Anna Depenbusch:Ran an die Regie

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Allein am kreativsten: 2017 begibt sich Anna Depenbusch mit einem Stipendium in die Villa Massimo in Rom, um eine Solo-Klavier-Version ihres neuen Albums zu erarbeiten. (Foto: Sandra Ludewig)

Anna Depenbusch wünscht sich mehr Frauen im Pop und ermutigt Musikerinnen, ihre Albumproduktionen selbst in die Hand zu nehmen. Mit ihrer neuen Platte kommt sie jetzt nach München.

Von Michael Zirnstein

Es hätte eine große Freundschaft entstehen können. Damals als Ina Müller in ihrer Nachtsendung nach dem gemeinsam gesungenen Tränen-Stück "Kommando Untergang" ihrem Gast Anna Depenbusch zubrüllte: "Das ist geile Scheiße!" Zwei starke Frauen im Show-Geschäft - aber es wurde keine Freundschaft, dafür ist Anna Depenbusch doch zu sehr Einzelgängerin, wie sie sagt.

Aber es entstand etwas: Der Auftritt 2010 war wohl die Zündung für Depenbuschs überregionalen Erfolg mit dem folgenden Album "Die Mathematik der Anna Depenbusch", und es blieb eine "Verbundenheit, ein bisschen wie bei Geschwistern" mit Ina Müller und auch mit Annett Louisan, die alle ihre Heimat beim Label 105 Music hatten.

Sie alle teilten auch das Schicksal, dass sie diesen familiären, gut sortierten Plattenverlag nach Umstrukturierungen verlassen mussten. Sie wurden zum großen Mutterkonzern Sony "zwangsversetzt", wie Depenbusch noch immer etwas geknickt sagt.

Die neuen Partner wollten husch-husch einen Nachfolger zum Album "Sommer aus Papier" und ihrem Duett "Ich und Du" mit Mark Forster. "Die meinten, sie organisieren ein paar Songwriter und Produzenten und ich müsse das ja nur schnell einsingen", erinnert sich die 39-Jährige.

"Ich habe ihnen gesagt, sie sollen erst mal in ein Konzert kommen, damit sie wissen, was ich mache." Um sich aus dem Vertrag loszueisen, lieferte sie zusammen mit den abgestellten Team ein "Kunstprojekt" namens Haydn - elektronisch, kühl, "gar nicht ich, ich stehe ja für Nahbarkeit", wie sie sagt. "Dann bin ich halt rausgeflogen."

Schließlich fand Anna Depenbusch bei einer anderen Sony-Abteilung, Columbia, neue Freunde. Unter eigenem Namen kann sie nun wieder tun, was sie am liebsten macht: Die neue Platte "Das Alphabet der Anna Depenbusch" ist wieder ein hinreißendes Panoptikum ihrer Kunst, mit Liedern über das Leben und das liebe Leiden mit den Menschen, immer bewegt, aber "nie aggro", wie sie sagt, mal von Trauer in Freude schwenkend wie ein Funeral March ("Schönste Melodie"), mal wie sexy tangotanzendes, erzählendes Musiktheater ("Frauen wie Sterne"), mal fingerschnipsend und stimmverspielt (Relikte ihres Jazz-Gesangsstudiums), mal chansonesk (die Eltern hörten viel Piaf), neuerdings auch der deutschen Liedermacherei von Mey, Wecker und Wader huldigend (die drei lernte sie beim Jubiläumsfestival von "Songs an einem Sommerabend" kennen).

Alles mit tollen Musikern eingespielt, aber allein unter der Regie von Anna Depenbusch, worauf sie großen Wert legt und was sie in Workshops auch jungen Kolleginnen weitergibt: "Die Mädels lassen sich die Sachen immer aus der Hand reißen", sagt sie, "ich verstehe das gar nicht, weil mir der Aufnahmeprozess so viel Spaß bringt, zu entscheiden, was nehme ich auf, wann, wo, wie und mit wem. Das ist so entscheidend für die Qualität und meine Verbundenheit mit dem Album." In dem Sinn wünscht sie sich mehr Frauen im Pop wie Annette Humpe, Joy Denalane, Judith Holfornes, Balbina oder Ina Müller.

Anna Depenbusch, Fr., 7. April, 20 Uhr, Freiheizhalle, Rainer-Werner-Fassbinderplatz 1, 089/21837300

© SZ EXTRA vom 06.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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