Allach/Untermenzing:Mut zur Größe

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Konversion und Kontroverse: Der Wandel auf alten Industrieflächen, wie hier auf dem Diamalt-Gelände, gefällt nicht jedem, der in Allach-Untermenzing am Rande der Stadt zu Hause ist. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Die ÖDP fordert in einem Stadtratsantrag einen Masterplan für die Entwicklung. Nur so lasse sich der erwartbare starke Wandel, dem das Viertel entgegensieht, vernünftig bewältigen

Von Thomas Kronewiter, Allach/Untermenzing

Je nachdem, ob man die Angerlohe oder das Werkstor von Krauss-Maffei vor der eigenen Haustür hat, zeigt sich der Stadtbezirk Allach-Untermenzing ruhig, grün und dörflich idyllisch - oder verkehrsbelastet, versiegelt und industriell geprägt. Nicht von ungefähr hat die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) diesen Teil des Münchner Nordwestens nun als Wahlkampf-Schauplatz entdeckt. Ihre Stadträte Johann Sauerer, Sonja Haider und Tobias Ruff haben ein ganzes Antragspaket auf den Weg gebracht. Ziel des acht Punkte umfassenden und plakativ formulierten Vorstoßes an die Adresse des Oberbürgermeisters: "Allach-Untermenzing stärken".

Dass es dieser Stärkung bedarf, dürften Politiker jeder Couleur bestätigen. So hat neben Initiator Sauerer auch seine Stadtratskollegin Heike Kainz (CSU), die Bezirksausschuss-Vorsitzende, gerade im Planungsausschuss einem Beschluss ihre Zustimmung versagt, der "Schluss mit der massiven Versiegelung der noch verbleibenden grünen Flächen in Allach" machen wollte. Konkret ging es darin um Grundstücke an der Franz-Albert- und der Erwin-Schleich-Straße, die bebaut werden sollen. Den Arten- und Biotopschutz sah der Stadtrats-Planungsausschuss aber mehrheitlich durch das Wohnprojekt nicht erheblich gefährdet. Und die ebenfalls von der Bürgerversammlung des Viertels gewünschte Auflistung der in den vergangenen zehn Jahren im Stadtbezirk versiegelten Flächen brachte das auf den ersten Blick verblüffende Ergebnis, dass durch die Aufstellung von Bebauungsplänen die zulässige Versiegelung sogar verringert worden ist. "Das liegt unter anderem daran, dass gewerblich nutzbare Flächen mit hohen Versiegelungen in Wohngebiete mit großen Frei- und Grünflächen umstrukturiert worden sind", erläuterte Stadtbaurätin Elisabeth Merk den Stadträten.

Die ÖDP-Stadträte Sauerer, Haider und Ruff fordern dessen ungeachtet nun einen Masterplan für den ganzen Stadtbezirk. Der soll laufende und künftige Bauleitplanungen ebenso berücksichtigen wie mögliche Nachverdichtungsprojekte, die prognostizierte, nach oben zeigende Einwohnerentwicklung, die Verkehrssituation, kulturelle, soziale und sportliche Aspekte, Gewerbe und Einzelhandel, Kindertagesstätten und Schulen, öffentliche Plätze und Grünflächen. "Vor allem die Stadtrandbezirke werden nach aktueller Planung in den nächsten Jahrzehnten einem starken Wandel unterzogen sein", sagen die ÖDP-Politiker.

An konkreten Maßnahmen schlagen sie einen Mobilitätsarbeitskreis mit dem Landkreis Dachau vor, der ein interkommunales Verkehrskonzept für den Münchner Nordwesten erarbeiten soll. Die verkehrliche Infrastruktur hinke laut Experten "mindestens 15 Jahre zurück", heißt es in ihrem Papier. Dabei ist nicht nur für Allach-Untermenzing eine deutliche Steigerung der Bewohnerzahl in Aussicht gestellt. Auch der Nachbar-Landkreis Dachau und die direkt angrenzende Gemeinde Karlsfeld wachsen. Zudem regen die Politiker weitere Mobilitätsstationen an. Sie wollen für die Einkaufsmeile Vesaliusstraße auch eine sichere Ausgestaltung realisieren, die den Interessen aller Verkehrsteilnehmer, Anwohner und Gewerbetreibenden Rechnung trägt. Die Forderung nach einem Nahversorgungskonzept steht allerdings im Kontrast zum gerade eröffneten Konsumtempel Evers am Oertelplatz mit seiner Ballung an Geschäften in modernem Zentrums-Ambiente. Damit aber ließen sich nicht unbedingt die kleinen, inhabergeführten Geschäfte schützen, finden die Rathaus-Politiker.

Dass die ÖDP über ihr Antragspaket im Rathaus die Öffentlichkeit sucht, heißt aber nicht, dass andere Fraktionen im BA das Verkehrs- und Wachstumsthema unbeackert ließen. Ein Beispiel: Der Schichtbusverkehr zu den Werken von MAN und MTU, etwa aus dem Landkreis Pfaffenhofen, soll in den öffentlichen Personen-Nahverkehr integriert werden. Dazu müssten unter anderem die Schichtbusse bis zum S-Bahn-Haltepunkt Karlsfeld verlängert werden. Die Initiative dazu kam von CSU-Fraktionsmitglied Peter Auer. Die übrigen Fraktionen haben sich dieser Idee einstimmig angeschlossen. Sie wird nun zur Prüfung an die Stadtverwaltung übersandt.

© SZ vom 01.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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