Amoklauf in München:OB Reiter ruft zu einer Woche der Trauer auf

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Innehalten, für einen Moment, beten und gedenken: Am Wochenende haben Hunderte, wenn nicht Tausende den Tatort am Olympia-Einkaufszentrum besucht. (Foto: Johannes Simon/Getty Images)

Nach dem Amoklauf gedenkt die Stadt der Opfer und versucht gleichzeitig, zur Normalität zurückzukehren. Vor allem die Schulen brauchen nun Hilfe.

Von Nina Bovensiepen, Anita Naujokat und Kassian Stroh, München

Sonntagabend am Olympia-Einkaufszentrum (OEZ): Trotz der Menschenmenge ist es still, nur ein buddhistischer Mönch schlägt leise mit einem Stock auf eine kleine Trommel. Es gibt keine Reden, es ist keine Trauerfeier im klassischen Sinn. Münchner Bürger hatten auf Facebook zum Gedenken am Tatort des Amoklaufs vom Freitag aufgerufen. Mehrere Tausend sind gekommen. Viele haben Blumen oder Kerzen mitgebracht, die sie vor dem Haupteingang des OEZ niederlegen. Jemand hängt eine Flagge des Kosovo auf, in Erinnerung an die kosovarischen Mädchen, die erschossen wurden. Vor allem viele Jugendliche sind da, nehmen sich gegenseitig in den Arm, um sich zu trösten. München trauert - und wird es noch lange tun. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) legte den Bürgern nahe, für "eine Woche der Trauer" innezuhalten. Am nächsten Sonntag findet in der Frauenkirche der zentrale Gedenkgottesdienst für die Opfer und ihre Angehörigen statt. Bis dahin gäbe es keine städtischen Veranstaltungen mit Feiercharakter. "Referenten und Bürgermeister nehmen in dieser Woche nicht an Festivitäten teil", sagte Reiter der Süddeutschen Zeitung. Dies geschehe aus Respekt vor den Trauernden in der Stadt. Schon vor dem Gedenken am Sonntagabend waren Hunderte zum OEZ gekommen, um ihr Mitgefühl auszudrücken. Viele Veranstaltungen, wie etwa das Tollwood-Festival oder der Sommernachtstraum im Olympiapark, wurden abgesagt.

Die Stadt werde aber nach den schrecklichen Ereignissen auch alles tun, um die Menschen bei der Rückkehr in die Normalität zu begleiten, sagte Reiter. So soll insbesondere in Schulen psychologische Betreuung geleistet werden. Um dies zu gewährleisten, formierte sich bereits am Wochenende ein Stab von Schulpsychologen, der auch in Zusammenarbeit mit dem Münchner Krisen-Interventions-Team (KIT) den Einsatz vorbereitete.

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Seit Freitagabend ist nichts mehr wie zuvor - auch wenn es in manchen Momenten so aussieht: Szenen aus der City, aus Moosach, von großen Veranstaltungen und kleinen Begegnungen.

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Das Kultusministerium teilte am Sonntag zudem mit, man habe allen Schulen in Bayern Informationen übermittelt, "wie Lehrkräfte im Schulalltag in den kommenden Tagen den dramatischen Vorfall in München aufarbeiten können". Für Betroffene wurde in München auch eine Telefon-Hotline (089/21 37 20 78) eingerichtet. Das Krisen-Interventions-Team betreut seit Freitagabend Hunderte Augenzeugen der Tat und auch Angehörige der Opfer. OB Reiter sagte, er wolle dem Stadtrat vorschlagen, die Beerdigungs- und gegebenenfalls auch die Transportkosten der Verstorbenen ins Heimatland zu übernehmen. Auslöser dafür war ein Spendenaufruf des Bayerischen Roten Kreuzes: Es wollte drei Familien unterstützen, die ihre Kinder in ihrer Heimat, im Kosovo, beisetzen wollen, sich die Überführung aber nicht leisten können.

Der Amoklauf vom Freitagabend, bei dem insgesamt zehn Menschen starben, löste in aller Welt Mitgefühl aus. Selbst Papst Franziskus ließ ein Telegramm ans Münchner Erzbistum schicken. "Mit Bestürzung" habe er von der Tat erfahren, heißt es darin. "Seine Heiligkeit nimmt Anteil an der Trauer der Hinterbliebenen und bekundet ihnen seine Nähe in ihrem Schmerz."

Am Samstag legten Reiter und Ministerpräsident Horst Seehofer Kränze vor dem Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) nieder, später besuchte auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière den Tatort.

Zur Normalität zurückkehren will, so weit das möglich ist, auch das Olympia-Einkaufszentrum. Dessen Geschäfte werden an diesem Montag wieder geöffnet sein, wie Center-Manager Christoph von Oelhafen am Sonntag ankündigte. Um 9.30 Uhr werde er mit den Mitarbeitern eine Gedenkminute einlegen und ihnen einige Worte sagen. Außerdem wird im OEZ ein Kondolenzbuch ausliegen. Die Mitarbeiter erhielten zudem noch Rundschreiben, in denen ihnen Hilfestellung angeboten wird. Am Samstag habe Oelhafen mit jedem einzelnen Geschäftspartner telefoniert. Die Polizei hatte nach seinen Angaben das OEZ am Samstag um 17 Uhr wieder freigegeben. Den Großeinsatz der Sicherheitsbehörden vom Freitagabend lobte Reiter als angemessen. Vor allem habe ihn aber die Reaktion der Bürger beeindruckt. "Ich bin glücklich, dass die Münchner sich in der über Stunden ungewissen Lage so vernünftig verhalten haben", sagte der Oberbürgermeister. Zugleich lehnte er es ab, prompt über schärfere Sicherheitsmaßnahmen zu diskutieren. "Wir sollten so etwas Schreckliches nicht dafür missbrauchen, in planlose Sicherheitsdiskussionen zu verfallen."

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Nachdem die ersten Notrufe aus dem OEZ bei den Einsatzkräften eingegangen waren, lief eine ausgeklügelte Alarmierungskette an.

Von Susi Wimmer
© SZ vom 25.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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