Das angegraute Gebäude auf dem Gewerbeareal an der Hansastraße ist unscheinbar. Man muss eine Weile suchen, um den Weg zu finden. Es gibt dann auch nicht das sonst übliche Tamtam, wenn in München etwas eröffnet wird. Ein grüner Stadtrat begrüßt die Anwesenden mit "liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten", der CSU-Stadtrat fühlt sich angesprochen, und der SPD-Stadtrat Constantinos Gianacacos verspricht: "Wir werden euch nie allein lassen." Gemeint sind jene, die sich gegen rechts engagieren.
Auf dem Türschild steht "Firm". Das kann man als Synonym für stark, unbeirrbar verstehen oder als Abkürzung lesen. Dann steht es für "Fachinformationsstelle Rechtsextremismus München". Die gibt es seit 2009, sie arbeitet im Stillen, und ist jetzt in neue Räume auf dem Feierwerkgelände gezogen. Das Außergewöhnliche sind die Bücher und die Aktenordner dort: Das Aida-Archiv stellt sie kostenlos zur Verfügung; es sind die über Jahre gesammelten Bestände der Antifaschistischen Informations-, Dokumentations- und Archivstelle, die bisher aufgrund zu kleiner Räume kaum zugänglich waren.
Von April an steht die Präsenzbibliothek mit etwa 2500 Bänden dem Fachpublikum offen. Aktive aus Politik und Bildungsarbeit, Wissenschaftler und Journalisten können in einem geräumigen Lesesaal mit dem Material arbeiten. In einem Nebenraum stehen in hohen Regalen die Unterlagen, die Aida in gut 20 Jahren über alte und neue Nazis gesammelt hat, über die Neue Rechte, Rechtspopulisten, rechte Musik und rechte Fußballfans. Die Aida-Bestände gehören bundesweit zu den umfangreichsten zum Thema Rechtsextremismus.
Noch ist der genaue Zugangsmodus nicht klar, noch ist nicht alles am Platz, noch arbeitet man an einem Onlinekatalog. Sicher aber ist, dass sich die künftigen Nutzer anmelden müssen für einen Termin, sagt Marcus Buschmüller. Er leitet Firm und ist zugleich ehrenamtlicher Vorsitzender von Aida. Für Aida ist der Umzug ihres Archivs ein großer Schritt: Über Jahre stand der Verein am Pranger des Bayerischen Innenministeriums, weil der Verfassungsschutz Aida für linksextremistisch und verfassungsfeindlich hielt. Nach jahrelangem Rechtsstreit gab der Verfassungsschutz klein bei.
Marian Offman, CSU-Stadtrat und Vorstandsmitglied der Israelitischen Kultusgemeinde sagt, er habe das Anprangern Aidas schon immer für einen Fehler gehalten. Nun spricht er den Leuten von Firm - drei Mitarbeiter teilen sich eine Stelle, die von der Stadt finanziert wird - Mut zu, denn die Arbeit gegen rechts sei nicht ungefährlich. Zur Zeit hält Offman den Kampf gegen die Islamhasser um die Partei "Die Freiheit" für "die wichtigste Aufgabe" der Stadtgesellschaft. Die Gruppierung um den ehemaligen CSU-Pressesprecher Michael Stürzenberger versucht seit Monaten, ein Bürgerbegehren gegen den Bau des Islamzentrums Ziem zu initiieren.
Grünen Stadtrat Siegfried Benker wertet den von der Stadt ermöglichten Umzug als "Zeichen der Wertschätzung", auch für die Arbeit Aidas: "Ihr dürft und ihr müsst weitermachen", ruft er. Wichtig sei, dass die neuen Räume noch vor Beginn des NSU-Prozesses am 17. April bezogen wurden. Von da an werden bei Firm ehrenamtliche Nazi-Gegner aus ganz Deutschland Quartier beziehen und das Verfahren beobachten. NSU-Watch heißt das bundesweite Projekt. Ziel sei es, sagt Benker, die neuen Erkenntnisse aus dem Prozess einzuordnen und mit bereits vorhandenen Informationen über die rechtsextreme Szene zu kombinieren.