Band der Woche:Paar

Lesezeit: 2 min

Inspiriert vom Postpunk der Achtzigerjahre ist die Musik voller Hall, Noise und Echo und dennoch mit einem nicht unerheblichen Maß an Pop-Appeal

Von Rita Argauer

Sich richtig zu verstecken, ist eine Kunst. Vor allem in der Kunst- oder Musikwelt. Denn wenn ein Musiker nicht nur und ausschließlich für sich Musik machen will, muss er irgendwann aus seinem Probenzimmer herauskommen und das Versteck verlassen, damit ein potenzielles Publikum die Möglichkeit hat, die erschaffene Kunst wahrzunehmen. Andererseits sind zu offensichtliche Anpreisungen der eigenen Kunst immer latent unsympathisch. Derjenige, der seinem Hörer via Kunst zubrüllt, wie toll er ist und dass man ihn doch bitte anhören möge, erreicht damit oft das Gegenteil. Das richtige Maß an Verstecken will also gelernt sein. Besonders dann, wenn einen noch nicht so viele Menschen kennen. Denn eine derart konsequente Öffentlichkeitsvermeidung, wie das etwa Radiohead seit einigen Jahren betreiben, kann man sich auch nur leisten, wenn ein prinzipielles Interesse an der Band bereits vorhanden ist.

Paar

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(Foto: oh)

Stil: Post-Punk Besetzung: Ly Nguyen (Gesang), Rico Sperl (Bass, Drum Machine, Synthesizer), Matthias Zimmermann (Gitarre) Aus: München Seit: 2016 Internet: www.paarmusic.bandcamp.com

Die Münchner Band Paar kennen noch nicht so viele Menschen. Deshalb ist der Weg des Versteckens bei dieser Band auch besonders ausgeklügelt. Denn der Wille, eigentlich nicht mit marktschreierischem Pop-Appeal aufzutreten, ist bei diesem Trio besonders ausgeprägt. Rein gar nichts, was über die Musik und die kunstvoll an deren Ästhetik angepassten Fotos hinausgeht, lässt diese Band nach außen. Sängerin Ly Nguyen sowie die beiden Instrumentalisten Rico Sperl und Matthias Zimmermann geben sich verschlossen, sie sind genauso wie ihre Musik. Sie übernehmen die Maschinen-Fixierung der Industrial- und Drone-Szene, wenn den Song "To have and to hold" als Titelbild eine Detailaufnahme eines Krans ziert; mächtig, roh und düster und natürlich in Schwarz-Weiß. Die Musik dazu ist minimal arrangiert: einzelne Bass-Töne, leicht verzerrt, dazu ein Feedbacksirren, ein stumpfes Schlagzeug und langsam voranschreitende Rhythmik. Ly singt dazu mit dunklem Timbre von Verlust. Doch Paar haben es eben doch recht gut raus, bis zu welchem Grad sich das Verstecken lohnt. Denn ihre Musik hält trotzdem genug Inhalt bereit, um den Hörer zu binden. So liegen in ihrem Minimalismus feine Melodien, "There is someone who cares, with a heart of gold" singt Ly dazu passend später im Song. Das goldene Herz musikalisch hörbar zu machen, das ginge zu weit, doch die Ahnung davon liegt in der Musik - vor allem auch in den mehr treibenden Songs, deutlich inspiriert vom Postpunk der Achtzigerjahre, voller Hall, Noise und Echo und dennoch mit einem nicht unerheblichen Maß an Pop-Appeal.

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Seit 2016 spielt das Trio zusammen. Angefangen haben sie als ein reines Internet-Computer-Projekt, weil die Bandmitglieder in verschiedenen Städten lebten. Und obwohl sie jetzt alle in München wohnen und proben, blieb das Kühle und Distanzierte in den Songs bestehen. 2017 veröffentlichten sie eine EP, die Produktion einer zweiten haben sie für dieses Jahr geplant.

Die Verschlossenheit ihrer Ästhetik kommt gut an. Vor allem in den Kreisen, die sich dem Mainstream per Lebeneinstellung verschließen. Die folgen Paar gerne in den Nebel, den sie als Bühnenshow genauso einsetzen wie in ihrer Musik. So begleiteten sie etwa die Verleihung des "zwei:eins"-Kunstpreises in der Akademie der Bildenden Künste oder spielten in einem opulenten Saal im Hotel-Projekt Lovelace. Das beschert Paar nicht nur recht dekorative Bandfotos, wenn sie - verschlossen und schwarz gekleidet - in imperialem Ambiente stehen, sondern auch eine gewisse Aufmerksamkeit. Am Freitag, 19. Januar, präsentieren sie ihr erstes Musikvideo in der Roten Sonne.

© SZ vom 15.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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