23 Jahre nach der Tat:Angeklagter bestreitet Sexualmord an Rentnerin

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Er hält es für ein Komplott seiner Ex-Frau: 23 Jahre nach einem Verbrechen in der Maxvorstadt steht ein Mann vor Gericht. DNA-Proben haben die Ermittler auf seine Spur gebracht. Doch der mutmaßliche Täter bestreitet die Tat - mit einer abstrusen Erklärung.

Von Andreas Salch

Am Morgen des 9. September 1990 wurde Elisabeth G. tot vor ihrer Wohnung im Treppenhaus eines Anwesens in der Heßstraße gefunden. Ihre Leiche war teilweise entstellt. An diesem Montag, auf den Tag genau 23 Jahre nach dem brutalen Mord, musste sich der mutmaßliche Täter vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München I für die Tat verantworten. Zu Prozessbeginn stritt der 45-jährige Ismet O. jede Schuld ab: "Von dieser Geschichte weiß ich nichts", sagte er, nachdem die Staatsanwältin die Anklage verlesen hatte. Über einen seiner beiden Verteidiger ließ der gebürtige Libanese knapp erklären, er werde weiter nichts zu den Vorwürfen sagen und vorerst auch keine Angaben zu seiner Person machen.

Im Jahr 2000 hatten Ermittler der Polizei DNA-Spuren unter den Fingernägeln und von der linken Brust der Leiche von Elisabeth G. mit Hilfe neuer Techniken ausgewertet. Im Juli 2011 nahm die Polizei dann im Zuge von Ermittlungen in einem anderen Fall eine DNA-Probe von dem gelernten Tischler Ismet O. Er wurde damals beschuldigt, seine Frau geschlagen und vergewaltigt zu haben. Ein Gericht in Tübingen verurteilte ihn deshalb wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer mehrjährigen Haftstrafe. Als die Fahnder später die DNA-Probe routinemäßig mit Spuren aus noch ungeklärten Verbrechen verglichen, stellten sie fest, dass eine Verbindung zu dem brutalen Mord in der Maxvorstadt im September 1990 besteht.

Ismet O., der im dunklen Anzug auf der Anklagebank Platz nahm, ist verbittert. Zu einem Gerichtspsychiater, der ihn in der Haft untersuchte, sagte er, die Anklage wegen Mordes an Elisabeth G. sei Teil eines "bösen Plans seiner Frau, um ihn fertig zu machen". Über sie verlor Ismet O. in dem Gespräch mit dem Psychiater auch sonst kein gutes Wort. Nachdem sie erfahren habe, dass er eine Affäre mit einer anderen Frau habe, habe sie "alles zerstört". Als ihm in der Haft ein Polizist vorwarf, er habe mit dem Mord in der Maxvorstadt vor 23 Jahren etwas zu tun, habe er erst an einen "schlechten Spaß" geglaubt, berichtete O. dem Psychiater. Er habe damals "polnische Topmodels" gekannt und es nicht nötig gehabt, sich mit einer 63-jährigen Frau einzulassen. Wie seine DNA an den Körper der Toten gekommen ist, könne er sich nicht erklären.

Laut Anklage soll der damals 22-Jährige am Abend des 8. September 1990 sein späteres Opfer in einem Lokal in der Schleißheimer Straße kennengelernt haben. Zeugen zufolge unterhielten sich beide und tauschten nach einiger Zeit auch Zärtlichkeiten aus. Im Verlauf des Abends soll Ismet O. den Entschluss gefasst haben, Elisabeth G. aus "Gier nach sexueller Befriedigung" zu töten, falls sie sich ihm widersetzt, so die Anklage. Nach dem Besuch eines weiteren Lokals waren Ismet O. und Elisabeth G. zu deren Wohnung in der Heßstraße gegangen.

Als sie vor ihrer Türe standen, bemerkte die 63-Jährige, dass sie keinen Schlüssel hatte. Sie klopfte bei einem Nachbarn. Doch der reagierte nicht. In diesem Moment soll sie ihren Begleiter gebeten haben, zu gehen. Ismet O. aber blieb. Im Streit soll Elisabeth G. den 22-Jährigen mit den Worten "Hau ab, du Scheiß-Araber" beschimpft haben. Daraufhin, so die Anklage, habe O. sein Opfer plötzlich mit beiden Händen am Hals gewürgt. Um sich zu befriedigen, habe er Elisabeth G. teilweise entkleidet und ihr in die linke Brust gebissen. Außerdem soll er "mit einem Körperteil oder einem Gegenstand" in sie eingedrungen sein.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Ismet O. die Witwe zur Befriedung des Geschlechtstriebs heimtückisch ermordet hat. Der Prozess dauert an.

© SZ vom 10.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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