Allach/Untermenzing:Quartier mit spezieller Würze

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Die überarbeiteten Pläne für das Diamalt-Areal stoßen bei der Mehrheit der Lokalpolitiker auf Zustimmung. Kritik gibt es an der Verkehrssituation

Von Anita Naujokat, Allach/Untermenzing

Voll des Lobes sind weite Teile des Bezirksausschusses (BA) nach einer Präsentation des Planungsreferats und des Architekten über die Entwicklung, die die Pläne für das Diamalt-Gelände inzwischen genommen haben. Zwar lässt sich die genaue Anzahl der künftigen Wohnungen auch bisher nur rein rechnerisch beziffern wie in diesem Verfahrensstadium üblich, doch sieht die Mehrheit der Stadtviertelvertreter das Gros ihrer Anregungen wegen der Zufahrten, einer zu hohen Abschottung und mangelnder Sichtachsen zu der denkmalgeschützten Suppenwürze und dem Kesselhaus im Inneren des Areals berücksichtigt. Einziger Kritikpunkt ist und bleibt die Verkehrssituation - auch im Hinblick auf das Junkersgelände auf der anderen Seite der Ludwigsfelder Straße, auf dem Gewerbe entwickelt werden soll. Lediglich die Grünen lehnen die Pläne nach wie vor komplett ab.

So wird es neben der Zufahrt zu den Wohnungen der Münchenbau im Süden des Areals nur noch Tiefgarageneinfahrten für 80 Wohnungen an der Georg-Reismüller-Straße geben. "Das halten wir für vertretbar", sagte Bernd Willer vom Planungsreferat. 75 Prozent der Stellplätze werden im Inneren von der Ludwigsfelder Straße aus erschlossen. Statt zwölf Tiefgarageneinfahrten sind nurmehr fünf vorgesehen. Hinzu kommen drei sechs bis acht Meter breite Zugangsmöglichkeiten für Fußgänger und Radfahrer von der Georg-Reismüller-Straße aus in das neue Quartier. Waren in der Vorgabe, dem sogenannten Eckdatenbeschluss, noch zwei Krippen- und zwei Kindergartengruppen mit 74 Plätzen vorgesehen, werden verteilt auf drei Einrichtungen fünf Krippen-, sechs Kindergarten- und zwei Hortgruppen für insgesamt 260 Kinder errichtet, darunter 40 Plätze für Kinder, die nicht im Quartier leben. Entlang der Bahn und Krauss-Maffei kommt eine Freifläche von rund 10 000 Quadratmetern für geschützte Tierarten wie die Zauneidechse und die Blauflügelige Ödlandschrecke.

Die Darstellung zeigt den Blick über die denkmalgeschützte Mauer an der Georg-Reismüller-Straße ins Innere des Areals.Simulation: Planungsreferat (Foto: privat)

Den größten Teil der Wohnungen baut die Isaria Wohnbau AG, etwa hundert Wohnungen im südlichen Segment die Münchenbau. Ob es nun 680 oder mehr als 700 werden, hängt noch davon ab, ob ein Teil der vorgesehenen Gewerbenutzung noch in Wohnraum umgewandelt wird und insgesamt gesehen mehr größere oder kleinere Wohnungen gebaut werden. Danach richtet sich dann auch die Anzahl der Stellplätze. Auszugehen ist von zirka 1600 Einwohnern.

Der Vorteil der mittigen Grünfläche liegt für Willer aus dem Planungsreferat eben in der Mitte: Hätte man sie an der Georg-Reismüller-Straße situiert, hätte man eine Lärmschutzwand gebraucht, sagte er. Und die Querung zwischen der früheren Direktorenvilla und dem Pförtnerhäuschen erlaube eine historische Verbindung; zwischen der ehemaligen Suppenwürze und dem Kesselhaus verstellt kein Gebäude den Blick.

Eine der Herausforderungen sei es gewesen, den Lärm in den Griff zu bekommen, sagte Franz Pesch vom Siegerbüro Pesch Partner Architekten Stadtplaner Dortmund/Stuttgart mit Helen Rohde Dortmund, deren Entwürfe Basis des Bebauungsplans sind. Er verglich das Diamalt-Gelände mit dem berühmten kleinen gallischen Dorf von Asterix und Obelix. Nur das es nicht von Römern geplagt werde, sondern von Lärm: Anlagenlärm, Bahnlärm, Straßenlärm. Gefolgt sei man dem für München eher typischen Quartierscharakter, wo ein Kind noch rechtzeitig zur Toilette im oberen Stockwerk hochkomme. "Wir wollten eine normale städtebauliche Situation, einen geschützten Raum, mit einer Membran außen herum, die Transparenz zulässt." Die denkmalgeschützten Bauten im Inneren bezeichnete Pesch als "hochinteressante Umnutzungsobjekte". Solche "historischen Ikonen" verlangten einen "öffentlichen Raum erster Güte".

Um das ehemalige Kesselhaus mit seinem Kamin (Bildmitte) entsteht das Wohnquartier.Simulation: Planungsreferat (Foto: privat)

"Das ist das erste Mal, dass ich so etwas wie ein Zufriedenheitsgefühl habe", kommentierte CSU-Stadträtin und BA- Vorsitzende Heike Kainz die Planung. Friedrich Schneller (SPD) sprach von einem "richtigen Juwel" für den Stadtbezirk. "Ich finde das Projekt sehr schön. Es wird Allach und Untermenzing mehr aufwerten als viele denken", zeigte er sich überzeugt. Auch Ingrid Haussmann (parteifrei) äußerte sich begeistert: "Wenn es nach mir geht, könnte man jetzt sofort mit der Umsetzung anfangen." Stefanie Martin (CSU), Vorsitzende des Unterausschusses Planung und Bau, schloss sich ihren Vorrednern an. Viele Kritikpunkte seien ausgeräumt, meinte sie. Und von den breiten Zugängen an der Georg-Reismüller-Straße fühle man sich jetzt ein- und nicht mehr ausgeladen.

Er sei nicht gerade "Feuer und Flamme", befand FDP-Mann Henning Clewing, aber immerhin sei die Planung jetzt besser als vorher. Josef Feig (CSU) sieht als größtes Problem die Verkehrssituation in der Georg-Reismüller-Straße, auch im Zuge des Umbaus des Oertelplatzes. Er regte an, die Baukörper etwas weiter weg von der Straße ins Gelände zu rücken und dafür grüne Parkbuchten an der Straße zu schaffen. "Das ist die einzige Chance, hier noch ein bisschen Raum zu bekommen", sagte er. "Die, die hier einmal einziehen, werden sich wohlfühlen. Aber die alten Allacher werden nur die Belastungen haben", prognostizierte er. Willer wandte ein, dass die bestehende Mauer dort denkmalgeschützt sei und auch der Baumbestand schützenswert. Er warne prinzipiell davor, in alle Vorgärten eingreifen zu wollen: "Der Verkehr würde zwar flutschen, aber wir hätten Schluchten wie in Los Angeles." Außerdem, sagte Friedrich Schneller, parke dann jeder in den Buchten und keiner mehr in der Tiefgarage.

"Ein wenig Wasser im Wein" war für SPD-Fraktionssprecher Pascal Fuckerieder noch, dass bisher keine Aussagen zur Fassadengestaltung getroffen wurden - über sie wird noch ein Beratergremium befinden. Die Grünen lehnten die Planung nach wie vor ab. Er sehe keine große Veränderung zum vorherigen Entwurf, kritisierte Rafael Núnez-Kraft. Es sei sicher etwas nachgebessert worden, aber die gelobten breiten Zugänge seien eher "Gucklöcher" als Sichtachsen zwischen den Gebäuden.

© SZ vom 15.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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