Ärger an der Münchner Freiheit:Albtraum in Neongrün

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Die Farbe mache aggressiv und ungestörtes Arbeiten sei nicht mehr möglich: Eine Zahnärztin klagt gegen die grelle Farbe der Tram-Haltestelle an der Münchner Freiheit. Jetzt soll ein Kompromiss für Frieden sorgen.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Mitten in der Großstadt und doch strahlendes Grün vor den Fenstern - was wie ein Traum klingt, ist für eine Schwabinger Zahnärztin der blanke Albtraum. Ihre Praxisräume liegen an der Münchner Freiheit direkt über dem giftgrünen Dach der Trambahnhaltestelle. Was von dort reflektiert wird, nennt sie "Aquarium-Licht". Seit Jahren wird nun zwischen der Eigentümergemeinschaft und den Stadtwerken (SWM) sowie der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) über diese geschäftsschädigende Beleuchtung der Praxisräume gestritten. Doch nun zeichnete sich vor dem Oberlandesgericht eine Lösung ab.

Den Passanten und Fahrgästen der Straßenbahnlinie 23 wird die farblich extreme Gestaltung des Haltestellendaches zumeist gar nicht so aufgefallen sein: Neongrün leuchtet es auf 1500 Quadratmetern gen Himmel - die Unterseite ist dagegen eher dezent in Perlweiß gehalten.

Im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens war zwar auf eine grüne Gestaltung hingewiesen worden. Aber mit diesem schrillen Resultat hatte offenbar niemand gerechnet: "Ein ungestörtes Arbeiten ist nicht mehr möglich", machte die betroffene Zahnärztin in dem Rechtsstreit deutlich. Das Auge werde stark gereizt, jegliche Farbwahrnehmung sei verändert und alle Räume in dieses unnatürliche Grün getaucht. Nur mit völliger Verdunkelung könne man sich dagegen wehren. Der Farbton mache auf Dauer aggressiv. Und zur Abstimmung von Weißtönen bei Zahnersatz müssten die Patienten in hintere Räume gebeten werden. Der Eigentümergemeinschaft hat die Medizinerin, die eine halbe Million Euro in die Praxisausstattung investiert hat, daher mit Mietminderung und Schadensersatz gedroht. Die klagte daraufhin gegen SWM und MVG - in erster Instanz ohne Erfolg.

Ein Sachverständiger hatte in erster Instanz vor dem Landgericht München I bestätigt, dass die unnatürlich grüne Reflexion eine "wesentliche Beeinträchtigung" darstelle. Er hat aber auch festgestellt, dass inzwischen der Zahn der Zeit an dem Dach genagt hat: Ruß und Schmutz haben das Grün erheblich abgedunkelt und erträglich gemacht. Allerdings befürchten Eigentümer und Zahnärztin nun, dass das Dach geputzt werden oder gar mit einem neuen giftgrünen Farbbelag versehen werden könnte.

Der 15. Zivilsenat hat am Mittwoch in der Berufungsverhandlung den städtischen Unternehmen klar gemacht, dass die Kläger zu Recht auf Sicherheiten pochen: Ihr Versprechen allein, das Dach künftig nicht heller als "Farngrün" zu gestalten, genüge nicht. Zumal SWM und MVG befürchten, dass der Architekt, zu dem ein schlechtes Verhältnis bestehe, urheberrechtliche Ansprüche auf den alten Farbton geltend machen könnte. Das Gericht schlug vor, dass die Betriebe sich für den Fall, ihre Zusage nicht einhalten zu können, zur Zahlung von monatlich 1200 Euro verpflichten. Sollte der Kompromiss scheitern, wird am 30. Juli weiter verhandelt.

© SZ vom 05.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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