Allach/Untermenzing:Plötzlich grün

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Umstrittener Plan: 85 Wohnungen in acht baugleichen Häusern will die Gewofag zwischen Franz-Albert-/und Naßlstraße bauen. (Foto: Visualisierung: Bündnis WAL, Arge Preuss, Maier Neuberger)

Für die Gegner des "Wohnen-für-alle"-Projektes standen Verkehrs- und Integrationsprobleme im Vordergrund. Nach dem Erfolg der Bürgerinitiative an der Unnützwiese wird die Freizeitfläche an sich zum Argument

Von Anita Naujokat, Allach/Untermenzing

Der Widerstand gegen das "Wohnen-für-alle"-Projekt der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gewofag zwischen Franz-Albert- und Naßl-straße wächst. Schon kurz nach der Info-Veranstaltung der Gewofag und städtischer Vertreter im März haben Anwohner eine Bürgerinitiative (BI) auf die Beine gestellt, die nach eigenen Angaben bereits 400 bis 500 Unterschriften gesammelt hat und mit noch einmal so vielen rechnet. Als Ziel der Bewegung sind auf dem Flyer, mit dem die BI um Unterschriften wirbt, einzig der Erhalt der Grünfläche als zentrale Ausgleichs- und Freizeitfläche und Frischluftschneise für Allach und den Rest der Stadt genannt.

Von Grün war in der Info-Veranstaltung unter den Gegnern des Vorhabens allenfalls am Rande die Rede gewesen, vielmehr hatten sie mit Verkehrs- und Integrationsproblemen argumentiert. Die Gewofag will auf dem städtischen Grundstück zirka 85 Wohnungen in acht baugleichen Häusern für etwa 140 bis 160 Einwohner und 27 Stellplätze im Inneren des Geländes errichten. Belegt werden soll knapp mehr als die Hälfte der 47 Ein-, 16 Zwei- und Zweieinhalb- sowie 22 Drei-Zimmer-Wohnungen mit anerkannten Flüchtlingen; die anderen Wohnungen sind für Geringverdiener gedacht.

Eine Steilvorlage dafür, sich plötzlich ausschließlich auf Grün zu konzentrieren, hat die Initiative wohl im erfolgreichen Kampf der Bürger gegen ein ähnliches Vorhaben auf der Unnützwiese in Trudering erkannt. Auch nach dem Rückzieher der Stadt halten die dortigen Aktivisten an ihrem Bürgerbegehren fest, die Bebauung städtischer Grünflächen generell zu verhindern. Darauf setzt jetzt offenbar auch die Allacher BI. Zumindest nach außen, denn laut Cornelia Schwarz-Teuber, Anwohnerin und eine von etwa 15 gleichberechtigten Mitgliedern, die zum Kern gehören, ist ein offener Brief von ihr Auslöser zur Gründung der Initiative gewesen. Das Schreiben an Stadtrat, Bezirksausschuss und Gewofag drücke ihre persönliche Meinung aus und entspreche nicht in allem der BI-Haltung, sagte Schwarz-Teuber im Bezirksausschuss (BA). Dennoch wurde das Papier auch im Gremium zusammen mit dem BI-Flyer verteilt.

In dem Brief beschreibt Cornelia Schwarz-Teuber die vielfältigen Probleme von Zuzug für den Verkehr, die fehlende Infrastruktur und fragt, wie Integration gelingen könne, wenn die Anzahl der zu Integrierenden "bei Weitem" die der "angestammten Bevölkerung" in dem Gebiet übertreffe. Allach habe bereits seinen Teil dazu beigetragen, Sozialbedürftigen eine neue Heimat zu geben. Als geeigneteren Standort schlägt sie der Stadt ein Grundstück an der Siberstraße/Ecke Hohenadelweg oder das frisch angelegte Gelände des ehemaligen Sommerbades vor.

Unerwähnt bleibt, dass bei beiden Arealen ebenfalls Grün überbaut würde. Sollte es aber bei dem Grundstück an der Naßl-/Franz-Albert-Straße bleiben, müsste kleiner und vernünftiger gebaut werden, fordert Cornelia Schwarz-Teuber. Doch einfach so über die Köpfe der Einwohner hinweg zu entscheiden, treibt ihren Worten folgend Menschen "in die Arme rechtspopulistischer Parteien". In ihrem Statement im Bezirksausschuss bezeichnete sie die Art und Weise, wie die Stadt die Anwohner informiert habe, als "schamlos".

Die Initiative zur Rettung der Unnützwiese hat sich ihr zufolge wehren können, da sie über die Standorte frühzeitig durch einen "Spion im Stadtrat" informiert worden sei. Das stimmt nach Aussage von deren Sprecher Stefan Hofmeir so nicht. Er habe Cornelia Schwarz-Teuber in einem Telefonat gesagt, dass die Allacher relativ spät mit ihrem Protest dran seien und die Standorte seit Sommer vergangenen Jahres öffentlich bekannt gewesen seien, so dass es genügend Gelegenheiten gegeben habe, sich darüber zu informieren. Nach seiner Auffassung lässt sich die Unnützwiese auch nicht eins zu eins mit der Allacher Situation vergleichen. Denn anders als auf dem Areal in Allach, für das seit 1994 Baurecht besteht, sei die Unnützwiese im Flächennutzungsplan als allgemeine Grünanlage ausgewiesen und sei deshalb besonders schützenswert.

Die Frage von Bürgern, ob der Bezirksausschuss für oder gegen das Vorhaben sei, konnte Sitzungsleiter Friedrich Schneller (SPD) noch nicht beantworten. Als stellvertretender BA-Vorsitzender vertrat er Heike Kainz (CSU), die krankheitsbedingt entschuldigt war. "Wir wissen bisher auch nicht mehr als das, was in der Informationsveranstaltung vorgestellt wurde", sagte Schneller. Man müsse erst die Äußerungen der Referate abwarten und dann eine Stellungnahme erarbeiten. Einzig Johann Wagner (CSU) sprach sich bereits entschieden für den Erhalt der Grünfläche aus.

In den Gesprächen nach der Bezirksausschuss-Sitzung spielte das Thema Grün dann eher eine untergeordnete Rolle. "Man darf es nicht laut sagen", sagte eine Frau im Hinausgehen zu einer anderen, "aber die Flüchtlinge versprechen sich doch ein Rundum-Sorglos-Paket, das sie auch bekommen". Als Mieter habe man es da besser, da könnte man "bei so was" einfach wegziehen. Aber als Eigentümer könne man sich das nicht leisten.

© SZ vom 25.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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