CDU/CSU:Kraftlos und Unbeholfen

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Demonstrativ gute Laune bei Angela Merkel und Armin Laschet. Markus Söder klatscht beim Wahlkampfauftakt in Berlin mit angemessenem Sicherheitsabstand. (Foto: Michael Kappeler/dpa)

Noch im Januar lag die Union in Umfragen zwanzig Prozentpunkte vor der SPD, die nun gleichzieht. Wenn Armin Laschet und die CDU ihren Wahlkampf weiter wie bisher führen, werden sie in der Opposition landen.

Kommentar von Robert Roßmann

Es sollte der Tag werden, an dem sich die CDU wachrüttelt. Der Tag, an dem Armin Laschet den Wettbewerb ums Kanzleramt endlich mit aller Kraft aufnimmt. Doch es wurde für die Union der bisher schlimmste Tag des Jahres.

CDU und CSU hatten am Samstag zum Start ihres "heißen Wahlkampfs" nach Berlin geladen. Zum ersten Mal seit Langem traten Angela Merkel, Armin Laschet und Markus Söder gemeinsam auf. Doch am Ende dieses Tages, der zum Aufbruch werden sollte, kam ein gewaltiger Dämpfer: Die erste Umfrage, in der die SPD die Union eingeholt hat.

Um die ganze Dramatik zu ermessen, reicht ein Vergleich: Als Laschet im Januar zum CDU-Chef gewählt wurde, lagen die Unionsparteien noch zwanzig Prozentpunkte vor der SPD. Damals dachten die Christdemokraten, es gehe bei der Bundestagswahl nur darum, in welcher Koalition man weiter regiert. Inzwischen geht es darum, ob die CDU weiter regiert. Und ausgerechnet in dieser Lage agiert die Partei erstaunlich hilflos.

Die CDU hatte sich auf die Grünen als Hauptgegner eingestellt. Gegen deren Kandidatin Annalena Baerbock sollte die Erzählung helfen: Deutschland brauche einen erfahrenen Politiker an der Spitze - und keine Novizin. Doch jetzt ist auf einmal Olaf Scholz der Hauptgegner - und gegen den hilft eine solche Erzählung nicht.

Außerdem hatten sie in der CDU-Zentrale darauf gesetzt, dass Saskia Esken und Kevin Kühnert Wähler aus der politischen Mitte davor abschrecken würden, sich für Scholz zu entscheiden. Doch zum Erstaunen der CDU verhalten sich die SPD-Chefin und ihr Stellvertreter diszipliniert. Von ihnen ist kaum etwas zu hören.

Dass Laschet in seiner Rede am Samstag Kühnert mit dem Barden Troubadix aus den Asterix-Heften verglich, der wegen seines schrecklichen Gesangs gefesselt und geknebelt wird, war deshalb nicht lustig, sondern eher Ausfluss von Verzweiflung. In der CDU verstehen sie nicht, warum Scholz in der öffentlichen Wahrnehmung so wenig mit den Positionen von Esken und Kühnert verbunden wird. Und sie finden kein Mittel dagegen.

Aber nicht nur im Umgang mit Baerbock und Scholz ist die CDU Fehleinschätzungen erlegen. Auch Laschets monatelang extrem freundlicher Umgang mit der FDP stellt sich gerade als problematisch heraus. Seit die SPD in den Umfragen die Grünen überholt hat, ist eine Ampelkoalition nicht nur rechnerisch, sondern auch politisch denkbar. Die Grüne Baerbock hätten die Liberalen niemals zur Kanzlerin gewählt, eine Wahl von Scholz hat die FDP dagegen nicht ausgeschlossen.

Diese Konstellation ist bereits jetzt eine Gefahr für die Union. Bürgerliche Wähler können sich bemüßigt fühlen, statt der CDU die FDP zu wählen, damit es in einer Ampelkoalition ein starkes Korrektiv zu SPD und Grünen gibt. Seit Januar hat die FDP ihre Umfragewerte fast verdoppelt.

Am Samstag warnten Redner von CDU und CSU zwar, eine Ampel sei ein "Experiment", das sich Deutschland in dieser schwierigen Lage nicht leisten könne. Aber auch das klang eher hilflos als kraftvoll.

Wenn Laschet und die CDU ihren Wahlkampf weiter so unbeholfen führen, ist alles möglich - sogar der Machtverlust. Söder hat das am Samstag erfrischend deutlich eingestanden. "Es ist knapp", sagte der CSU-Chef. Mit dem heutigen Tag müsse jeder kapieren, "dass es echt um alles geht".

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