch die Musikindustrie ist Teil dieses Systems. Dass einige Punk-Bands dann durch ihre Erfolge in den Mainstream abrutschen, löst dann gerne Diskussionen über Glaubwürdigkeit und Authentizität aus.

Sellout Boys

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(Foto: Joel Junge)

Stil: Punkrock, Hip-Hop Besetzung: Luigi Junge (Gesang, Gitarre), Levi Wegmann (Gitarre, Gesang), Bastian Bachleitner (Bass), David Wegmann (Schlagzeug) Aus: München Seit: 2017 Internet: www.selloutboys.money

Die Münchener Band Sellout Boys findet die Verbindung zwischen Punk und Pop alles andere als widersprüchlich. Seit 2017 machen die vier Musiker, wie sie es selbst bezeichnen, authentischen Kommerzpunk direkt von der Straße. "Wir verraten den Punk zu 100 Prozent", sagt Frontmann Luigi Junge. Das Quartett behauptet, dass sie sich für diesen Stil entschieden haben, weil sie ihre Instrumente nicht richtig beherrschen und Punk einfach zu spielen wäre. Passt zu ihrer zurechtgezimmerten Band-Vita, ganz egal, was davon wahr ist. Mit einer großen Portion Ironie kommentiert das Quartett jedenfalls die Herangehensweise der Popindustrie. Kein Hilfsmittel ist ihnen dabei zu schade. Sie sehnen sich nach den Tagen, an denen ein finanzstarkes Label hinter ihnen steht und talentierte Ghostwriter für sie bereitstellt. Sie verwenden Auto-Tune, um ihr gesangliches Können zu kaschieren, und driften dabei gelegentlich von ihrem Punk in den Hip-Hop ab. Auch das ist für die Musiker selbstverständlich, denn Trap ist schließlich aktuell das Erfolgsrezept für viele Künstler, wie Yung Hurn oder RIN. "Ohne wirklich was zu können, schlagen sie größtmöglichen Profit aus ihrer Musik - und das wollen wir auch", sagt Bassist Bastian Bachleitner. Jeder Trend wird von den Sellout Boys gnadenlos ausgenutzt werden. Heute ist es Trap und was es morgen sein wird, kann man nur erahnen.

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In ihrem Song "Money Money" singen sie: "Wir haben Money Money, weil ihr so dumm seid und unser Zeug kauft". Logisch, das Projekt Sellout Boys ist für sie nur dazu da, um den Leuten das Geld aus der Tasche zu ziehen. So stellt es Bastian zumindest dar: "Es ist ein Geben und Nehmen. Die geben, wir nehmen." Sich selbst beschreiben die Musiker in einem anderen Song als "hässlich, untalentiert und alles andere als klug" und erklären das einfach mit dem Zusatz: "Weil es so ist." Ihre Bühnencharaktere sind davon fasziniert, wie Leute ohne Begabung heutzutage so viel erreichen können. Auch ihre Selbstdarstellung ist deswegen Teil des Gesamtkonzepts. So weit die Fiktion. Natürlich beherrschen die vier Musiker ihre Instrumente und natürlich können sie auch ohne technische Hilfe singen. Das zuzugeben, würde der Popindustrie aber nicht so schön einen Spiegel vorhalten. Mit ihren Liedern rebellieren die Sellout Boys auch gegen gegenwärtige Normen, aber auf eine andere Art, als es die Sex Pistols oder The Clash getan haben. Es ist ihre Form von Gesellschaftskritik, die sie mit Humor auf die Bühnen bringen wollen.

(Foto: Joel Junge)

Am 2. Februar erscheint das Debütalbum des Quartetts, das sie "Kommerzpunk" betitelt haben. Am selben Tag feiert die Band die Veröffentlichung bei ihrer Releaseshow in der Feierwerk Südpolstation. Wieso es gleich ein Album und nicht nur eine EP geworden ist, ist für Luigi ganz klar: "Für ein Album kann man mehr Geld verlangen. Und wir wollen uns nicht hocharbeiten, wir wollen steil, 90 Grad nach oben."

© SZ vom 14.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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