Allach/Untermenzing:Die Außenbezirke wachsen zu

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Nicht nur wegen Großbauprojekten wie hier am Oertelplatz am Allacher S-Bahnhof wird es enger, auch privat wird viel gebaut. (Foto: Catherina Hess)

Lokalpolitiker beschäftigen sich mit der hohen Baudichte in den Vierteln am Stadtrand

Von Anita Naujokat, Allach/Untermenzing

Die Nachverdichtung spielt gerade in den Stadtrandbezirken eine immer größere Rolle, weil dort verglichen mit der Innenstadt große Gärten und freie Flächen noch Platz zum Bauen bieten. Ablesen lässt sich das wieder einmal an der Tagesordnung der kommenden Sitzung des Allach-Untermenzinger Bezirksausschusses: hier ein Antrag auf 27 Reihenhäuser an der Allacher Straße/Ecke Ganzenmüllerstraße, dort einer auf Neubau von 16 an der Parrotstraße, vier neue verbundene Stadthäuser an der Goteboldstraße - um nur die Beispiele zu nennen, mit denen sich die Lokalpolitiker in einer einzigen Sitzung befassen.

In der Bürgerversammlung im Juni zählte ein Einwohner 56 gerade laufende Bauvorhaben im Stadtbezirk auf, nicht berücksichtigt waren dabei die großen wie am Oertelplatz, auf dem ehemaligen Diamaltgelände und in der Gerberau. In seinem mit Mehrheit angenommenen Antrag, die Nachverdichtung zu beschränken, berief er sich auf die 1995 vom Münchner Stadtrat entwickelten Ziele zur Agenda 21 für eine nachhaltige Entwicklung Münchens: Dort heiße es unter Ziel 3 zur Lebensqualität: "Die Gestaltung unseres Lebensraums führt zu hoher Gesundheit der Münchner und Münchnerinnen und ermöglicht sichere, emissionsarme und ansprechende Wohnverhältnisse." Die Politik des Stadtrats sehe aber ganz anders aus, heißt es in dem Antrag. Wo bisher Ein- und Zweifamilienhäuser waren, würden Mehrfamilienhäuser mit bis zu acht Wohneinheiten gebaut, der Verkehr nicht nur auf der Goteboldstraße, dem Paul-Ehrlich-Weg und der Eversbuschstraße sei auch außerhalb der Rush-Hour unerträglich geworden, das Straßennetz komplett überfordert.

Mit dem Antrag hat sich der Planungsausschuss des Stadtrats befasst und ihn abgelehnt. Die Ausschussmitglieder halten eine weitere Entwicklung von Siedlungsflächen in allen Stadtbezirken gemäß der Beschlussvorlage von Stadtbaurätin Elisabeth Merk als "unabdingbar" für den Erhalt und die Schaffung bezahlbaren Wohnraums. Auch die Annahme, dass sich der anhaltende Zuzug - München erwartet einen Zuwachs auf 1,85 Millionen Einwohner bis 2035 von derzeit 1,54 Millionen (Stand: 31. März 2017) durch den Stopp von Bauflächenausweisungen oder weiterer Verdichtung aufhalten ließe, habe sich nicht bestätigt. Eine Begrenzung würde den angespannten Wohnungsmarkt nur noch weiter anheizen und Durchschnittsverdiener und Familien ins Umland drängen, was zu noch mehr Pendlern führen würde.

Auch habe die Stadt nicht überall Einfluss: Auf Bereiche ohne Bebauungsplan innerhalb bebauter Ortsteile seien Bauvorhaben grundsätzlich zulässig, wenn sie sich nach Art und Maß der Nutzung, der Bauweise und der zu überbauenden Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen, die Erschließung gesichert ist und das Ortsbild nicht beeinträchtigt wird (Paragraf 34 Baugesetzbuch). Dennoch gebe es Konzepte, mit denen das Planungsreferat etwa in Gebieten mit Gartenstadtcharakter die Wohnbauentwicklung steuern soll, etwa um die Einzelhausbebauung, wertvolle Baumbestände und zusammenhängende private Freiflächen zu erhalten und andererseits Bereiche mit Verdichtungspotenzial "behutsam fortzuentwickeln". Obergrenzen und einer Beschränkung der Nachverdichtung entsprach der Ausschuss nicht. Einzig die Forderung des Bürgers, Neubauten nur bei ausreichender Verkehrsinfrastruktur zu bewilligen, sieht das Gremium erfüllt: Die Behörde genehmige Bauvorhaben nur dann, wenn die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien, zu denen auch eine gesicherte Erschließung gehöre.

Die Entscheidung steht auf der Tagesordnung des Bezirksausschusses (BA) an diesem Dienstag, 14. November, 19 Uhr, in der Stadtbibliothek, Pfarrer-Grimm-Straße 1. Zugleich finden sich unter den Punkten aber auch drei Anträge auf Erhöhung der Bebauungsdichte durch Aufstockungen an Blockrändern und an U- und S-Bahnhöfen - gestellt von den Rathausfraktionen der SPD und CSU. Der BA hatte das Thema "Nachverdichtung" bereits vor zweieinhalb Jahren an den Unterausschuss "Planung und Bau" verwiesen. Der sollte sämtliche Facetten ausloten. Ein "Input" für die Vollversammlung steht allerdings noch aus.

© SZ vom 11.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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