Es ist eigentlich nur eine Geburtstagsfeier, doch der Jubilar wird an diesem Freitagabend im Münchner Augustinerkeller gefeiert, als hätte er die Landtagswahl für die SPD bereits gewonnen. Oberbürgermeister Christian Ude hat zu seinem 65. Geburtstag geladen, und vor allem Parteigenossinnen und -genossen sind gekommen, um dem aktuellen Hoffnungsträger einer politischen Wende im Freistaat zu gratulieren.
Die erste Huldigung trägt der SZ-Karikaturist Dieter Hanitzsch vor, indem er mit einer Diashow eine Auswahl seiner besten Ude-Karikaturen in dessen 20-jähriger Amtszeit zeigt und kommentiert. Ude sei das "Paradeopfer eines Karikaturisten", sagt Hanitzsch, da er extrem leicht zu zeichnen sei. Einfaches und schnell verdientes Geld sei das, merkt Hanitzsch sichtlich erfreut an.
Als Ehrengast ist die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) erschienen - Ude zuliebe in bayerischer Tracht. "Das habe ich ihm versprochen: Wenn ich das nächste Mal komme, dann im Dirndl", sagt Kraft. Sie komme gerade von der Ministerpräsidentenkonferenz in Weimar. Dort habe einer gefehlt, sagt sie in Anspielung auf Horst Seehofer. "Es wird Zeit, dass du kommst, lieber Christian, es wäre bestimmt lustiger gewesen", umgarnt sie den Jubilar. Und dann dichtet sie die Hymne des Lieblingsvereins des Oberbürgermeisters, dem TSV 1860 München, noch kurzerhand auf das Geburstagskind um: "Einmal Ude, immer Ude."
Christian Ude wird 65 Jahre alt - aber er hat noch eine Menge vor. Andere in seinem Alter können das gut verstehen. Acht prominente Altersgenossen und ihre Botschaft an den Münchner Oberbürgermeister.
Weil die SPD an diesem Abend unter sich bleibt und der politische Gegner sich in dieser Woche einen herben Fauxpax erlaubt hat, ist die Laune entsprechend gut. In seiner Dankesrede verteilt das Geburtstagskind dann auch noch ein paar Wahlkampf-Spitzen. In Anspielung auf die ZDF-Telefon-Affäre der CSU, die den Pressesprecher der Partei den Job kostete, gibt sich Ude augenzwinkernd gerührt: "Ich fand es schon phänomenal was die CSU zur Gestaltung dieses Geburtstags beigetragen hat."
Dass Ude und die Bayern-SPD sich bis vor wenigen Tagen angesichts mäßiger Umfragewerte (48 Prozent für die CSU, 20 Prozent für die SPD) selbst im Stimmungstief befand - an diesem Abend herrscht darüber kollektive Geburtstags-Amnesie. Es sehe ganz so aus, als würden sich Horst Seehofer und die CSU vor dem Kandidaten Christian Ude dermaßen fürchten, dass sie sogar zu solchen unlauteren Mitteln greife, analysiert der SPD-Spitzenkandidat selbstbewusst. Und fügt gewohnt süffisant hinzu: "Ein Dankeschön an die Nymphenburger Straße". Dort ist die CSU-Zentrale beheimatet.
Ob man Udes groß angelegte Geburtstagsoffensive auch als Versuch deuten kann, mit den Partyaktivitäten seines Konkurrenten mitzuhalten? Ein Geburtstag im Augustinerkeller ist zwar keine Facebook-Party in der Nobeldisco P1, wie sie Seehofer vor einiger Zeit veranstaltete - aber im Wahlkampf kann der häufig spröde wirkenden SPD ein bisschen Party-Image ja nicht schaden.
Von den bayerischen Genossen bekommt Ude, der bekennende Radler, dann noch ein neues Fahrrad geschenkt. Das kommt ausgerechnet in schwarzer Farbe daher, weshalb Bayerns SPD-Chef Florian Pronold schnell verspricht, dass das Gefährt noch rot lackiert werde.
Dann ist "der gemütliche Teil des Abends" vorbei, wie Günther Sigl sagt, als er mit seiner Band, der Spider Murphy Gang auf die Bühne kommt. Das erste Lied ertönt: "Mir san a bayerische Band". Da hält es Ude nicht mehr auf seinen Platz. Er springt auf und legt mit Hannelore Kraft eine flotte Sohle aufs Parkett, fast so, als wäre er in einer Juso-Disko.
Ob die Stimmung auch bei Udes 66. Geburtstag in einem Jahr auch so gut sein wird? Den könnte der SPD-Mann als frisch gewählter Ministerpräsident feiern - oder als gescheiterter Hoffnungsträger. Der Spitzenkandidat dürfte es mit Udo Jürgens halten wollen. Der sang einst: "Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an".
