Katholische Kirche:Söder wirbt bei Marx um Versöhnung

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Mehrmals sind der Ministerpräsident und der Kardinal etwa wegen der Rhetorik der CSU zum Umgang mit Flüchtlingen aneinandergerasselt. Nun lobt Söder die Arbeit der Katholiken

Von Jakob Wetzel

Markus Söder lässt seinen Charme spielen. "Bayern ist stolz darauf, was Sie leisten", ruft der bayerische Ministerpräsident den Kirchenleuten und Ehrenamtlichen zu. Es ist Mittwochabend, das katholische Erzbistum München und Freising und der Diözesanrat der Katholiken haben zum Jahresempfang ins Kardinal-Wendel-Haus in Schwabing geladen, etwa 600 Gäste sind gekommen. Und Söder, selber lutherisch, nutzt die Gelegenheit. Bayern sei christlich geprägt, sagt er, das Christentum sei "Bestandteil unserer Kultur, unserer Lebensart", es halte Bayern und Europa zusammen. Die Kirchen seien ein Stabilitätsanker und sollten optimistischer in die Zukunft blicken. Am Ende bedankt sich Söder gar bei Erzbischof Reinhard Marx dafür, dass der sich in die Politik einmische.

Der Ministerpräsident wirbt an diesem Abend um Versöhnung. Denn das Verhältnis zwischen Söder und seiner Partei auf der einen und den Kirchen und besonders Marx auf der anderen Seite ist seit Langem angespannt. Mehrmals sind Söder und der Kardinal etwa wegen der Rhetorik der CSU zum Umgang mit Flüchtlingen aneinandergerasselt. Immer wieder mahnte der Kardinal eine menschlichere Politik an. Umgekehrt stichelte Söder 2015, nachdem Zeitungen berichtet hatten, die Kirchen würden für ihre Flüchtlingsunterkünfte Geld von den zuständigen Landratsämtern verlangen, Barmherzigkeit brauche keine Miete. Zuletzt kritisierte Marx Söders Erlass, in allen Landesbehörden Kreuze aufzuhängen. Wenn das Kreuz nur als kulturelles Symbol gesehen werde, sagte der Kardinal, dann habe man es nicht verstanden.

Auf Söders Lob ist Marx am Mittwoch nicht lange eingegangen. Stabilität und Unruhe, "beides ist wichtig, Herr Ministerpräsident", sagte der Erzbischof. Jesus Christus sei ja auch nicht hingerichtet worden, weil er die herrschenden Verhältnisse stabilisiert habe. Unruhe herrsche auch innerhalb der deutschen katholischen Kirche: Er sei in der Deutschen Bischofskonferenz kontroverse Debatten gewohnt, sagte Marx. Vielleicht solle man Teile davon ja im Fernsehen übertragen, "damit das Volk Gottes teilhaben kann".

Diskutiert wird dort zurzeit hauptsächlich über die Reform der Kirche, für die am Mittwoch besonders eindringlich der Vorsitzende des Diözesanrats, Hans Tremmel, warb. Die Kirche leide an einem Multisystemversagen, sagte der Sozialethiker: Nach dem Bekanntwerden der Missbrauchstaten durch Priester könne "nicht mehr alles bleiben, wie es ist und wie es war". Die Kirche werde zunehmend bedeutungslos, die Leute liefen ihr davon. Nicht alle Bischöfe aber hätten begriffen, dass es nicht weitergehe wie bisher. Marx gab Tremmel recht: Die Kirche stehe vor einem epochalen Wandel, sagte er. Wer das nicht sehe, habe "sein geistliches Auge nicht justiert". Kritik an dem von den Bischöfen beschlossenen Reformweg wies er zurück: Aus dem zur Mäßigung aufrufenden Brief des Papstes an die deutschen Katholiken könne man einiges hineininterpretieren, aber nicht, dass man ängstlich sein und verzagen solle. Die Antwort sei vielmehr: weitermachen.

© SZ vom 05.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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