Band der Woche:Bombo

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Der Postpunk des Trios ermöglicht ein flirrendes Eintauchen in eine nostalgische und rohe Welt. Hier wird auf eine unmittelbare Art Musik gemacht, abseits vom bisweilen sehr gestriegelten Indie-Pop

Von Rita Argauer

Das aktuell andauernde Postpunk-Revival begann im Jahr 2007. Da kam das Biopic von Ian Curtis' Leben und Sterben in körnigem Schwarz-Weiß ins Kino. Regie führte der mehr als Musikfotograf bekannte Anton Corbijn. In dementsprechend schicken Bildern erzeugt der Film "Control" ein ganz greifbares Lebensgefühl des trostlosen Manchester der frühen Achtzigerjahre. "Love will tear us apart", den Schmachtfetzen von Joy Division, kannte man auch schon vor dem Film. Die trockenen, irgendwie emotionslosen und gleichsam dennoch stark bewegten Songs des Albums "Unknown Pleasures" aber gelangten erst im Zuge des Films wieder an die breite Öffentlichkeit. Die Songs wurden dabei für den Film neu eingespielt, damit die Stimme von Hauptdarsteller Sam Riley zur Gesangsstimme passt. Verglichen dazu klingt die originale Musik von Joy Division im Studiosound der späten Siebzigerjahre dünn. Doch heute, gut zehn Jahre nach dem Film, ist ein so dünner Sound zur Attitüde geworden. Was bei Joy Division noch der damaligen Technik geschuldet war, ist nun eine ästhetische Entscheidung.

Bombo

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(Foto: Privat)

Stil: Postpunk/Shoegaze/Noise Besetzung: Sophie alias Phine Neudecker (Schlagzeug, Gesang), Peter Hofmeister (Gitarre, Gesang), Franz Furtner (Bass, Gesang) Aus: München Seit: 2017 Internet: www.soundcloud.com/bomboband

Etwa bei der Münchner Band Bombo. Deren Vier-Song-EP "Super Cool Recordings Pt. 1" klingt wie eine scheppernde Proberaumaufnahme und erinnert an die frühen Alben von Bikini Kill. Keine Gitarre ist hier fett, trotz der übermäßigen Verzerrungen. Verhallt und beinahe verhalten schweben die Akkorde über einem fuzzigen Bass. Dazu die Stimmen der drei Bandmitglieder, irgendwo zwischen Rufen und Singen, so als würden sie versuchen, mit nur einem unzureichenden Mikrofon über den instrumentalen Lärm zu kommen. So, wie das auch in kleinen Punkläden und Proberäumen mit eher billigen Soundanlagen klingt. Seit 2017 spielt das Trio zusammen, klassisch besetzt mit Gitarre, Bass und Schlagzeug. Die einzelnen Musiker, Sophie Neudecker alias Phine am Schlagzeug, der Gitarrist Peter Hofmeister und der Bassist Franz Furtner, kannten sich aus der überschaubaren Münchner Noise- und Postpunkszene. Phine ist als Schlagzeugerin in verschiedenen Bands aktiv und organisiert die "Zombie Sessions", eine monatliche Konzertreihe im Feierwerk, in der solche Bands einen Auftrittsort finden. Denn diese Szene habe es in München eher schwer: "Wir spielen an genau drei Orten: Im Marat, im Kafe Kult und im Sunny Red", erklären sie. Die etablierten Münchner Clubs, auch die, die sich als "Avantgarde und progressiv" darstellten, würden eher die gefälligeren Münchner Bands buchen.

Dabei sind Bombo gar nicht so ungefällig. Ursprünglich sollte diese Formation eine Funk-Combo werden. Vor etwas mehr als einem Jahr seien die drei Musiker zusammengekommen, um Funk als Abwechslung zum ewigen Punk zu spielen, nur um dann festzustellen, dass sie das technisch nicht gut konnten. Also widmen sie sich doch dem für sie Vertrauten: "Noisiger, dissonanter aber auch humorvollem Misch-Masch aus Punk und Postpunk", wie sie es selbst nennen. Doch unter all dem Rauschen und der einfachen Aufnahmequalität quellen gelegentlich eingängige, beinahe süße Melodien hervor. Eigentlich sind Bombo in den Momenten, in denen die Gitarren besonders verhallt sind, dem Träumerischen des Shoegaze fast ein Stück näher als dem trockenen, hart reduzierten Postpunk. Doch vor allem aber versuchen sie ihre Musik in den Aufnahmen nicht aufzublasen. Recording und Musik entsprechen einander, das macht ihre Stücke beim Hören konsistent. Es ermöglicht ein flirrendes Eintauchen in eine nostalgische und rohe Welt. Hier wird auf eine unmittelbare Art Musik gemacht und aufgenommen, abseits vom bisweilen sehr gestriegelten Indie-Pop. Gerade haben sie ein Album aufgenommen. Im Herbst soll es veröffentlicht werden.

© SZ vom 20.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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