Italienisches Restaurant Marechiaro:Mamma mia!

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Schlicht, authentisch, gut: Das Restaurant Marechiaro versteht sich auf knusprige Pizzen genauso wie auf Spezialitäten der süditalienischen Küche. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Marechiaro in der Nähe des Goetheplatzes ist ein Traum von einem Italiener - fast zu gut, um es in der Zeitung zu verraten. Denn die neapolitanische Regionalküche versetzt nicht nur die Nachbarschaft in Verzückung. Ein echter Glücksfall.

Von Karl-Heinz Peffekoven

Dieser Text ist leider veraltet, das Restaurant gibt es nicht mehr.

Beginnen wir mit einem Bekenntnis: Peffekoven ist das Verfassen dieser Kritik nicht leicht gefallen. Ja, er war kurz davor, sie doch nicht zu schreiben und irgendein anderes Restaurant zu wählen. Das war so, weil die Versuchung an ihn herantrat. Such dir ein anderes Lokal, wisperte die Versuchung, behalt das Marechiaro ganz für dich, für dich allein. Aber die Kostproben-Redaktion ist streng und gewissenhaft. Peffekoven wusste, damit würde er nie durchkommen. Also machte er sich seufzend ans Werk. Soweit die Vorgeschichte dieses Beitrags.

Das Ristorante Marechiaro gibt es noch nicht lange, erst seit vergangenem Jahr. Nahe dem belebten Goetheplatz, aber nicht zu nahe, liegt das große, helle Lokal an der Waltherstraße mit ihren alten Häusern, Getränkehökern und kleineren Läden, als warte sie noch auf die Gentrifizierung. Und mittendrin also das Marechiaro, das irgendwie so eingesessen wirkt, als sei es schon immer hier gewesen.

Es ist nämlich, das darf Peffekoven ohne Übertreibung anmerken, ein Glücksfall von Nachbarschafts-Italiener. Die überaus nette Wirtsfamilie stammt aus Süditalien, und obwohl ihr Haus alle gängigen Standards von köstlichen Pizzen mit knusprigem, ganz feinem Teigboden bis Spaghetti Carbonara aufweist, bietet es überdies köstliche neapolitanische Regionalküche. Es stehen Gerichte auf der Karte, die man nicht überall bekommt, zum Beispiel Scialatielli alla napoletana, hausgemachte, dicke, runde Nudeln mit Petersilie, einer kräftigen süditalienischen Wurst und Rapsspitzen - ein Gedicht, wenn auch ein derbes.

Wo wir gerade beim Gedicht sind: Marechiaro gehört zum Stadtteil Posillipo in Neapel und ist zugleich der Titel eines dort handelnden Volkslieds, in dem der neapolitanische Poet Salvatore Di Giacomo die schöne Carolina besingt: "Wenn der Mond über Marechiaro aufgeht, lieben sich selbst die Fische. Wach auf, Carolina, die Luft ist süß . . . " Von den goldenen alten Tagen des Badeorts erzählen die vielen Fotos an der Wand, alle aus Familienbesitz, und auch der sehr sympathische Besitzer Massimo Aloise - sein Kompagnon ist der wohlgelaunte Küchenchef, der gern selbst nach dem Befinden der Gäste sieht - kann einiges berichten.

So kann das Ristorante dem Gast, wenn man sich einmal festgesessen hat, die Ferne sehr authentisch vorgaukeln. Es hilft dabei, sich ein Glas offenen erdigen und kräftigen Weißwein aus Sardinien zu bestellen und eine Pizza Tronchetto. Das ist eine Pizzarolle, gefüllt mit Büffelmozzarella, Parmaschinken, Parmesan, viel Rucola und frischen Tomaten: eine kräftige und wohlschmeckende Angelegenheit. Die feineren Gerichte wie die hauchzarte Costata ai porcini, eine Rinderlende mit Steinpilzsauce, oder die Scaloppina al limone, Kalbsmedaillon in Zitronensauce, gefielen allesamt. Gern variiert der Wirt die Karte je nach Jahreszeit, zurzeit gerade mit Spargel, wie eine fein belegte Scaloppina eindrucksvoll bestätigte. Bei Peffekovens Besuch vor einigen Tagen gab es ein dünnes, exquisites Carpaccio mit einem Salat aus weißem und grünem Spargel. Schön mit rosa Pfeffer gewürzt kam auch das Lachs-Carpaccio auf den Tisch. Das Brot dazu ist stets ganz frisch.

Es ist diese Mischung, die das spezielle Flair des Lokals ausmacht: die charmante und zugleich entspannte Atmosphäre, die drei schlichten, pastellgelben, schnickschnackfreien Räume - wo man übrigens schön für sich sitzt und nicht wie auf der Hühnerleiter, was in München schon lange keine Selbstverständlichkeit mehr ist - und das gute Essen. Man kann hier ebenso gut auf zwei Bier und eine Pizza herkommen wie auf eine Nudelschlacht mit Kindern oder ein gepflegtes Menü mit feinem süditalienischem Wein, von dem die Wirtsleute einige Flaschen im Keller haben.

Vor allem am Wochenende empfiehlt es sich, zu reservieren - das Lokal hat schon eine treue, sehr nett gemischte Stammkundschaft. Die Preise sind auch in Ordnung, Hauptgerichte liegen meist unter 20 Euro, die Pizzen sind ausgesprochen groß und kosten meist weit unter 10 Euro. Beliebt ist auch das Mittagsmenü: Es gibt zum Beispiel schmale Bandnudeln mit Spargel in sahniger Sauce für 6,50 Euro oder Rinderspitzen vom Grill mit Champignons für 9,50 Euro.

Gar nichts zu meckern? Nein, Peffekoven ist wirklich nichts eingefallen - Grazie an die Wirtsfamilie. Jetzt hat er doch alles verraten, daher ganz unter uns noch ein letzter Tipp: Wenn man Glück hat und an einem milden Tag im Mai einen der Tische draußen auf dem Bürgersteig ergattert, muss man nur die Augen schließen und sich vorstellen, man sei in Marechiaro, Neapel. Das Hupen und die Motorengeräusche von der nahen Lindwurmstraße helfen dabei.

© SZ vom 16.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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