Architektur-Export nach Japan:Klein-Grünwald in Osaka

Lesezeit: 2 min

Weiß verklinkerte Häuser mit Sauna, Jacuzzi und Fußbodenheizung: Im Münchner Vorort Grünwald gibt es solche Villen en masse. Nun erlebt dieser Chic ungeahnte Ehren. Ein japanischer Geschäftsmann baut in Osaka Villen im Grünwald-Stil für die Geldelite - ein "Mädelhaus" für alleinstehende Damen inklusive.

Manuela Warkocz

Grünwald liegt mitten in Osaka. Na ja, nicht mittendrin, sondern im Stadtteil Suita, etwa zehn Kilometer vom Zentrum der drittgrößten japanischen Stadt entfernt. Dort prangt vor weiß gekachelten Häusern ein Schild mit dem zierlichen Schriftzug "Grünwald". Tatsächlich hat in Osaka die "Grünwald AG" luxuriöse Appartements im Villenstil des Münchner Vororts realisiert. Die Wohnungen gehören derzeit zu den begehrten Statussymbolen der örtlichen japanischen Oberschicht.

Der heute 61 Jahre alte Unternehmer Yukiharu Okamoto lebte viele Jahre in Münchens Süden und war sofort von Grünwald begeistert. Als er in seine Heimat zurückkehrte, beschloss er, in Osaka Wohnungen und Villen im Grünwald-Stil zu bauen und zu vermieten. (Foto: N/A)

Hinter dem erfolgreichen Immobilien-Unternehmen steht der japanische Geschäftsmann Yukiharu Okamoto. Der 61-jährige Manager lebte als Niederlassungsleiter eines japanischen Unterhaltungskonzerns mehrere Jahre im Münchner Süden.

Von Grünwald war er sofort begeistert und streifte dort ausgiebig herum: "Ich wusste schon bald, dass ich solche Art von Häuser - weiß verklinkert mit schwarzen Dachziegeln und viel Grün herum - auch gern in Osaka bauen möchte." Japanische Städte ein bisschen zu "verschönern" und seine Landsleute mit solider deutscher Architektur zu beglücken, entpuppte sich als lukratives Geschäftsmodell.

Die Erfolgsgeschichte startet 1990 mit dem "Mädelhaus". Innerhalb von 20 Jahren folgen sieben weitere Appartementhäuser mit mehr als 100 Wohnungen. Und so klangvollen deutschen Namen wie "Villa Schönbrunn", "Villa Märchenschloss" und "Villa Maximilian".

Die Bezeichnungen dürften für japanische Zungen so exotisch wie unaussprechbar sein, aber durchaus Assoziationen ans verehrte Bayern wecken. Von dort importierte Yukiharu Okamoto auch zahlreiche Stilelemente, die er heute als "Grünwald-Design" zur Geltung bringt: viereckige Türme, Walmdächer, Rundbögen, Mäuerchen und Mansarden, Balkone und Blumenkästen.

Besonderen Wert legt der Vorsitzende der Grünwald AG auf die Gartengestaltung, die sich aber an japanischen Vorlieben orientiert. So wird man am Eingang der "Villa Schönbrunn" von einem mächtigen Keyaki-Baum empfangen, nebst Engel und Gipshund.

Für deutsche Maßstäbe gehoben, doch für japanische wirklich luxuriös ist die Innenausstattung der 35 bis 140 Quadratmeter großen Wohnungen. Geworben wird mit Fußbodenheizung - "in Japan immer noch selten", so Okamoto -, mindestens zwei Fenstern in jedem Raum, Doppelverglasung, großzügigen Badezimmern, Sonnenpaneelen.

In Appartement-Villen mit so exotischen Namen wie Villa Märchenschloss, Villa Maximilian, Villa Edelstein und Villa Marienkron lebt vor allem die japanische Oberschicht wie Ärzte, Rechtsanwälte und Manager. (Foto: oh)

Dazu locken gemeinschaftliche Sauna, Fitnessraum und Jacuzzi sowie ein großes Heimkino. Ärzte, Rechtsanwälte und Manager großer Firmen gehören nach Angaben der Immobilienfirma zu den Mietern - außer im "Mädelhaus". Das orientiert sich an alleinstehenden Damen und deren Sicherheitsbedürfnissen, etwa mit automatisch sich verschließenden Türen.

Damit Grünwald in Osaka nicht etwa einem Erdbeben zum Opfer fällt, hat Okamoto alle Häuser erdbebensicher bauen lassen. "Wir errichten nur Betongebäude mit einer Klasse-1-Zertifizierung. Sie würden einem Erdbeben der Stärke 8 und mehr standhalten", versichert Okamoto. Verwendet er denn deutsche Baumaterialien? Nein, das gehe nicht, bedauert der Firmeninhaber.

Anfangs habe man noch versucht, Fenster aus Deutschland zu importieren, "weil sie die besten der Welt sind". Aber die nötigen Genehmigungen der Behörden zu bekommen, sei mühsam und langwierig. Nach Grünwald im Isartal unterhält der japanische Geschäftsmann, der weiter expandieren will, noch heute Kontakte. Er ist eng mit dem Rotary-Club verbunden. Grünwalder Mitglieder sammelten nach dem Erdbeben im März für Katastrophen-Opfer.

Okamoto unterhält auch eine Stiftung, die jungen Leuten Stipendien in Osaka gewährt, um Land und Leute kennenzulernen. Wohnen dürfen die jungen Leute in einer der beliebten Mansardenwohnungen in Suita. Der Firmenchef selbst residiert übrigens mit seiner Familie nicht in Grünwald. Er bevorzugt ein renoviertes 200 Jahre altes Haus mit Stroh gedecktem Dach im japanischen Stil.

© SZ vom 13.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: