Ausblick:Was München 2015 erwartet

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  • Zahlreiche Großveranstaltungen finden 2015 in München statt, darunter das Festival "Rockavaria".
  • Viele Bauvorhaben wie das Satelliten-Terminal am Flughafen sollen vorangetrieben werden.
  • Im Herbst werden gleich zwei Spitzenpositionen besetzt: Valery Gergiev wird offiziell das Amt des Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker antreten, Matthias Lilienthal wird Intendant der Kammerspiele.

Ein Überblick aus der SZ-Reaktion

Klassik-Spektakel

Seit dem "Gipfeltreffen" der Opernstars Anna Netrebko, Erwin Schrott und Jonas Kaufmann im Sommer 2011 auf dem Königsplatz hat sich die Welt weiter gedreht. Schrott und Netrebko sind als Paar Geschichte. Die russische Diva besingt inzwischen lieber mit einem anderen Bariton, dem silbermähnigen Dmitri Hvorostovsky, Moskauer Nächte auf dem Roten Platz. Jonas Kaufmann wiederum ist seiner Mission "Rettet die Operette" so unerschrocken gefolgt, dass er sogar mit der Quoten-Queen Helene Fischer im Duett den Peter Alexander gibt. Am 27. Juni aber steht der nächste Münchner Klassik-Gipfel an. Dann werden Netrebko, Hvorostovsky und Kaufmann gemeinsam auf der Open-Air-Bühne zwischen Glyptothek und den Staatlichen Antikensammlungen Verdi, Puccini und Tschaikowsky geben. Der Veranstalter, die Deutsche Entertainment AG, verspricht "Opernhighlights der Superlative". Restkarten sind noch zu haben. Jutta Czeguhn

Zweite Stammstrecke

Aus der Ankündigung, dass die zweite Stammstrecke jetzt aber wirklich und diesmal ganz bestimmt beschlossen wird, ist so etwas wie ein Running Gag geworden. Hätte sich das Versprechen jedes Mal bewahrheitet, gäbe es inzwischen ungefähr zwölf Stammstrecken. Doch für 2015 steht erstmals kein Versprechen mehr im Raum, sondern eine Drohung: Sollten sich Freistaat, Bund und Bahn nicht über die Finanzierung des 2,5-Milliarden-Euro-Tunnels einigen, werde die Stadt ihren Anteil von 113 Millionen Euro abziehen und in andere Projekte stecken. Die Drohung stammt von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), übersetzt heißt sie: Kommt der Stammstrecken-Beschluss nicht in 2015, kommt er gar nicht mehr. Wobei: Als die Drohung das erste Mal fiel, versprach Reiter "spätestens im ersten Quartal 2015 eine Entscheidung", kurz darauf war von "Mitte des Jahres" die Rede, und inzwischen hat er durchblicken lassen, dass er auch bis Jahresende warten würde. Macht der OB so weiter, könnte daraus ein neuer Running Gag werden. Marco Völklein

Leihräder

Mit einem genauen Starttermin rücken sie bei der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) noch immer nicht heraus. Irgendwann "Mitte 2015", so heißt es, wird das Radverleihsystem "MVG Rad" starten. Geplant ist ein Mischsystem: Die Nutzer sollen die 1200 Fahrräder entweder an einer der stadtweit 125 Stationen anmieten und zurückgeben können, oder aber sie auch einfach so an irgendeiner Straßenecke abstellen. Stadtrat und MVG-Leitung hoffen so, mehr Bürger zum Umstieg vom Auto auf Rad sowie Busse und Bahnen bewegen zu können. Betrieben wird das System im Auftrag der MVG von einer Leipziger Firma. Wo allerdings die erste Station entstehen soll? Auch daraus machen alle Beteiligten noch ein Geheimnis. Marco Völklein

Schrannenhalle

In der Schrannenhalle ist schon sehr viel ausprobiert worden, funktioniert hat die geforderte Mischung aus Kunsthandwerk, Einzelhandel, Gastronomie und Kultur noch nie so richtig. Das soll im Herbst 2015 anders werden. Dann eröffnet in dem ehemaligen Industriedenkmal die italienische Delikatessenkette Eataly ihre erste Filiale in Deutschland. Auf 5000 Quadratmetern entsteht dann ein Markt mit regionalen Spezialitäten aus Italien, von Antipasti und Pasta bis hin zu Fleisch und Fisch. Die meisten davon kann man in Restaurants und an Ständen gleich verkosten, außerdem gibt es diverse Manufakturen und Kochstudios, in denen man verschiedenste Küchentechniken erlernen kann. Der Umbau der Halle beginnt im April, sämtlichen bisherigen Standbetreiben wurde bereits gekündigt. Nicht alle von ihnen sind unglücklich darüber, denn: siehe oben. Franz Kotteder

Rockavaria

Lange sah der Plan der Münchner Groß-Rock-Fans für 2015 so aus: obligatorischer Festival-Ausflug Anfang Juni nach Nürnberg, wo "Rock im Park" 20. Geburtstag feiert. Doch dann wurden Gerüchte wahr und Sehnsüchte gestillt: Nach 20 Jahren bekommt München endlich wieder ein Open-Air-Festival, ohne Camping zwar, aber drei volle Tage lang und im Olympiapark; ohne Pop-Appeal zwar, aber mit der vollen Härte der Haudegen von Metallica, dem Mummenschanz von Kiss, den jungen Rock-Größenwahnsinnigen Muse und Dutzenden Bands mehr. "Rockavaria", das Zwillings-Fest der neuen "Grünen Hölle" am Nürburgring, würde von 29. bis 31. Mai der Kracher des Jahres werden - doch dann kündigten die australischen Weltmeister AC/DC ihr Konzert im Olympiastadion an (19. Mai), und dann noch eines (21. Mai). München rockt wieder gewaltig. Michael Zirnstein

Bald wird der Luise-Kiesselbach-Tunnel in Betrieb genommen. (Foto: Robert Haas)

Ringtunnel

Irgendwann im Laufe des Frühjahrs werden die Asphaltierer anrücken und noch die oberste Deckschicht auftragen. Dann kommen die Markierer und pinseln die Fahrspuren, Einfädelstrecken und Seitenstreifen auf die Fahrbahn. Und für Ende Juni ist noch eine kleinere Übung der Feuerwehr angesetzt, die nach der "Richtlinie zur Abnahme und dem Betrieb von Tunnelanlagen", kurz RABT, vorgeschrieben ist. Das sind nur einige der Meilensteine, die das Baureferat noch abzuarbeiten hat bis zur Eröffnung des 2,5 Kilometer langen Tunnels rund um den Luise-Kiesselbach-Platz. Die Inbetriebnahme des 400 Millionen Euro teuren Bauwerks mit großem Bürgerfest ist für Ende Juli geplant. Marco Völklein

Satelliten-Terminal

Noch wird eifrig gebaut auf dem östlichen Vorfeld des Flughafens im Erdinger Moos. Voraussichtlich von Ende 2015 an wird das 877 Millionen Euro teure Satellitenterminal am Flughafen in Betrieb gehen. 27 zusätzliche Abstellpositionen für Jets schaffen der Airport und die Lufthansa mit dem neuen Gebäude, das die beiden Firmen gemeinsam bauen; zudem gut 9000 Quadratmeter neue Flächen für Handel und Gastronomie sowie Platz für elf Millionen Passagiere. Zu erreichen sein wird der Satellit vom bestehenden Terminal 2 aus nur über eine Art Mini-U-Bahn, deren Waggons derzeit in den USA gefertigt werden. Marco Völklein

NS-Dokumentationszentrum

Viel zu lange haben die Münchner damit gewartet, sich mit ihrer Geschichte während der Nazi-Zeit auseinanderzusetzen. Der Bau eines NS-Dokumentationszentrums wurde immer wieder vertagt, bis 2012 endlich der Grundstein an der Brienner Straße im ehemaligen NSDAP-Parteiviertel gelegt wurde. Nun soll das Haus voraussichtlich am 30. April von Bundespräsident Joachim Gauck eröffnet werden, genau am 70. Jahrestag der Befreiung Münchens durch die US-Streitkräfte. "Warum München?" und "Warum eine Beschäftigung mit der NS-Zeit heute?" sind zwei der zentralen Fragen, die in einer Dauerausstellung beantwortet werden sollen. Der 28,2 Millionen Euro teure Bau ist als Lern- und Erinnerungsort geplant. Die Erwartungen sind hoch, zumal in anderen Städten vergleichbare Einrichtungen schon lange bestehen. Für die Münchner ist das Zentrum darum das wohl wichtigste Projekt. Der Ruf der Stadt hängt davon ab. Franziska Brüning

Altstars in Folge

Es wird das Jahr der großen Altstars der Rockgeschichte. Trotzdem wird die Olympiahalle, in der die meisten Events stattfinden, nicht zum Altersheim. Lionel Ritchie (24. März.) feierte 2014 erst seinen 65. Geburtstag, Paul Simon & Sting (28. März) sind nur zusammen 137 Jahre alt. Mike Rutherford, Gründungsmitglied von Genesis, steht seit immerhin 1967 auf den Bühnen. Grönemeyer (21. Mai) knödelt sich seit 1979 in die Herzen der Fans, Neil Diamond (19. Juni) noch etwas länger. Auch Jackson Browne (30. Juni auf Tollwood) ist deutlich älter, als er aussieht, nämlich 66 (und schon immer weise). Roxette (7. Juli) haben 30 Bühnenjahre auf dem Buckel, Toto (8. Juli) fast zehn mehr. Auch Mark Knopfler (11. Juli), gelernter Journalist, gründete 1977 seine Dire Straits, seit Anfang der 90er arbeitet er solo. Und auch Ian Gillan von Deep Purple (26. November) wird noch den "Smoke on the Water" in der Nase haben von damals, als es 1971 in Montreux brannte. Karl Forster

Vier Türme

Mit dem Bau gleich eines ganzen Ensembles von Hochhäusern in der Größenordnung zwischen 50 und 90 Metern wird im Frühjahr 2015 am Vogelweideplatz im Münchner Osten begonnen. An der Einmündung von Prinzregenten- und Einsteinstraße in die Autobahn nach Riem entstehen die vier Bavaria Towers des Immobilienentwicklers Bayern Projekt. Das städtebaulich zur Zeit wenig attraktive Gewerbeareal soll sich zu einem markanten Stadtportal (Architekten Nieto Sobejano Arquitectos, Madrid, sowie Keller Damm Roser Landschaftsarchitekten, München) mit grünen Freiflächen und Hügellandschaften entwickeln. Ein Hochhaus ist schon vergeben: Den Turm an der Autobahn belegt auf 15 Stockwerken ein Ramada-Hotel mit 344 Zimmern. Alfred Dürr

Gipfel-Etappe

Auch wenn es zum Münchner Selbstverständnis nicht passen mag, das größte politische Ereignis im Freistaat wird die Stadt im Jahr 2015 nur streifen. Am 7. Juni werden am Flughafen der Landeshauptstadt US-Präsident Barrack Obama und sechs weitere Staats- und Regierungschefs erwartet. Von dort sollen sie zum G-7-Gipfel nach Schloss Elmau weiterreisen. Ob, wie oft und wie lange der Luftraum gesperrt werden muss, ist bis jetzt Geheimsache. Gleiches gilt für den Transport ins Tagungshotel. Ist das Wetter hubschraubertauglich, wird man in der Stadt davon nicht viel mitbekommen. Wenn nicht, könnten Hin- und Rückfahrt (8. Juni) auf der Straße sogar eine kurze Sperrung des Mittleren Rings und der Autobahnen vom Flughafen bis Garmisch bedingen. Kann aber auch alles anders kommen, vor dem Politiker-Gipfel tagt wohl noch so mancher Geheimdienstgipfel. Fest steht: Die Großdemonstration gegen den G-7-Gipfel haben die Gegner von München nach Garmisch verlegt. Dafür soll der Alternativgipfel am 3. und 4. Juni in der Freiheizhalle stattfinden. Heiner Effern

Neue Chefs

Im Herbst werden gleich zwei Spitzenposten neu besetzt: Valery Gergiev übernimmt dann offiziell das Amt des Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker, Matthias Lilienthal wird Intendant der Kammerspiele. Im Fall von Gergiev wird sich wohl nicht viel ändern: Er ist längst bei den Philharmonikern zu Hause, zumindest so viel, wie der König von St. Petersburg überhaupt woanders zu Hause sein kann. Spannend bleibt nur die Frage, ob er neben enthusiastischen Dirigaten noch Zeit findet, die Öffentlichkeit mit lustigen Äußerungen zum Zeitgeschehen zu unterhalten. Bei Lilienthal sieht die Sache anders aus: Er wird die Kammerspiele umkrempeln, so dass kaum mehr ein Stein auf dem anderen bleibt. Zwar ist er die logische Fortsetzung der Linie Dorn - Baumbauer - Simons, aber gleichzeitig ist er auch deren Verschärfung. Immerhin: Ein paar der Schauspieler, die man jetzt dort bewundern kann, wird man auch fürderhin an den Kammerspielen sehen. Ein paar. Egbert Tholl

In den Häusern in der Müllerstraße 2 und 4 soll ein Vorzeigeprojekt entstehen. (Foto: Stephan Rumpf)

Bellevue

Eigentlich sollten bald die Bagger anrücken, nun werden die Handwerker kommen, und die werden nicht abreißen, sondern aufbauen. In den städtischen Häusern Müllerstraße 4 bis 6 soll das "Bellevue di Monaco" entstehen, ein Integrationshaus für Münchner und Flüchtlinge. Eine Initiative, die sich um die Aktivisten der Satire-Gruppe Goldgrund gebildet hat, hat die Rathausspitze überzeugt, einen Stadtratsbeschluss zu revidieren, der den Abbruch von zwei der drei Häuser vorsieht. Schon im Januar soll ein Grundsatzbeschluss gefasst werden, der sinngemäß lautet: Der Stadtrat begrüßt dieses Projekt, das große Symbolkraft entfalten kann. Die Botschaft: München heißt Flüchtlinge willkommen - im Herzen der Stadt. Im "Bellevue" sollen junge Flüchtlinge eine Bleibe finden. Ergänzt wird das Konzept unter anderem durch ein Café, betrieben auch von Flüchtlingen, als Begegnungs- und Infozentrum dienen. Wenn alles klappt, soll das Projekt im Herbst 2015 starten. Bernd Kastner

© SZ vom 31.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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